Das waren die ikonischen Autoradios von Blaupunkt

Wer sich mit automobiler Kultur beschäftigt, der kommt an der Marke Blaupunkt schwer vorbei. Die ikonischen Autoradios  findet man in vielen klassischen Fahrzeugen, der Hersteller aus Hildesheim war über Jahrzehnte bei Technik und Design weltweit führend.

Blaupunkt, das gehörte zu europäischen Autos dazu, wie auch die Radios von Becker und Grundig. Wer in den 1970er- und 80er-Jahren groß wurde, der erinnert sich. Blaupunkt erleichterte Musikhören und macht das Autofahren entspannter. Da gab es ein tolles neues Ding. Die Autoreverse Funktion!

Blaupunkt Düsseldorf mit Autoreverse Funktion
Blaupunkt Düsseldorf mit Autoreverse Funktion

Autoreverse – eine von vielen Blaupunkt Innovationen

Oh, Mann, werden jetzt jüngere Lesende sagen. Was ist schon wieder Autoreverse? Die automatisch die Texte korrigierende KI kennt es auch nicht – also ist es lange her und vergessen. 1980 warb Blaupunkt mit der bequemen Autoreverse Funktion seiner Radios, die es überflüssig machte eine Kassette von Hand zu wenden.

Zuvor musste man, war das Band abgespielt, auf die andere Seite händisch umschalten. Oder, bei günstigen Bandgeräten, die Kassette aus dem Schacht auswerfen lassen, sie umdrehen, erneut einlegen und die Start Taste drücken. Das Prozedere war umständlich und natürlich gefährlich, weil ablenkend vom Verkehr. Dafür rechts ran fahren, um das Tape zu wenden, das tat damals niemand.

Die Wurzeln von Blaupunkt reichen zurück bis in das Jahr 1924. Unter dem Namen Ideal Radio fing es an, Rundfunkgeräte und später Fernseher wurden das große Geschäft. Ende 1945, als der Krieg vorbei war, gab es einen Neustart in Hildesheim und von da an hagelte es Innovationen.

Blaupunkt Autoradio Werbung 1976
Blaupunkt Autoradio Werbung 1976

Das erste UKW Radio der Welt

Das erste UKW Autoradio der Welt hatte natürlich den blauen Punkt, das war 1952, nur ein Jahr später gab es erstmals den schnellen Senderwechsel und 1969 das erste Autoradio mit Stereo Empfang. Auch wieder weltweit, versteht sich. Vier Jahre später kam etwas ungeheuer Wichtiges. Die ARI Senderkennung – der Start zum Verkehrsfunk. Jedes Radio hatte dann eine ARI Taste, die Sender mit aktuellen Staumeldungen ins Auto brachte. Das funktionierte hervorragend, auf der Fahrt in den Urlaub war ARI Pflicht und spätestens wenn man bei Irschenberg im Stau stand, kam auch schon die Meldung dazu.

Es folgten digitale Frequenzanzeigen, 1980 die Werbung für Autoreverse, 1988 RDS und 1997 DAB und TMC. Unterschlagen hätte ich jetzt fast das erste serienreife Navigationssystem der Welt. Der Blaupunkt Travel Pilot wurde 1989 vorgestellt.

Eigentlich sollte ein solches Unternehmen, das eine deutsche Ikone und ein nationales Erbe war, ein unendliches Leben haben. Besonders, weil Blaupunkt Produkte nicht nur technisch führend waren, sondern auch qualitativ und das Design betreffend.

Ein Blaupunkt Radio erkannte man sofort an der Designsprache, den blauen Punkt hätte es gar nicht erst gebraucht. Die Qualität der Gestaltung entsprach den ganz großen Namen des Industriedesigns wie Braun oder Apple.

Autoreverse Werbung 1980
Autoreverse Werbung 1980

Blaupunkt ist Geschichte und lebt dennoch weiter

Die Autoradios hörten auf den Namen von Städten und je bedeutender die Stadt, desto besser ausgestattet war das Gerät. Das Blaupunkt Paris schlug also das Modell Essen um Längen, womit die Hierarchie einfach erklärt wäre. Leser aus Essen werden jetzt Einspruch einlegen wollen.

Leider verkaufte 2008 Konzernmutter Bosch die Hildesheimer an einen Finanzinvestor. Es kam, wie es immer kommt. Die Konten der Robert Bosch Stiftung füllten sich, Blaupunkt wurde anschließend filetiert, die Finanzinvestoren machten ihren Schnitt und 8 Jahre später schlossen die letzten Mitarbeiter in Hildesheim die Türen für immer zu.

Doch Legenden kann man auch nach ihrem Tod weiter vermarkten. Die Rechte am mythischen blauen Punkt liegen bei einer Firma in Luxemburg, sie vergibt weltweit Lizenzen. Ein polnisches Unternehmen vertreibt seit dem wieder Autoradios und Navigationssystem unter dem alten Namen (Link).

Mit der Hildesheimer Firma hat das alles nichts mehr zu tun, die Ware kommt aus Asien, aber das traditionelle Spiel mit den Städtenamen geht weiter, Frankfurt schlägt jetzt Freiburg, und das Design knüpft gekonnt an alte Stärken an.

5 thoughts on “Das waren die ikonischen Autoradios von Blaupunkt

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    Ich hatte damals (ca. 1984) für meinen Scirocco ein Blaupunkt Coburg gekauft, da ich viel Langstrecke fahren musste. Für sagenhafte 549 DM und natürlich mit Autoreverse 😉
    Das Radio war besser als das Auto und wanderte mit in meinen ersten 9000 CC. Dort wurde es dann abgelöst vom Blaupunkt München, ich glaube das erste vernünftige CD-Autoradio. Die CDs mussten noch in stabile Kassetten aus Metall und Kunststoff gelegt werden. Darin waren sie allerdings auch perfekt geschützt. Der Klang war klasse!
    Das München ist durch drei 9000er bis in meinen CSE gewandert und wurde schließlich durch die originale Clarion-Nokia von SAAB ersetzt, nachdem das es Ausfälle in der Beleuchtung hatte, die niemand mehr reparieren wollte. Es gab nur dumme Sprüche, Museumsstück, …
    Beide liegen noch im Keller. Ich bringe es nicht übers Herz, diese tollen Geräte wegzuschmeißen.

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    Der Blaupunkt Frankfurt ist “leider geil” für Fahrzeuge der 80er und 90er Jahre.
    Ich habe ihn in meimem Opel Bj.89 verbaut. Danke USB und Speicherkarten kann ich meine Musik hören, ohne einen Koffer voller CDs mit rumzuschleppen. Geht auch wunderbar mit Bluetooth zum Telefon.
    Sogar meine alte elektrische Teleskopantenne konnte ich dank Antennensplitter, ebenfalls von Blaupunkt, auf den DAB Empfang umrüsten.

    Die Front passt so wunderbar zur restliche Ausstattung. Die Display Farbe kann der restlichen Fahrzeugbeleuchtung angepasst werden und die Tiefe das Radios ist erfreulich kurz 🙂 . Das hat den Einbau deutlich vereinfacht, da ich auch noch eine Endstufe und weitere Lautsprecher ansteuere. Endlich ist genug Platz für den ganzen Kabelsalat.

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    Persiflage der 1950er

    Der Werbetext ist auch “Autoreverse”. Witzig, wie da eine neue Generation die Texte der Väter, damaligen Zeitgeist und überkommenes Rollenverständnis liebevoll aufs Korn nimmt.
    Die Anzeige von 1980 hat zeitgemäßen Biss und vollbringt das Kunststück, als Persiflage zugleich Hommage zu sein. Unbedingt lesenswert. Vielen Dank fürs Teilen!

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      P.S.
      Bemerkenswert finde ich auch, dass das Düsseldorf und sein Design 1980 eine 4-farbige Anzeige wert waren. Ich war damals noch nicht im Geschäft, aber m.W. lagen da Faktoren zwischen einer Seite in 4c oder s/w.

      Das bisschen Farbe am Autoradio darzustellen, winzige Elemente nur, muss wirklich wichtig gewesen sein. Sie gingen ja auch mit innovativen Funktionen einher.
      Dieses Düsseldorf 1980 hätte ich ja gerne in meinem Oldtimer 1970. Leider hat ein Vorbesitzer ein ziemlich buntes Etwas eingebaut. Ein echtes Sakrileg, das mich bei jeder einzelnen Fahrt ärgert …

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    Blaupunkt war (und ist) wunderbares deutsches Design und kompromisslose Technik. Morgen darf ich (hoffentlich) sehen und hören, wie sich das aktuelle Blaupunkt “Frankfurt” in einem SAAB 9000 CD macht.

    Die Entwicklung der Geräte findet übrigens nach wie vor in Deutschland statt, bei der Evo-Sales GmbH in Hameln, die den “Car”-Bereich von Blaupunkt weiterhin pflegt. Auch der freundliche und informative Kundendienst ist dort angesiedelt.

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