Esso – damit uns morgen das Licht nicht ausgeht
Werbung ist ein zuverlässiger Spiegel ihrer Zeit. Historische Autowerbung geht Hand in Hand mit den Anzeigen der großen Energieversorger, die fossile Kraftstoffe an den Zapfsäulen bereitstellen. Fossile Energie? Heute werben Aral, Esso und die Marktbegleiter für eine nachhaltige Zukunft.
Unvermeidbar grün soll die Energie sein, glückliche Patchwork Familien zapfen grünen Strom zu Hause oder in friedlicher Koexistenz mit Verbrennern an der Tankstelle. Durchlaufen Mineralölkonzerne in der Gegenwart eine Phase der Läuterung – oder orientiert sich das Marketing lediglich am Markt und den gesetzlichen Vorgaben?
Schalten wir gemeinsam drei Gänge zurück und beamen wir uns in das Jahr 1975. Die Zukunft schien großartig zu werden, denn fossile Energieträger waren nicht mehr die alleinige Lösung.
Es gäbe da was viel Tolleres – worum man sich intensiv kümmert, verspricht Esso den Lesenden.

Esso – damit uns morgen das Licht nicht ausgeht
Merkwürdig ist, wie aktuell ein Werbeslogan aus dem Jahr 1975 sein kann. Denken Sie auch spontan an einen Politiker, der die Studiengänge Germanistik, Philosophie und Philologie belegte, wenn Sie “Damit uns morgen nicht das Licht ausgeht” lesen? Mir jedenfalls geht es so.
Aber nein, hier finden Sie keine Imagewerbung dieses Politikers. Ganz im Gegenteil.
Es geht um Atomstrom und um das Material für die Brennstäbe. Uran. Was wiederum nicht als politische Erklärung zu verstehen ist. Nur als Rückblick in die Geschichte.
1975 jedenfalls machte man sich schon Gedanken über die Endlichkeit der Ölvorräte und über den steigenden Hunger nach Energie in der Welt. Zwar waren die Chinesen noch gar nicht so richtig am Start, deren Industrialisierung hatte erst begonnen, doch man ahnte in etwa, was in den nächsten Jahrzehnten passieren würde.
Solar und Windkraft waren ebenfalls kein Thema, bisher nicht, ein anderes dafür umso mehr. 1960 war in Kahl am Main der erste kommerzielle deutsche Reaktor in Betrieb (Link) gegangen. Die Otto Hahn, ebenfalls unter deutscher Flagge, war das weltweit dritte Schiff, das mit Nuklearantrieb (Link) unterwegs war. Deutschland setzte, als weltweit führender Innovator, auf Kernkraft als Zukunftstechnologie.
Das Atomfieber hatte die Republik erfasst, Zukunftsforscher sahen bereits Autos mit Atomreaktoren durch die Straßen fahren und seit dem Beginn der 50er-Jahre wurde das Atomzeitalter beschworen. Da konnten und durften die Mineralölkonzerne nicht außen vor bleiben.
Denn, wer würde in 20 oder 30 Jahren noch von Erdöl reden, wenn sauberer Atomstrom bereitstehen würde?

Energieversorger Esso Erz sucht nach Uran
Der Esso Konzern schickte daher Suchtrupps in alle Welt, um den prognostizierten Bedarf an Uran zu decken. Heute sind unsere Uran-Sucher überall unterwegs, versprach die Werbung. Tatsächlich war Esso in Deutschland aktiv, in Nürnberg war die Esso Erz GmbH ansässig, die sich um die nationalen Uran Vorkommen kümmerte.
1980 erschloss Esso Erz im Fichtelgebirge die Grube Christa zum Uranabbau, verlor aber aufgrund mangelnder Rentabilität bald das Interesse, die Geschäfte gingen an die Saarberg-Interplan Uran GmbH über, die mit Steuergeldern im größeren Stil mit der Erschließung möglicher Vorkommen beschäftigt war (Link).
An ein mögliches Scheitern dachte man 1975 nicht, Atom und Uran waren der Weg in die Zukunft. Den Esso Marketing Strategen schien das so innovativ, dass man Imagewerbung in den Autozeitschriften zu schalten begann. Die war vergleichbar euphorisch wie in der Gegenwart grüner Ladestrom beworben wird. Nur dass der Esso Konzern und seine Marktbegleiter zu dieser Zeit die Kernkraft als zukünftigen Kassenschlager sahen.
Werbung reflektiert eben die jeweilige Zeit, egal ob es um Autos oder Energie geht. Überzeugungen spielen keine Rolle, oder nur fast nie.
Köstlich geschrieben, diese Rückschau. Und ja, der Slogan wirkt frappierend aktuell, weckt zeitgenössische Assoziationen …
Einfache Lösungen und Monokausalität sind eben zeitlos Bestandteil der menschlichen Natur. Es gibt immer den einen oder anderen heiligen Gral, die jüngste Lösung für alles. Wann lernen wir endlich, den ganzen Werkzeugkasten zu nutzen?
Mein BioPower ist gerade 3.000 km mit 1,5 l fossilem Brennstoff auf 100 km gefahren. Der Rest nachwachsende Rohstoffe, im Idealfall sogar Abfall.
Immerhin geben SIe sich technologieoffen, aber nur um ihrem gewinnbringenden Ölgeschäft ein Mäntelchen um zu hängen.
Auch wenn die Alarmberichte des Club of Rom zum Ende der Recurcen nur Propaganda waren, die Ölkonzerne sind nicht wirklich innovativ. DEA bohrt im Wattenmeer,…ist mir noch als Spruch zu Wendezeiten im Ohr. Richtig wäre sicher eine Forschung in jede Richtung, egal ob E-Fuels, Dual Fluid Reaktor, CO²-Abscheidung,.., alles Dinge die in Deutschland von dem jetzigen Politikbetrieb nicht gewünscht sind. Gerade Dual Fluid Reaktoren verabeiten den Atommüll und lösen damit zwei Probleme! Es gibt ausreichend Strom und der Atommüll wird in Gefährlichkeit und Halbwertszeit auf ein Minimum reduziert. Dann kann man auch getrost auch E-Auto fahren.
Verzicht löst im Regelfall keine Probleme. Die Hungerkriesen der Menschheit wurden nicht durch Verzicht sondern mechanisierte Landwirtschaft, Argrarchemie und Lagerwirtschaft im großen Stiel gelöst.
Zurück zu Esso, die Lagerstätten im Fichtelgebierge hatten in ihrer Wirtschaftlichkeit keine Chance gegen die Tagebaue auf der Südhalbkugel. Selbst die Wismut im Erzgebirge war unwirtschaftlich, nur hatte die Sowjetunion zu der Zeit keinen anderen Zugriff auf Uran.