Vor 30 Jahren startete die Saab 2000 zum Erstflug
Vor 30 Jahren, am 26 März 1994, startete die Saab 2000 zu ihrem Erstflug. Ein revolutionäres Flugzeug und die Evolution der Saab 340. Gestartet hatte die Entwicklung schon Jahre zuvor. 1988 begannen die Ingenieure mit der Konstruktion und zum ersten Mal in der Firmengeschichte entstand ein Flugzeug nicht am Zeichenbrett. Saab setzte auf CATIA CAD Software. Die war zuvor auch bei der Konstruktion des Saab 9000 zum Einsatz gekommen.

Erstmals wird eine Saab am Bildschirm entworfen
Passenderweise hat die Software ihre Wurzeln ebenfalls in der Luftfahrt. Der französische Hersteller Dassault-Aviation, zu dieser Zeit als Avions Marcel Dassault auf dem Markt bekannt, setzte zuerst auf eine computergestützte Konstruktion. Die Franzosen verwendeten seit 1969 die neue Technik, 1975 kaufte man eine zweidimensionale Konstruktionssoftware von Lockheed und entwickelte sie zur 3D Software weiter. Daraus entstand die Ur-Version der CATIA CAD Software,
Saab war ebenfalls als Vorreiter auf dem Markt und hatte mit Datasaab ein eigenes Unternehmen, das Großrechner herstellte. Datasaab wurde später von Ericsson übernommen, die damals als besonders leistungsfähig geltende Rechentechnik wurde in allen Bereichen der Saab Gruppe eingesetzt.
Am 26. März 1992, vier Jahre nach Projektstart, hob nun die erste Saab 2000 zum Erstflug ab. Als Weiterentwicklung der bewährten Saab 340 bot sie 50 statt nur 30 Sitzplätze. Zwei Allison Turboprop-Triebwerke leisteten jeweils ca. 3096 kW und ermöglichten eine Reisegeschwindigkeit von 655 Kilometern pro Stunde.

Die Concorde für den Regionalflug
Aufgrund ihrer Schnelligkeit und eleganten Erscheinung wurde die Saab 2000 später liebevoll “Concordino” genannt, in Anlehnung an die Überschall-schnelle Concorde.
Es dauerte aber noch bis zum März 1994, bis die ersten Flugzeuge an die Schweizer Crossair ausgeliefert werden konnten. Zuvor musste Saab noch Probleme mit dem Steuerungssystem lösen, die durch die starken Triebwerke ausgelöst wurden. Zwar hatten die ersten 6 Flugzeuge noch ein mechanisches Steuerungssystem, alle späteren erhielten das leichter zu handhabende neue hydraulische System.
Die Saab 2000 war ihrer Zeit ein Stück voraus und hatte im Cockpit ein innovatives Electronic Flight Instrument System (EFIS) installiert, das aus 6 Monitoren bestand. In der Druckkabine sorgte ein Active Noise Control System für angenehme Stille und einen hohen Komfort.

Trotzdem wurde die Saab 2000 nicht zum Erfolg. Zur gleichen Zeit kamen auch im Regional- und Kurzstreckenverkehr neue Mitbewerber mit Jet-Triebwerken auf den Markt. Die brasilianische Embraer ERJ war stark subventioniert und viel günstiger als die Saab und die kanadische Bombardier CRJ200 bot mehr Leistung zum ähnlichen Preis.
Generell war es wohl auch der Zeitgeist, der Jet-Triebwerke im Vergleich zu Turboprop-Maschinen in einem fortschrittlicheren Licht zeigte. Bereits 1999 wurde die Produktion der Saab 2000 nach nur 63 Exemplaren wieder eingestellt.
Dass sich ein paar Jahre später der Markt für Regionalflugzeuge erneut ändern würde und Jets aufgrund ihrer schlechten Treibstoffökonomie nicht mehr nachgefragt waren, kam für die Saab 2000 und die ebenfalls eingestellte 340 leider zu spät.
Die Saab 2000 wird und wurde nicht nur zivil eingesetzt. Die schwedische Küstenwache und die Seeüberwachung setzten auf speziell ausgerüstete Derivate der 2000.
Bildmaterial mit freundlicher Genehmigung der Saab AB
Lesevergnügen
Danke Tom. Obwohl Aviation-Laie finde ich eine Saab in der Luft spannend und fühle mich dem Thema emotional und kulturell näher, als manchem non-Saab-Thema mit Rädern.
Witzig finde ich, dass die Saab-PR überhaupt ein Statement abgeben muss, dass keine Neuauflage geplant sei. Der Gedanke steht also im Raum – wenn auch nur als Wunschdenken einzelner schwedischer Journalisten …
Und richtig, Turboprop und Propfans sind effizienter als reine Strahltriebwerke. Mittel- und Langfristig könnten sie im Flugzeugbau wieder (Turboprop) bzw. weiter (Propfans) an Bedeutung gewinnen. Wenn ich Laie richtig verstehe, spielen neben der reinen Spriteffizienz klimatisch Kondensstreifen eine Rolle – je höher, kälter und stabiler sie in der Atmosphäre an den Himmel geschrieben werden, desto größer ihr CO2-Äquivalent. Auch ein ökologischer Vorteil der Tuboprops, deren optimale Flughöhe unter der von Strahltriebwerken liegt.
Aber Turboprop (eine Turbine mit Außenpropeller) hat wenig mit dem zu tun, was sich mancher Autofahrer eines Turbos vielleicht darunter vorstellt? Das ist nicht etwa eine Saab-Domäne, sondern wurde kurz nach WW II schlicht zum internationalen Standard für alle militärischen und zivilen Maschinen auf Mittel- und Langstrecken, die man aus unterschiedlichen Gründen nicht oder noch nicht mit reinen Strahltriebwerken aber längst auch nicht mehr mit großen, schweren und ineffizienten Hubkolbenmotoren versehen wollte.
War ein feines Flugzeug, die Saab 2000. Und vielleicht erleben Turboprops auf der Mittel- und Langstrecke aus ökologischen Gründen eine Renaissance? Aus dem selben Grund fällt die Kurzstrecke aber wahrscheinlich an die Bahn und für Saab sind militärische Investitionen und Entwicklungskosten aus aktuellem und traurigem Anlass viel attraktiver als zivile Verkehrsprojekte. Eine zivile Saab wird es leider wohl nie wieder geben …
Meine 2-3 Flüge als SAAB 2000 Passagier habe ich in sehr guter Erinnerung. SwissAir bzw. CrossAir bediente damals die Route Dresden – Zürich und kassierte so ein paar zusätzliche Passagiere für längere Europaflüge von Zürich aus. Man wurde begrüßt mit “Grüzi” und anstelle eines Startbonbons gab es Schweizer Schoki. Wie schon von anderen geschrieben, fand auch ich ich die Platzverhältnisse und allgemein den Komfort an Bord als sehr angenehm. Ein besonderes AHA-Erlebnis war für mich die kurze Zeit auf der Startbahn. Die Turboprop heben gefühlt viel schneller ab, als Düsenflugzeuge. Echt cool.
Gefühlt und tatsächlich 😉
Die Start- und Landebahn darf kürzer sein. Das Layout einer Tubopop ist anders. Die Tragflächen werden von den Props mit angeströmt und ein gewisser Auftrieb wird schon im Stand erzeugt, bevor der Pilot überhaupt die Bremsen im Fahrgestell löst …
Bei rein strahlgetriebenen Flugzeugen fällt dieser Effekt komplett weg, keine Anströmung durch den eigenen Antrieb. Auftrieb gibt es da nur durch den Speed des Flugkörpers selbst. Entsprechend höher muss er beschleunigen um abzuheben, höher seine minimale Geschwindigkeit im Anflug/bei einer Landung sein.
Auch nach der Saab 2000 sind moderne Konstruktionen teils bewusst und aus guten Gründen mit Turboprops konzipiert worden. Man denke an den Airbus A400M.
Das Projekt mag problembehaftet sein, aber zentrale Punkte im Lastenheft der Auftraggeber sind mittels Turboprops gelöst worden und wären mit anderen Triebwerken auch gar nicht lösbar gewesen …
Problembehaftet ist insofern auch relativ. Ein Lastenheft ist immer auch ein Wunschkonzert. Da kann man auch fliegende und eierlegende Woll-Milch-Säue reinschreiben und genau das ist auch gängige Praxis. Viel zu viele Menschen mit zu wenig Sachverstand sprechen da mit …
Der Fliegerkenner hat es vielleicht bemerkt. Das erste Bild ist leider keine Saab 2000 (S20) sondern eine Bombardier Dash 8-300. Ebenfalls wie die Saab ein 50 Plätzer und in gewisser Weise ein Konkurrent der Saab.
Mit beiden Modellen habe oder hatte ich jahrelange Erfahrung im Abfertigen der Flieger auf dem Berner Flughafen Belpmoos.
Erstkontakt mit dem S20 hatte ich Mitte 90er Jahre als die Crossair mit dem schnellen Flieger Destinationen ab BRN (Bern) nach Lugano, Basel, Paris und später einige Sommercharter bediente.
Ab den 2010er Jahren hat sich aus dem geringen Bestand von ursprünglich 68 gebauten S20, von denen etwa noch die Hälfte im Einsatz war, versucht die Besten zu bekommen.
Sie haben einen anderen Turbo-Prop-Flieger die Dornier Do328-110 ersetzt.
Leider wahr mit der Zeit der Wartungsaufwand und die Ersatzteilebeschaffung sehr zeitintensiv und teuer.
Der Saab war schon immer ein schönes und schnelles Flugzeug, an dem ich gerne gearbeitet habe.
Aktuell gibt es nur noch ein 50 plätziger Turbo-Prop-Flugzeuge Flieger neu zu kaufen.
Die ATR 42. Beliebt und robust, aber kein Rassepferd wie der Saab.
Schade wird eine neue Version nie mehr gebaut werden, bekommen doch angesichts des teuren Treibstoffs die Turbo-Prop-Flugzeuge wieder Aufwind. Zumindestens unter 100 Sitzplätze.
Das Bild wurde geändert. Danke!
Ich flog 1 x in 1989 mit Crossair (CH) in einer 340 von Stuttgart nach Barcelona. Bis dahin noch nie in einer Turboprop geflogen. Ein Erlebnis! Die zieht rauf wie eine Hornisse i.Vgl. zu einer schwerfälligen DC 10, mit der ich auch einmal flog. Aber das ist eigentlich ein schlechter Vergleich. An Bord saß man in Ledersitzen und konnte Champagner und Lachs genießen (in der 340 wohlmerkt, nicht in der DC 10).
Turbo wollte ich dann auch in meinem 900 Cabrio (33 Jahre in Erstbesitz).
Mit Champagner, Lachs & Ledersitzen in einer 340 direkt ins Saab Cabrio geflogen?
Das ist auch im Wortsinne ein köstlicher Kommentar. Ist mir vorher durchgerutscht, aber das hat echt was, ist eine Perle. Danke!
Da stimmt was nicht, die Bilder der schwedischen Küstenwache sind Hochdecker, die SAAB 340 und 2000 Tiefdecker. Denke das die Küstenwache De Havilland DHC-8 fliegt.
Absolut korrekt. Im Pressebereich der Saab AB als Saab 2000 zum Download verfügbar, aber keine Saab 2000. Ich ändere das. Danke!
Danke für die Erinnerung, Tom!
2018 flog ich zum ersten und leider letzten Mal mit einer SAAB 2000. Damals mit dem schweizerischen Unternehmen Skywork Airlines von Berlin-Tegel nach Graz und zurück. Ein ausgesprochen bequemer Flug mit familiärer Atmosphäre. Dank der 2+1-Bestuhlung hatte man gut Platz. Man merkte, dass nicht unbedingt so viele Sitze wie möglich ins Fluggerät “geknallt” werden sollten. Es war aucht tatsächlich nicht bedeutend lauter in der Kabine als bei Maschinen mit Strahltriebwerk.
Knapp zwei Monate später war Skyworks Geschichte und damit waren es auch die immerhin sechs SAAB 2000 auf den bedienten Routen. Eine Stewardess, mit der ich ins Gespräch kam, sagte mir, alle Maschinen seien – mit unterschiedlicher Ausstattung – von der ehemaligen Crossair gekommen. So wie sie auch, auch ihr Mann sei bei Skywork Pilot und vorher für die Crossair geflogen.
Schade. Die Maschine war ihrer Zeit voraus. Oder kam einfach zur falschen Zeit auf den Markt. Vor einigen Monaten habe ich noch eine Aussage einer Pressesprecherin der SAAB AB gelesen, nach dem man nicht beabsichtige, die SAAB 2000 wieder aufzulegen.