50.000 Kilometer mit dem Citroën Berlingo – kostengünstig und gut? (2)
Natürlich ist der Berlingo kostenoptimiert hergestellt. Man sieht es an vielen Details. Der Lack ist dünn. Sogar noch dünner als beim Saab 9-5 NG, was man vielleicht für unmöglich halten würde. Die Materialien im Innenraum entsprechen in Details dem Transportersegment, sie sind einfach aber robust. Das Armaturenbrett ist mit Anzeigedetails überfrachtet, die viel zu klein ausgeführt sind, um sie zweifelsfrei ohne Lehrgang entschlüsseln zu können.

Das aus dem Konzernregal stammende Display für Multimedia und Navigation liefert nicht die brillante Darstellung mancher Marktbegleiter, was auch für die Rückfahrkamera gilt. Das ist nicht schlimm, bringt keinen echten Nachteil und ist effektiv nur kosmetischer Natur. Dafür ist es intuitiv zu bedienen, reagiert schnell, die Anbindung des Mobiltelefons ist einfach, und die TomTom Navigation ist auf dem letzten Stand.

Na und, das ist doch französisch!
Das alles stört – überhaupt nicht. Und von wegen französisch, der Berlingo hat Qualitäten, die man gerne deutschen Autos andichtet. Die Grundbedienung ist selbsterklärend, bequem, der Berlingo klappert auf den nächsten 50.000 Kilometern kein bisschen, und das Gehäuse fühlt sich straff und wertig an. Und ja, der kleine gallische Alleskönner fährt und fährt. Die kleineren Schwächen im Detail sieht man ihm nach, die Sympathien überwiegen, und man hakt sie als französischen Charme ab.
Zusätzlich gibt es diese unzähligen cleveren Details. Die tausend Ablagemöglichkeiten vom Boden bis in das Dach hinein. Die unglaubliche Variabilität, die mit nur wenigen Handgriffen hergestellt werden kann. Oder die praktischen Schiebetüren und die Tatsache, dass dieses Auto alles zu können scheint. Es ist ein komfortabler Bus für 5 Personen und ein Großraumtransporter für jede Menge Fracht in einem.
Ergänzt wird dieses Festival durch elektronische Helfer. An Bord sind der Coffee Break Alarm, der Aufmerksamkeitsassistent, ferner die Assistenten für tote Winkel, Verkehrszeichen, Spurhalten, Kollisionswarnung, Notbremsung, Abstandsreglung und Grip Control sowie Fernlicht. Bemerkenswert ist, dass alle zuverlässig funktionieren.
Dazu kommt, der Citroën ist überhaupt nicht anspruchsvoll.
Er bekommt den vorgeschriebenen Service, nichts mehr, und bleibt auch sonst unauffällig. Während zur gleichen Zeit mein deutsches Premiumfabrikat, mit viel weniger Elektronik an Bord, von Drama zu Drama zu rollen scheint, funktioniert der günstige Citroën einfach. Das bleibt so, über die komplette Distanz. Der vorgeschriebene Service in Neu Isenburg und bei Brass in Aschaffenburg ist ohne Beanstandung, und auch der After-Sales der Niederlassung ist hervorragend.

Im ersten Winter kommen andere Felgen und Allwetterreifen auf den Transporter, die Original Felgen mit wenigen Kilometern bleiben bis zum Leasingende eingelagert. Ein wichtiges Detail, das später für Verdruss sorgen wird.
Defekte, außerplanmäßige Werkstattaufenthalte gibt es keine. Zwei H7 Birnen müssen in 3 Jahren ersetzt werden, und gefühlt alle 10.000 Kilometer werden 10 Liter AdBlue nachgefüllt. Citroën, der zuverlässige, gut und günstig? Definitiv ja!

Altert der Citroën? Er tut es nicht. Am Ende, nach 3 Jahren und 50.000 Kilometer steht er fast wie neu da. Der Innenraum ist fast ohne Gebrauchsspuren, der Lack nicht so sehr. Aber der Aufbereiter für das Leasingende ist zufrieden mit dem Transporter. Er sieht keine Schwierigkeiten mit der Rückgabe, außerdem haben wir zwischenzeitlich einen Neuwagen bestellt. Er sollte sich täuschen.
Kleines Citroën (Fast)-Drama zum Schluss
Tatsächlich geben wir den Berlingo in Neu Isenburg ab, mit einigen Problemen. Er hat 5.000 Kilometer mehr auf dem Tacho als vertraglich festgelegt. Die letzte, jetzt fällige Inspektion müsste erledigt werden. Und dann sind da die 17″ Felgen, die schon nach wenigen Monaten in den Vorruhestand geschickt wurden und die jetzt wieder auf dem Auto montiert sind. Zwei von ihnen haben Macken durch Bordstein-Kontakt, aber alle haben deutliche Klarlack Ablösungen inmitten der Felgen.

Ein Umstand, der nur durch einen Materialfehler kommen kann, denn die Felgen haben keinen Winter erlebt und damit kein Streusalz gesehen. Was aber nur meine Meinung ist.
Der unabhängige Gutachter für die PSA Leasingbank sieht das völlig anders. 4 neue Felgen zum Listenpreis sollen gezahlt werden, dazu die Mehrkilometer und die Inspektion. Die Niederlassung verspricht mit der Inspektion ein Entgegenkommen, zieht das Entgegenkommen aber nach 2 Tagen mit Bedauern zurück.
Es bahnt sich ein Spiel der Nichtzuständigkeiten an, zwischen Kunden, Bank, Stellantis Niederlassung. Ein zweites Gutachten folgt, mit dem gleichen Ergebnis.
Wird so ganz am Schluss das Berlingo Urlaubsgefühl durch ein Rückgabe Scharmützel getrübt?

Gute Firmen erkennt man daran, wie sie mit ihren Kunden umgehen. Wie kundenfreundlich ist eigentlich der Stellantis Konzern? Eine Mail an die PSA Bank, zwei freundliche Telefonate später ist eine Lösung für beide Seiten gefunden. Ein drittes Gutachten, das die Bank kostenfrei anbietet, lehne ich ab. Ich möchte eine Klärung, ein Entgegenkommen, und ich bekomme es. Nach interner Rücksprache erfolgt ein Lösungsvorschlag zugunsten des Kunden.
Der Leasinggeber verzichtet auf einen Teil seiner Forderung, mindert den Preis für die Felgen, kommt sogar da entgegen, wo er es nicht müsste.
Ja, man kann den Berlingo empfehlen
Das Resümee nach 50.000 Kilometern? Der Berlingo ist ein Auto für Herz und Verstand. Herrlich praktisch, doch so ganz anders als andere kleine Transporter. Mit viel mehr feinem Charme, als man es Citroën aktuell zutrauen möchte. Wir hätten den Berlingo Diesel sogar noch einmal gekauft. Hätten wir noch das automobile Leben des Jahres 2018 und hätten sich unsere Fahrprofile nicht geändert.

Aber leider würden wir keinen mehr bekommen. Den Berlingo gibt es noch für Gewerbe, als MPV und mit 6-Gang Schaltung. Die herrliche 8-Stufen Automatik wurde der CO2 Bilanz geopfert, und Familien sollen jetzt bitte rein elektrisch fahren. Meint Citroën, und bietet ernsthaft alternativ den ë-Berlingo an, der Reichweiten von wenig mehr als 270 Kilometer nach WLTP hat. An eine Urlaubsfahrt mit Familie an Bord möchte ich bei dieser Konstellation gar nicht denken. Citroën opfert für die CO2 Bilanz eines seiner besten Marktsegmente.
Manchmal sind sie unbegreiflich, die Gallier.
Wer automobile Entspannung mit hohem Nutzwert sucht und sich wiegend schwebend fortbewegen möchte, muss sich wohl jetzt auf dem Gebrauchtwagenmarkt umsehen. Was eine Empfehlung ist, denn der Berlingo ist wirklich gut. Oder eben bei Volkswagen schauen, wo es noch neue Caddy mit TSI und TDI gibt. Vorher aber eine Gitanes genießen und einen Landwein trinken und sich fragen, ob man das wirklich tun möchte.
Wie geht unsere Citroën Geschichte weiter? Wir haben mittlerweile bestellt. Blind und ohne Probefahrt. So relaxed wie 2018? Die Fortsetzung folgt.
Klasse geschrieben!
Ich mag derart praktische und nutzenorientierte Autos irgendwie.
Ich bewundere aber die Ruhe, Gelassenheit und Nachsichtigkeit mit, der Tom das “Drama” um die Rücknahme des Leasing-Rückläufers erlebt und bewältigt hat …
Mich erinnert das an ein Wohnmobil, dass ich für eine Filmproduktion als Wärmestube, Umkleide und Maske in Holland vom Vermieter übernommen und dort wieder abgegeben habe. Bei der Übernahme unterschrieb ich, dass das Wohnmobil in Ordnung sei. Bei der Abgabe rannte ein Mitarbeiter des Vermieter wie eine gesenkte Sau ganz zielstrebig um das Wohnmobil und zeigte mir kleinere Dellen und Macken, die er ganz offensichtlich sämtlich in- und auswendig kannte …
Es hat nichtmal eine Minute gedauert, bis er von mir eine Unterschrift unter einem Rücknahme-Protokoll forderte, auf dem das Wohnmobil als Zeichnung von allen vier Seiten abgebildet und mit Kreuzen angeblich frischer Schäden übersäht war – kleinere und ältere Macken, die nun versilbert werden sollten. Ich habe damals (ich war Anfang 20) meine Unterschrift verweigert, dem Vermieter kriminelle Energie unterstellt und ihn gebeten, die Polizei zu rufen. Da hat er das Protokoll zerrissen.
Lange Rede kurzer Sinn, ich finde es grenzt an Kriminalität, wenn Leasing-Geber anfangen, den Leasing-Nehmern Extrakosten gänzlich oder anteilig aufdrücken zu wollen, die eigentlich eine Frage von Gewährleistung und Garantie des Herstellers sind …
Wenn sich innerhalb von drei Jahren der Lack einer Felge löst, ohne Salz und ohne Winterbetrieb, dann ist die Felge eben scheiße und kein Leasing-Nehmer sollte auch nur einen Cent extra dafür zahlen …
Der beste Schutz davor beim PKW ! Einfach nicht leasen ! Auto kaufen und bar bezahlen.
Ein Auto für ein paar tausend kann ja auch reichen und gut sein !
Sehe ich ähnlich …
Allerdings ist Leasing für Selbständige fiskalisch und buchhalterisch (einfacher geht nicht) durchaus attraktiv. Ob da auch im Sinne der Umwelt oder der Finanzen Selbständiger ge- und besteuert wird, steht auf einem ganz anderen Blatt. Es ist jedenfalls eine bürokratisch fiskalische Zumutung, NICHT zu leasen. Und es ist politisch (noch?) nicht gewollt, dass wir Autos länger als drei Jahre fahren.
Es ist eben, wie es ist. Ich habe Verständnis für jeden, der sich da, so gut es eben geht, ganz einfach mit den Mitteln seiner Wahl (inklusive und gerade auch mit Leasing) ”durchwurstelt” …
Man bemerkt hier echt den Altauto Blog. Was man berücksichtigen muss, das sind die Full-Service Angebote der Hersteller. Da kann inklusive einer KFZ Versicherung alles drin sein, die Kosten sind für Unternehmen und Freiberufler komplett kalkulierbar, und so attraktiv, dass ein Kauf komplett sinnfrei wäre.
Bei uns im Unternehmen ist alles abgedeckt, nur den Sprit, den zahlen wir noch selbst.
Hm,
stattet man das sommerhaus nur mit dem einfachsten, aber von bester qualität aus, wird man schöne sommer verbringen.
Leider nicht von mir.
Wirklich interessanter Bericht. Und wer keinen Caddy will, muss halt zum Toyota-Partner dort gibt es den Berlingo baugleich ja noch als Diesel.
Tatsächlich. Sogar als 130 PS Diesel, aber vermutlich nicht mit der Citroen Federung, die ein Alleinstellungsmerkmal ist (sein könnte)? Scheinbar auch nicht mehr mit Automatik.
Wer unbedingt einen Berlingo Diesel möchte, kann auch in Nachbarländern (z.B. Österreich) kaufen, oder hierzulande beim EU-Importeur.
Citroen hat die Diesel nicht für alle EU-Märkte gestrichen (jedenfalls noch nicht), zugegebenermaßen gibt es, wie auch im Text erwähnt, wohl nur noch die als Van bezeichnete Nutzfahrzeugversion mit Diesel.
Aber wenn einem das reicht, warum nicht?
Ob es zielführend ist einen Transporter zu elektrifizieren, wo man doch effiziente Diesel hat, lasse ich mal offen. Man holt sich eben das Reichweitenproblem ins Haus. Ich jedenfalls würde den Zitrön (gebraucht und dieselig) bei größerem Transportbedarf jedem Caddy vorziehen. So soll Auto sein!
e Citroen Berlingo…..VW wird sich freuen ! Der Caddy ist ja auch ein gutes, wenn nicht sogar das bessere Fahrzeug…..als Firmenwagen habe ich mich für einen Caddy entschieden. Er hat mehr Anhängelast und ganz wichtig, er bleibt unter 2,10 inkl. Außenspiegel !!! Bei den vielen Baustellen ist es wichtig auch mal links fahren zu können, sonst muss man immer rechts mit den LKW’s zusammen fahren. Eine Fahrt nach Köln würde somit zum Geduldsspiel !
VW freut sich ganz bestimmt. Ich hätte den e Berlingo mehr bei Handwerksbetrieben gesehen, nicht bei Familien. Aber ich bin ja nur Endverbraucher und habe keine Ahnung 😉
Es ist sehr merkwürdig. Hier liest sich sogar ein Bericht über ein Allerweltsauto wie einen Berlingo toll. Im Normalfall käme ich nie auf die Idee, etwas darüber erfahren zu wollen, hier tue ich es. Ein klasse Bericht und ein scheinbar toller und vielseitiger Transporter für die Familie.
Gibt es jetzt regelmäßig Citroen Geschichten auf dem Blog?
Wenn es was zu erzählen gibt, dann ja.