Der Peugeot 205 GTI ist ein ziemlich unmoralisches Angebot

Der Peugeot 205 GTI ist eine automobile Ikone, die ganz schön unmoralisch sein kann. Denn 1986 wirbt Peugeot mit einer heißen Version des 205, die selbst ohne Katalysator volle Leistung bringt, aber trotzdem steuerfrei sei. Was ist da passiert? Wirbt Peugeot für Steuerhinterziehung im Zeichen des Löwen?

Deutschland, in der Mitte der 1980er Jahre. Das Waldsterben beherrscht die Schlagzeilen und in vielen Teilen des Landes ist die Schädigung der Wälder nicht mehr zu übersehen. Die Politik will und muss handeln – und Deutschland übernimmt die Rolle des Vorreiters in Europa.

Der Katalysator für Neuwagen wird mit einer Übergangsfrist zum ersten Januar 89 Pflicht, bleifreies Benzin wird eingeführt und für schadstoffarme Neuwagen gilt ab Jahresbeginn 1985 eine befristete Steuerfreiheit. Spätestens jetzt ist bundesweit auf den Stammtischen der Teufel los. Denn der Katalysator gilt generell als eine ganz, ganz schlechte Geschichte.

Automobile Ikone - Peugeot 205 GTI
Automobile Ikone – Peugeot 205 GTI

Peugeot 205 GTI – es geht auch ohne Katalysator

Die autofahrende Volksseele bebt, böse Geschichten über den Katalysator machen die Runde. Vom viel höheren Verbrauch ist die Rede, von zugeschnürten und drehfaulen Motoren, Leistungsverlust – bis hin zu kapitalen Motorschäden. Eine Katastrophe, nur für ein paar Bäume. Das Ende der Autokultur zeichnet sich ab.

Dazu kommt, selbst die Nachbarn in Europa stellen sich erst ein mal quer. Bleifreies Benzin am Lido di Jesolo (Link) – das verpflichtend für Autos mit Katalysator ist?

Wohl erst einmal nicht.

Der gewohnte Italien Urlaub ist ernsthaft in Gefahr, Deutschland droht zur automobilen Insel zu werden. Skeptiker der neuen Technik sehen sich in ihren Befürchtungen bestätigt, da Autos mit Kat in der Anfangsphase tatsächlich weniger Leistung als ohne haben.

Allerdings muss man rückblickend sagen, sind die Abgasnormen so lax, dass ungeregelte Katalysatoren gegen eine Steuergutschrift nachgerüstet werden können und dieses Geschäft für eine kurze Zeit in voller Blüte steht.

Die Franzosen zählen zu den Skeptikern der Abgasreinigung, und sie verderben den Deutschen die Feier. Der Golf GTI verliert im Frühjahr 87 mit der Einführung des Katalysators bis zu 10 PS Leistung (Link), was als ziemlich erschütternd wahrgenommen wird. Der Peugeot 205 GTI behält sämtliche PS. Auch ohne Kat.

Steuerfrei GTI fahren – Ohne Katalysator

Der Peugeot 205 GTI ist in der 80er Jahren eine begehrenswerte Ikone. Stylisch, hervorragend verarbeitet, schnell und leider auch ziemlich teuer. Der mit meiner Familie befreundete Peugeot Händler verteilt damals die GTI ohne Nachlass unter das Volk, das Auto war Kult wie kein Peugeot zuvor und danach.

Ein unmoralischer Angebot - steuerfrei GTI fahren
Ein unmoralischer Angebot – steuerfrei GTI fahren

Un sacré numéro – eine heilige Nummer – klebt nicht ohne Grund auf der Heckscheibe vieler 205. Da der 205 bei den Deutschen ziemlich beliebt ist, spendiert ihm der Hersteller im November 1985 den Puls-Air genannten Motor, der mit einem speziellen Abgassystem auch ohne Katalysator die Abgaswerte einhalten kann Bei voller Leistung.

Diese Lösung gibt es exklusiv nur für den deutschen Markt.

Was in unserem woken Zeitalter ziemlich sicher als unmoralisch klingen mag, verschafft Peugeot die Lufthoheit über den Stammtischen. Die Franzosen können es, der teuflische Katalysator bleibt draußen, die Deutschen können es eben nicht. Beim Peugeot Händler hängen triumphierenden die Werbebanner, die Prospekte erzählen von dem gallischen Erfolg, Peugeot schaltet ganzseitige Anzeigen.

Der deutsche Fiskus geht leer aus, der Wald wird gerettet und Peugeot 205 GTI Fahrer dürfen ohne Reue dem Bleifuß frönen. So geht die Theorie.

Im Sommer 1989 ist dann jedoch endgültig Schluss mit Katalysator-freien Fahrzeugen, aber hat sich die Volksseele auch schon wieder beruhigt. Die Hysterie ist abgeklungen, selbst das europäische Ausland hat nachgezogen. Am Lido di Jesolo gibt es natürlich bleifreies Benzin und den 205 GTI kann man mittlerweile sogar mit 120 PS Motor bekommen. Inklusive Katalysator und gesunder Bäume.

– Fortsetzung folgt –

8 thoughts on “Der Peugeot 205 GTI ist ein ziemlich unmoralisches Angebot

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    Ich glaube, da gibt es einen Bleiersatz für Oldtimer, den man beim Tanken dem Sprit hinzufügt.

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    Gab es nicht da auch den Slogan der kleine Freund für den 205? Ich glaube, das war so.

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      Anfang der Neunziger hatte ich kurzzeitig einen (großen) Freund mit einem kleinen 205, genau in dem Rot wie auf dem Foto. Mir war allerdings bis zu diesem – hochinteressanten – Artikel gar nicht klar, dass das so ein “hippes” Gefährt war. Jedenfalls war er (also der Peugeot 😉 ) kleiner und wendiger als mein damaliger Polo. Und als ich meinem Freund dann mal (nach mehreren erfolglosen Versuchen seinerseits) anbot, seinen 205 für ihn in eine recht enge Parklücke einzuparken, war er dann auch bald nicht mehr mein Freund … 😉 Ja, sowas mögen Männer gar nicht gern … 🙂

      Aber stimmt, die Diskussionen über bleifrei und Katalysatoren waren wirklich völlig absurd. Mein damaliger Steilheck-Polo (sah aus wie ein Schuhkarton, fuhr aber klasse), Baujahr 82 und natürlich ohne Kat, ließ sich von Anfang an völlig problemlos auch einfach so bleifrei betanken.

      Was tanken denn jetzt eigentlich die Oldtimer? Darüber habe ich noch nie so richtig nachgedacht … Wieder mal ein interessantes Thema und eine charmante Zeitreise auf dem Blog!

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        Es gibt Additive (Bleiersatz) für Oldtimer. Viele sind aber auch nachgerüstet. Da müssen im Ventiltrieb nur eine Handvoll Teile getauscht werden. Steht ohnehin eine Revision des Motors an, werden sie in aller Regel umgerüstet.

        Es gibt auch die Auffassung, dass man alte Motoren, die lange genug mit Blei gefahren wurden, problemlos ohne fahren könne, weil sich die bereits genug Blei für viele weitere Kilometer in sprödes Metall gehämmert hätten.

        Witzige Story mit dem Einparken!

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    Bei uns in der Schweiz wurde der Katalysator und somit Bleifrei-Benzin ab 1986 eingeführt, was damals natürlich auch bei uns heftige Diskussionen auslöste. Insbesondere die Frage wie wir mit unseren Fahrzeugen im verbleiten europäischen Ausland überhaupt noch den Tank auffüllen könnten.
    Der Peugeot 205 GTI hatte bei uns damals mit dem 1.6 Liter Motor nur noch 105 PS, erst mit dem 1.9 Liter gab es wieder 120 PS. Ich hatte mir im Oktober 1985 einen neuen 205 Lacoste mit dem 1.4 Liter Motor ohne Kat mit 72 PS gekauft, den fuhr ich bis Herbst 1992 über mehr als 200’000 km, dann knallte mir ein Mercedes 500 ins Heck, das war dann leider das Ende meines geliebten ersten Neuwagens.

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    Gut geschrieben. Genau so war es …

    Insbesondere in Sachen Blei war die Diskussion unfassbar unsachlich. Blei war quasi nur ein Schmierstoff für ungehärtete und spröde Metalle. Was für ein Wahnsinn, da mit jedem Kilometer und jeder Tankfüllung so viel Gift durch den Motor zu jagen, statt ihn nur ein einziges Mal so zu bauen, dass er gar kein Blei braucht …
    Andere Nationen hatten Blei schon längst verboten und damit gute Erfahrungen gemacht, als man an dt. Stammtischen noch Wohl und Wehe des Automobils an diesen Stoff geknüpft hat.

    Wir reden hier von 4-Taktern, wohlgemerkt. Das Prinzip ist technisch auf keinerlei Schmierstoffe im Kraftstoff angewiesen. Und trotzdem damals diese Diskussion …

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      Ganz so war es ja nicht. Tetraethylblei ist ja nicht als Ventilschutz dem Kraftstoff zugesetzt worden, sondern als Antiklopfmittel (bzw. Oktanzahlverbesserer).
      Deshalb wurden ja fast alle Kat-Motoren in der Anfangszeit mit Normalbenzin (91 Oktan statt 98 bei Super) betrieben und Eurosuper hat nur 95 Oktan. Andere Antiklopfmittel sind halt deutlich teurer.
      Das ist ja bis heute der Goldesel im Kraftstoffgeschäft, dass man die Kunden ordentlich schröpft, wenn Sie mehr als 95 Oktan in ihrem Superkraftstoff haben wollen.

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        Kann man so oder so sehen …

        Blei ist ja nicht zündfähig und hat per se mit der Oktanzahl wenig zu tun. In den 1960ern und ’70ern gab es Motoren, denen alle möglichen Oktanzahlen empfohlen wurden …

        Das ging vom Normalbenzin, über 95 Oktan bis zu 98 und sogar noch darüber hinaus, obwohl nirgends mehr als 98 Oktan erhältlich waren. Das hatte mit dem Blei wenig zu tun, das in jedem Benzin jeder Oktanzahl vorhanden und offenbar überflüssig war. Ansonsten gäbe es ja heute keine bleifreien Kraftstoffe oberhalb von 100 Oktan …

        Benzin Ist ein Gemisch aus verschiedenen Kohlenwasserstoffen unterschiedlicher Zündfähigkeit, Energiedichte und Klopffestigkeit. Blei hat es da nie je gebraucht – für welche Oktanzahl auch immer …

        Aber es stimmt, was Sie sagen. die Oktanzahl ist bis heute ein Geschäftsmodell. Hinzu kommt inzwischen die Energiedichte. Die Verwirrung ist perfekt. Selbst die Super Plus Kraftstoffe sind E5. Umgekehrt haben E10 und ganz “normales” Super (E5) aber die selbe (95) Oktanzahl …

        Die Diskussion war schon damals albern und vor dem Hintergrund des Verbrenner-Aus, wird sie in dieser Welt auch nicht mehr an Qualität gewinnen. Es braucht jedenfalls kein Blei für Klopffestigkeit – weder gestern noch heute. War schon immer so und bleibt auch so. Das wahre Drama ist, dass jeder Viertakter unabhängig von solchen Zusätzen auch mit Biofuels beliebiger Oktanzahl CO2-neutral betrieben werden könnte.

        Schon heute und morgen erst recht.

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