Der Traum wird wahr – Saab 9-4X BioPower Concept
Die einzige Studie der Carl Peter Forster Ära, die Realität wurde, ist das 9-4X BioPower Concept. Ein alter Traum, der wahr wurde – und der auch heute noch das ein oder andere ungeklärte Geheimnis in sich trägt. Das Concept Car steht im Museum in Trollhättan. Genau hinschauen lohnt sich. Denn man entdeckt das, was man hätte bekommen können. Was jedoch den Saab Kunden nie serviert wurde.
Die Geschichte beginnt 2008 auf der North American International Auto Show. In Detroit zeigt Saab ein SUV. Sie probieren es erneut, die Schweden. Nach dem erfolglosen 9-7x und dem nie realisierten Saab 9-6x (Link) folgt Versuch Nummer Drei. Das 9-4X BioPower Concept ist nahe an der Serie, und die Presse fragt sich, ob ein SUV ein Saab sein kann.

Kann oder muss, denn schon 2008 tobt der SUV Boom durch die Märkte, und Saab hat dafür nichts im Portfolio. Der 9-4x wurde gemeinsam mit dem Cadillac SRX im GM Verbund entwickelt. Trollhättan steuert sowohl die Turbo als auch Allrad-Kompetenz bei. Das Design, innen und außen, ist typisch Saab. Und eben soviel Saab, wie ein SUV sein kann.
Unter der Haube der Studie arbeitet ein 300 PS starker, 2 Liter großer BioPower Turbo. Alternative Kraftstoffe sind damals angesagt, bevor man sie zugunsten von Dieselantrieben auch in Schweden in die Verbannung schickt. Die eigentliche Spannung erwartet den Betrachter aber im Innenraum.
Zukunft, nie serviert. Kapitel Nummer 1
Saab spielt zu dieser Zeit mit dem nordischen Thema. Die Scheinwerfer sind seit der Aero X Studie eisblau. Schweden, das Land von Eis, Schnee und zugefrorenen Seen grüßt. Das Design-Team um Antony Lo geht beim 9-4X BioPower Concept einen Schritt weiter. Das Eis zieht jetzt auch in den Innenraum. Ein Saab, die Avantgardemarke im Konzern, soll sich auch beim Interieur vom Rest der automobilen Welt unterscheiden.
Das Cockpit und die Mittelkonsole tragen die Farbe des Eises. Ein gewagtes Unterfangen, das eine unterkühlte Atmosphäre erzeugt – und die Vorlage für alle neuen Modelle von Saab sein soll.
Denn was 2008 in Detroit zu sehen ist, das ist keine Studie im herkömmlichen Sinn. Sondern ganz nahe dran an der Serie. Um es kurzzumachen: Genauso hätten die Innenräume des 9-4x und des 9-5 NG ab 2010 aussehen sollen.
Dazu kam es nicht, und die Frage stellt sich nach dem warum!
In den letzten Jahren habe ich, aus diversen Quellen, unterschiedliche Erklärungen zu den Gründen gehört. Denn in der Realität schickte Trollhättan sowohl den Saab 9-5 NG als auch den 9-4x mit einem halbfertigen, improvisiert wirkenden Innenraumdesign auf die Straße. Der Lesende selbst mag entscheiden, welche der drei Möglichkeiten er für plausibel hält.
Lieferant in finanziellen Nöten?
Eine Erklärung ist die Insolvenz des Lieferanten für das Interieur kurz vor der Serienfertigung. Daraufhin improvisierte Saab unter Spyker mit Dekor-Varianten, die auf die Träger eines südeuropäischen Lieferanten aufgedruckt wurden. Die Mehrzahl der Fahrzeuge lief aber mit schwarzem Kunststoff im Innenraum vom Band.
Interieur unbezahlbar?
Eine andere Erklärung spricht von rund 1.000 €, die Saab für das Innenraum-Eis-Dekor pro Fahrzeug hätte bezahlen müssen. Wäre das so, dann wäre es wirklich viel zu viel. Denn in der Branche gibt es eine 1:10 Regel. Und die funktioniert so: Der Hersteller investiert rund 100,00 € in das, was sich in den Fachmedien dann Qualitätsanmutung im Innenraum nennt.
Der Kunde honoriert dieses Gefühl anschließend mit einem Mehrpreis von rund 1.000,00 €.
Crashtest nicht bestanden?
Die dritte und letzte mögliche Erklärung spricht von Sicherheitsproblemen. Erste Crash-Versuche sollen splitterndes und scharfkantiges Material im Innenraum, und damit das Ende des Eis-Dekors, ergeben haben. Für Saab, eine der sichersten Automarken der Welt, wäre das ein Unding gewesen.
Und damit das Ende der Avantgarde.
Zukunft, nie serviert. Kapitel Nummer 2
Saab Fans sollen hart im Nehmen sein, vielleicht liest ja jemand weiter. Also noch einmal Zukunft. Das 9-4X BioPower Concept serviert noch mehr von dem, was es nie gab. Das Cargo-System im Heck des Fahrzeugs ist ein Eyecatcher. Und ein Ausblick auf das, was ganz nahe an der Serie war. Eine Verbesserung des bekannten Systems, mit mehr Variabilität und Wertigkeit.
Fest eingeplant für das erste Facelift von Saab 9-5 NG und Saab 9-4x. Produziert bei einem bekannten Zulieferer in Deutschland, die Werkzeuge dafür waren bereits existent. Aber, und das ist die traurige Wahrheit: Beide Fahrzeuge haben es nie bis zur ersten Überarbeitung geschafft.
Vom Saab 9-4x, der auf dem 9-4X BioPower Concept basierte, wurden in Mexiko zwischen 600 und 700 Stück gebaut. So ganz geklärt ist die Stückzahl nicht, denn es wurden nach dem Ende der Marke bereits produzierte Fahrzeuge verschrottet oder bei GM intern eingesetzt.
Bei der Überschrift hatte ich etwas anderes erwartet….
Meine Gedanken gingen sofort Richtung “Scheunenfunde” oder so, die unerwartete Möglichkeit einen 9-4X zu bekommen …
OK ich bin wieder wach. 😉
Danke für den Beitrag.
Danke Tom. Habe heute wieder zwei Artikel (9-6X) gelesen. Wie zuletzt auch zur Sonett …
Nicht zuletzt Dank des Links wieder viel dazugelernt. Diesen SAABaru kannte ich noch gar nicht.
Der Motor des 9-4X-Konzept ist für mich das eigentliche Highlight des Autos. Gefolgt vom Kofferraum der sehr edel aussieht und mich an modernes Yacht-Design erinnert. Die Konsole finde ich aber rein gar nicht schwedisch und eher abstoßend. Sie weckt bei mir Assoziationen an billigste Stereoanlagen aus schmuddeligen und verkramten Import-Export-Läden, die blöde Hits dudeln …
ICE, ICE BABY … ICE, ICE ! ! !
Beim Außendesign und Beleuchtungselementen war das Thema sehr gut verortet. Kaltes Innendesign gehört eher nach Miami oder Italien, trägt dort bei 40° im Schatten zum Wohlbefinden bei. Bei naß-kaltem Wetter möchte ich aber nicht in feuchter Kleidung fröstelnd in so ein Auto einsteigen und mit klammen Fingern eiskristalline Bedienelemente anfassen …
Bei so einem Wetter will ich auch keine geeiste Gazpacho, sondern lieber eine heiße Suppe löffeln, wenn ich zuhause angekommen bin.
Dass dieses Design den Crash-Test nicht bestanden hat (Eis splittert nunmal und kann tödlich sein), finde ich vollkommen okay. Schade nur, dass ich mir keinen 9-5 NG SC mit dunklen Armaturen und diesem geilen SAAB-Motor kaufen kann. Schade auch, dass ich den Bio-Sprit weder für dieses hypothetische noch für mein reales Auto in D bekomme …
Das ist schon traurig.
Leider wurde mein Traum nicht wahr. Der 9-4X wäre mein Auto gewesen. Mein Umfeld fährt Q5, das wäre doch was gewesen! So muß ich mich leider mit dem Modell und den beiden Prospekten begnügen auch vom Concept Car. Schöner und interessanter Bericht Tom.
Ich muss immer wieder staunen. Da schreiben wir das Jahr 2019 und eigentlich ist Saab schon ganz lange tot. Trotzdem schafft es Tom immer wieder uns zu packen und zu überraschen. Genial!
PS.: Vielleicht tut sich in Schweden ja wirklich was und das Werk hat eine Zukunft. Und der Blog begleitet uns, mit neuem Stoff, dann für viele, viele Jahre.
Ich lass mich immer noch und wieder und wieder begeistern von den Arbeiten dieser innovativen Geister, die in diesem Nest gewirkt haben. Bin froh das einmal für mich entdeckt zu haben und habe es dann so lange es ging genützt. So long.
Danke für die Berichte.
Rrrrrrr … solche Berichte lese ich immer sehr gern!
Aber bei DER Überschrift, hab ich ganz kurz HERZRASEN gekriegt!!!!! 😉 😉
Was ich bis heute bei mir vermisse ist die “Ladeluke” (Teil des CargoSystems) statt des Reserverads unterm Kofferraum!!!!
Ist wohl ieder nicht mal nachbestellbar bzw “umrüstbar”. 🙁
Und die teils “eisblauen” Scheinwerfer sind echt immer noch ein Hingucker (besonders in EU-Ausfführung mit “transparentem/weissem” Blinklicht)! Gleiches gilt für den “schicken Hintern” (mit dem Lichtband)!
Tom, du machst uns fertig!
Ich finde den 9-4X immer noch faszinierend und freue mich immer wenn bei Saab Suchomel bin dort einen oder sogar zwei zu sehen. Ich hätte dennoch lieber den TTID Motor mit XWD und Automatik in dem Auto genommen, falls man den so hätte bestellen können.
Warum gab es eigentlich nie ein Head Up Display in im 9-4X?
Einen Diesel hätte es im 9-4x nie gegeben. Eine Entscheidung die, gemessen an den wenigen 100 Stück für Deutschland und Österreich pro Jahr, nicht dramatisch gewesen wäre.
Der Verzicht auf das HUD ist vermutlich eine Marketing-Entscheidung um den Abstand zum 9-5 NG,dem damaligen Technologieträger im Konzern, zu wahren.
Interessant und erstaunlich.
Die Entscheidung muss ja vor Diesel-Gate gefallen sein.
Weiß man auch wer das wann und weshalb entschieden hat?
Hat das was mit GM und dem Wunsch von VM-SAAB nach mehr Unabhängigkeit zu tun?
Das Potential für einen 9-4X-Diesel hätte ja nicht nur in Österreich und Deutschland brach gelegen …
Zitat (Tom): “Alternative Kraftstoffe sind damals angesagt, bevor man sie zugunsten von Dieselantrieben auch in Schweden in die Verbannung schickt.”
Selbst hier und heute (im Mutterland des Diesel-Skandals) ziehen die Zulassungszahlen für Diesel ja wieder an.
Wer weiß, wie groß das Marktpotential für einen 9-4X-Diesel letztlich wirklich gewesen wäre?
Die Erklärung ist einfach. Der 9-4x wäre vor allem für China und die USA produziert worden. Keine Märkte für ein Diesel-SUV. Europa hätte so wenige Stückzahlen bekommen, da hätte sich ein Diesel niemals gerechnet.
Die einfache Erklärung löst bei mir viele neue Fragezeichen aus …
Aber lassen wir diese ruhig offen. Das gibt Raum für viele neue Beiträge,
die ich alle gerne noch lesen möchte 😉
Einstweilen also Dank für die AW 😉
Moin,
Der 9-4x ist definitiv mein Traumwagen …oder ein kleiner Bruder.
Leider wird es nix…
Somit musste halt n Alternative her…
Ein SUV der anders ist die anderen und von einem kleinen Hersteller kommt – den der große Mutterkonzern einfach machen lässt.
Und er kommt aus einem Land das auch mit S beginnt und der Markenname hat vier Buchstaben und beginnt mit S – Ja ein SEAT Arteca…
Gruß aus Oldenburg
André
Der 9-4x und der 9-5 NG SC. Bis heute glaube ich – diese beiden Modelle wären es gewesen, der nächste große Wurf der ach so kleinen Marke aus Schweden. Unfassbar, was man damals in den Büros in Trollhättan alles gezaubert hat.
Das Innenraumconcept sieht direkt viel wertiger aus, sicherlich eine Alternative die oft bestellt worden wäre. Einer dieser Bericht, wo man am Ende wieder das gleiche denkt: Was ein Jammer das es diese innovative Marke nicht mehr gibt !