Das Auto der Flugzeugfirma – warum die Saab 18 digital wurde

Für das Modelljahr 2012 plante Saab Automobile nicht weniger als eine Reise zurück in die eigene Vergangenheit. Gestartet als Flugzeugfirma, dann als selbstständiges Unternehmen ausgegliedert, war die Luftfahrt DNA immer vorhanden. Bis zum Ende der Autoproduktion unterstützten Luftfahringenieure die Entwicklung, auch wenn darüber kaum gesprochen wurde.

Um die Historie neu zu beleben, sollte die Flugzeugvergangenheit digital werden. Die Vorarbeit hatte bereits der neue  Saab 9-5 geleistet, der mit einem Zeilentacho den künstlichen Horizont eines Flugzeugs nachahmte. In jedem anderen Auto hätte dieses Gadget wie ein Fremdkörper gewirkt. In einem Saab jedoch war es logisch – denn Saab = Flugzeug.

Unternehmen wir einen Streifzug, der uns von den Tunhem Wiesen und den Saab Luftfahrt Pionieren zu der digitalen Wiedergeburt eines legendären schwedischen Flugzeugs führen wird.

Saab 18 auf dem Rollfeld (Trollhättan?)
Saab 18 auf dem Rollfeld (Trollhättan?)

Die Saab 18 – Made in Trollhättan

Das Saab Werk in Trollhättan startete als Flugzeug Fabrik. Auf den Tunhem Wiesen, unten am Göta Älv, begann 1938 die Fabrikation. Der Anfang war bescheiden, nichts deutete darauf hin, dass hier einst ein Weltkonzern entstehen würde. Es gab einige Hallen, einen kleinen Tower und eine unbefestigte Piste, auf der im Frühjahr die Maschinen im Matsch versanken.

Die ersten Flugzeuge waren noch Lizenzbauten, auch deutscher Herkunft. Aber schon Ende 1938 startete mit der der Saab 18 die Entwicklung des ersten eigenen Fernaufklärers und Sturzkampfbombers. Neben der 17, einem leichten einmotorigen Aufklärer, sollte die 18 das zweite selbst konstruierte Flugzeug werden.

Am 19. Juni 1942 hob die erste Saab 18 auf dem Rollfeld in Trollhättan ab. In Europa war Krieg, die Piste am Werk wurde aus Furcht vor einer deutschen Landung mit Personenkraftwagen, später Holzblöcken, zugestellt. Sie wurde nur geräumt, wenn ein eigenes Flugzeug im Anflug war oder an den Start ging.

Flugzeugfabrik - Montage der Motoren in Trollhättan
Flugzeugfabrik – Montage der Motoren in Trollhättan

Im Umfeld waren Luftabwehrstellungen positioniert, die ein echtes Problem sein konnten. Denn sämtliche neue Maschinen waren während ihrer ersten Flüge nur grün lackiert, und damit schwer als eigene Flugzeuge auszumachen. Friendly Fire, was von den Besatzungen der Maschinen keineswegs als freundlich empfunden wurde, soll durchaus vorgekommen sein.

Im Juni 1944 wurden die ersten Saab 18 als B 18 an das F 1 Geschwader (Link)  in Västerås ausgeliefert. Mit insgesamt 242 Exemplaren in verschiedenen Versionen wurde das zweimotorige Flugzeug zum ersten kommerziellen Erfolg des Unternehmens.

Saab B18 in der Luft
Saab B18 in der Luft

Die Saab 18 als Symbol für den Fahrzeugbau

Am 27. Februar 1947 wird die Automarke Saab geboren (Link), und zu dieser Zeit sind die Autokonstrukteure Untermieter bei den Flugzeugbauern. Die Ära der Saab 18 endet 1949, in jenen Jahren lebt Trollhättan mit der Saab J21R und Saab 29 (Link) schon im Jet Zeitalter. Das Werk wartet Flugzeuge mit Strahltriebwerken, aber die Saab 18 und ihre große Bedeutung für die Landesverteidigung bleibt weiter in den Köpfen präsent.

Ihre stilisierte Silhouette wird ein Symbol für den Fahrzeugbau. Des Saab Schriftzug mit dem zweimotorigen Aufklärer ist überall dort zu finden, wo Saab Autos unterwegs sind. Der Stolz über diese Maschine, die eine Flughöhe von bis zu 9.800 Meter (B18B) und eine Marschgeschwindigkeit von 595 km/h (T18B) erreichen konnte, und zu den schnellsten Exemplaren ihrer Zeit gehörte, mag dafür den Ausschlag gegeben haben.

Flugzeugsymbol im Cockpit (1962)
Flugzeugsymbol im Cockpit (1962)

Während 1959 die letzte Saab 18 ausgemustert wurde, lebte sie mit dem Saab 96 und 95 weiter und verschwand erst später zugunsten des Saab Schriftzugs.

Die Saab 18 als Symbol der Wiedergeburt

Der Saab Automobilbau durchlebte ohne die 18 eine lebhafte Metamorphose als Saab Scania, Saab Automobile – mit und ohne GM – und kam am Ende doch wieder auf das Flugzeug zurück. Die Idee zum digitalen Comeback entstand ausgerechnet zu einer Zeit, als das Unternehmen die größtmögliche Distanz zu seinen Wurzeln erreicht hatte.

Saab 9-5 NG und 9-4X waren nüchtern betrachtet GM Konzernprodukte. Bei keiner anderen Fahrzeuggeneration war der Einfluss der Schweden geringer. Tragischerweise konnte das Endprodukt überzeugen, so viel Saab war gefühlsmäßig eine lange Zeit nie mehr gewesen.

Strahlende Wiedergeburt der Saab 18 im Tacho (Modelljahr 2012)
Strahlende Wiedergeburt der Saab 18 im Tacho (Modelljahr 2012)

Konnten die internationalen GM Entwickler am Ende die besseren Saab? Eine spannende und unerwünschte, nie zu beantwortende Frage.

Das Modelljahr 2012 sollte die Saab 18 digital zurückbringen. Die Fahrenden der Vorserien Sportkombis, einiger Limousinen und des Saab 9-4X, eine elitäre, handverlesene Zahl von Menschen, kennen das Ergebnis.

Das Entertainment begrüßt nicht mit dem Saab Greif, sondern mit dem Flugzeug und der Zeilentacho plus HUD konnte ebenfalls mit der Propellermaschine erfreuen.

Saab war heimgekehrt. Zurück zu den Tunhem Wiesen am Göta Älv. Zu der Naturpiste, auf der die ersten Saab 18 landeten und wieder abhoben. Eine tragisch traurige Geschichte, aus der schwedische Sagen und Mythen werden.

Bildmaterial (3 Bilder) mit freundlicher Genehmigung der Saab AB

4 thoughts on “Das Auto der Flugzeugfirma – warum die Saab 18 digital wurde

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    Des Bloglesers ewiges Wechselbad

    Da liest man zuletzt von der erfolgreich improvisierten Reparatur der Sitzheizung von einem 9K Aero, von Engagement und gutem Service, ist in seiner persönlichen Wohlfühlzone …
    Und dann wird man im nächsten Artikel wieder an unerfüllte Wünsche und das Scheitern erinnert.
    Auf genau diesen Tacho wollte ich eigentlich einmal gucken – in einem alltagstauglichen, bezahlbaren 9-5 NG SC mit gesicherter Ersatzteilversorgung. Ich finde ihn sehr gelungen. Wen genau? Alle beide, alle drei. Tacho, 9-5 NG SC und die B18 in all ihren Erscheungsformen – als Flugzeug, als Teil der historischen Wort-Bildmarke, als jüngste Hommage an die Wurzeln.
    Verlustgefühl und Freude wechseln sich auf diesem Blog zuverlässig ab. Muss man auch abkönnen, wenn man Saab mag. Da bleibt einem nix erspart 😉

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    • So ist eben die Geschichte. Mal sehen, was die Zukunft noch überraschendes bringt.

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        Die Geschichte ist eben typisch Saab. So etwas gibt es nirgendwo sonst (und deshalb lieben wir die Marke so sehr).

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    Schade, dass es nicht so weit kam. Was hätte sich Saab heute einfallen lassen? Ein voll animiertes Flugzeug-Cockpit im E-Auto? Ein virtueller Saab Gripen oder Viggen? Das wäre spannend geworden.

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