Ist der Polestar 2 der Nachfolger des Saab 99?
Ist der Polestar 2 der neue Saab 99, fragte neulich eine schwedische Autozeitung. Okay, der Polestar 2 ist ein Fließheck mit einer großen Heckklappe – so wie der Saab 99. Und die Schweden sind alle Romantiker. Scheinbar vermuten sie hinter jeder Ecke einen Saab Nachfolger. Erst bei Lynk & Co, jetzt bei Polestar.

Wären sie beim Ableben von Saab nicht so passiv geblieben, vielleicht hätte die Marke in irgendeiner Form überlebt. Jetzt aber ist sie Vergangenheit und Polestar die interessanteste Marke aus Schweden.
Es gibt in der Tat Saab Parallelen.
Und die sind fast schon gespenstisch. Dabei geht es nicht um die Hardware. Die Beantwortung der Frage mit Saab 99 und Polestar 2 findet sich am Ende des Textes. Viel wichtiger ist die Software. Beamen wir uns zurück in die Vergangenheit. Im Frühjahr 2011 kündigte Saab das IQon System an. Eine Revolution, denn damit öffnete man das automobile Ökosystem für externe Entwickler. Das IQon basierte auf Google Android und war ein Open-Source Projekt.
Der richtige Schritt in die Zukunft. Mit größeren Auswirkungen als es jedes neue Automodell hat. Passend zur alten Saab Tradition, als man noch ganz vorne dabei war. Zum Schluss allerdings war man ein Schaf unterwegs in der Masse von vielen anderen grauen Schafen. Die Hard- und Software des 9-5 NG war schon bei der Premiere veraltet, so wie es in der Autoindustrie Usus ist. Der Kunde wird zur Kasse gebeten für Systeme, die den Stand von vor 2 oder 3 Jahren abbilden.

Wie gesagt, das war bei Saab nicht immer so. Der 6800er Motorola Prozessor der Trionic war zum Erscheinen das Allerfeinste, was man sich wünschen konnte.
Das aber ist wirklich sehr lange her.
Zurück zum IQon. Das kam nie auf den Markt. Die Idee aber war in die Welt gesetzt. In der Gegenwart nimmt sie Polestar auf. Das Elektroauto ist immer online, hinterlässt eine Datenspur breit wie eine mehrspurige Autobahn. Sein Infotainment basiert wie das IQon auf Google Android. Der Hersteller öffnet es für externe Programmierer, die Apps beisteuern sollen.
Google Automotive stellt die Entwicklerumgebung, Polestar liefert die Emulation. Damit ist es Entwicklern möglich, die implementierten Google Dienste und die Polestar-Umgebung so zu simulieren, wie sie der Benutzer des Elektroautos erlebt.
Viele Anwendungen im App Store werden zum Kaufargument
Polestar positioniert sich klar in Richtung Zukunft. Die betuliche, alte Autoindustrie ist Vergangenheit. Autos sind online, Updates kommen über das Web. Innovationen werden schneller umgesetzt, Kundensysteme bleiben aktuell. Möglichst viele Anwendungen im App Store zu haben wird in der Zukunft ein Kaufargument sein. Die Öffnung des automobilen Ökosystems für externe Entwickler ist die Antwort darauf.
Die Offenheit von Polestar wird Nachahmer finden. Besser: finden müssen. Nur wer schnell ist, wird überleben. Der Kunde der Zukunft, die bereits begonnen hat, wird sich nicht mit alter Hardware und Opas Softwarelösungen zufriedengeben. Er will live dabei sein, selbst der Platz in der ersten Reihe ist nicht mehr gut genug.
Neue Zeiten, andere Ansprüche
Saab sah diese Entwicklung 2011 voraus. Heute ist sie Realität, und es ist mal wieder eine schwedische Marke, die den Vorreiter spielt. Hat das etwas mit Saab zu tun? Spielen da frühere Saab Ingenieure im Hintergrund? Nicht unbedingt, denn wenn Ideen erst einmal aus dem Sack sind, dann sind sie Allgemeingut.
Zurück zur Frage vom Anfang. Ist der Polestar 2 der neue Saab 99? Diese Frage stellte eine schwedische Autozeitung dem Fahrwerksentwickler des Polestar 2. Der verneinte. Parallelen könne er keine entdecken…
Zuvor hatte er für Saab gearbeitet.
Bilder: Polestar (2/2)
P.S. Open-Source-Lösung
Ach ja, das wollte ich auch noch gesagt haben. Mit Open-Source geben Hersteller (von Autos, Haustechnik oder was auch immer) die Hoheit über die (vermeintlich oder tatsächlich geplante) Obsoleszenz natürlich ein großes Stück weit ab …
Zumindest aus der Sicht eines IT-Experten ist die Obsoleszenz damit weitestgehend obsolet …
Open-Source ist ein Stück Nachhaltigkeit, Offenheit, Fairness und sogar Freiheit und Spielwiese.
Die ganz grundsätzliche Frage, ob man alles digitalisieren und das Tor zur Welt ein Touchscreen sein muss, bleibt davon aber weitgehend unberührt. Ich persönlich will, brauche und kann das auch gar nicht. Und ich will im Haus und im Auto von Expertenwissen so unabhängig wie möglich sein und bleiben.
Grundsätzlich freut es mich etwas über eine neues schwedisches Auto lesen zu können, auch wenn es kein Saab ist, danke dafür!
Ich denke für den Genuss des reinen Fahrens empfiehlt es sich einen Saab Klassiker zu hegen und zu pflegen. Wenn man das Glück hat es tun zu können.
Bei Neufahrzeugen wird das gemacht was verkauft wird. Und wenn der Neuwagenkunde “no” sagt, wird der rollende PC auch wieder verschwinden. Ich glaube nur er wird ja sagen. Und wenn ich mich selbst hinterfrage, muss ich zugeben, bin ich auch ein ja Sager und interessiere mich für diese Dinge und Entwicklung.
Der Kunde sagt natürlich ja. Er will diese Systeme und die Uhr kann man nicht zurückdrehen. Polestar ist mit Android Vorreiter. GM folgt 2021, PSA 2023.
Außerdem, die Entwicklung ist spannend. Man sollte sich dem nicht verschließen. Noch spannender wird es in einigen Jahren. Irgendwer wird auf die Idee kommen und nachrechnen was die Digitalisierung hinter den Kulissen mit ihrer Infrastruktur an Energie und Ressourcen vernichtet. Die Rechnung wird im Ergebnis grausam sein.
Open-Source-Lösung
Ich habe schon Verständnis dafür, dass Tom (meines Wissens IT-Experte) sich im Artikel für die beste Lösung/das geringste Übel ein wenig zu begeistern scheint …
Mir geht es aber wie den Vorrednern. Die auf Software basierende Obsoleszenz von (voll funktionsfähiger) Hardware zieht immer weitere Kreise, wird immer kostspieliger und ist ein Umweltfaktor.
Hardware heute sind nicht länger “nur” Rechner, die keine Updates, kein neues Betriebssystem mehr bekommen, es sind ganze Autos, Häuser und wer weiß was noch.
Da bleiben Jalousien unten und es im Haus dunkel und die Heizung lässt sich nicht mehr steuern, wenn dem stolzen Besitzer sein Smartphone beim Bücken aus der Brusttasche seines Hemdes gelitten und dessen Touchscreen auf dem Schieferboden in der Küche zerbröselt ist.
Und wenn das Problem gelöst und ein neues, zum Haus kompatibles Handy geliefert und konfiguriert ist, stellt er fest, dass Freisprecheinrichtung und Entertainment seines Autos das neue Handy nicht erkennen, nicht unterstützen und es muss ein Neuwagen her.
Klingt überzogen? Nach düsterer Utopie?
Kenne ich so ähnlich tatsächlich schon heute aus meinem Umfeld.
Aber alles gut, denn der Neuwagen verbraucht nur so viel (oder wenig) wie der alte, obwohl er größer und 200 Kg schwerer ist. Und die Heckklappe schließt automatisch, nachdem die Sporttasche draußen ist.
So gelangt man wunderbar frisch und entspannt ins Fitnessstudio. Dort zuerst auf das Laufband und läuft in einem klimaschädlich klimatisierten Raum so ungefähr die Strecke, die man soeben klimaschädlich mit dem Auto an der frischen Luft zum Studio zurückgelegt hat. Nächste Station ist ein Gerät, das das Hochziehen schwerer hölzerner Jalousien simuliert und die obere Rückenmuskulatur stärkt – ganz so, als hätte man sein Haus nie modernisiert, automatisiert, digitalisiert.
Und hier schließen sich der Kreis und dieser ausufernde Kommentar. Schöne neue Welt …
Zu viele “Falten” im Blech. Kein SAAB. Zudem empfinde ich die Räder zu überdimensioniert. Soll wohl ein Baby-SUV sein/werden. Das schräge Heck ist sicherlich praktisch, das wäre der einzige Punkt, an dem ich an SAAB denken würde. Für meine Verhältnisse reicht dies jedoch nicht aus. Also: keine Hommage an SAAB.
Was die techn. “Spielereien” angeht, bin ich bei @ Werner.
Ein Horrorgedanke in spe: ich gehe/fahre durch die Stadt und sofort wird mir angesagt, mein Herrenausstatter gibt 10% Rabatt, aber nur heute; meine Eisdiele hat eine neue Kreation herausgebracht und es sich heute noch Reste vorhanden, also nichts wie hin; etc. Die APP´s sollen NUR den Konsum anheizen, Geiz ist geil unterstützen. Der Mensch wird als vorrangiges Konsumwesen gesehen.
Danke, ich kann auch ohne. Ein Leben ohne dauerhafte “Handy-Info-Berieselung” ist für mich stressfreier.
Ich fürchte, der MC6800 wäre in der Trionic etwas überfordert gewesen, sonst hätte Saab ihn statt des MC68000 auch verwendet, da er billiger gewesen sein dürfte.
Da kann ich leider überhaupt nicht übereinstimmen.
Was hat das ganze Elektronik- und Datentheater mit Autofahren zu tun ?
Meines Erachtens ist das eine Entwicklung die ganz andere Zwecke verfolgt und anscheinend in erster Linie “big business” ist – wie das auch immer ausschaut und was auch immer dahinter steckt.
Mich wundert es ja dass es noch keinen Rolator mit GPS gibt…..was soll das ?
Der normale Nutzer hat keinen Vorteil davon, muss es bezahlen und bekommt dafür letztendlich ein 08/15 “Fortbewegungsmittel” vorgesetzt dass in keiner Weise Eigenschaften oder Ausstattung aufweist, die das Fahren betreffen – nur Gimmicks und dubisoen Features, unrepariebar und mit ungelöstem Recyclingproblem, samt geplanter Osbsoleszenz.