Der Saab 900 Kompakt – die Baureihe die es niemals gab
Die Geschichte von Saab ist voll von Ideen, die nie Wirklichkeit wurden. Besonders tragisch ist das Kapitel der kompakten Saabs. Die kleine Baureihe, die immer fehlte. Ein Versäumnis, das dazu führte, dass Saab nie aus dem Stückzahlenkeller heraus kam, und das es die Marke heute nicht mehr gibt.

Es gab mehrere Versuche eine dritte, kompakte Baureihe zu etablieren. Mal auf eigener Basis, dann auf der Plattform des Opel Astra und ganz am Schluss als Derivat der Mini Baureihe von BMW. An das Licht der Öffentlichkeit und auf den Markt kam aber alleine der Saab 9-2x. Ein nur leidlich verkleideter Subaru, der nichts mit Saab am Hut hatte.
Der aber eine Menge Fahrspaß bietet.
Das Ringen um die 3. Baureihe begann in den 90er Jahren. GM war mit 50 % in Trollhättan eingestiegen. Mit Keith Butler Wheelhouse stand ein GM Manager an der Spitze des Unternehmens. Er sanierte, baute rigoros Arbeitsplätze ab, lagerte Betriebsteile aus und verkaufte sie. Und er brachte den Hersteller schnell zurück in die schwarzen Zahlen.
Die Entwicklung der neuen 900 Generation war eine Herausforderung (900 Saga Teil 1, 2, 3,), an deren Gelingen nicht weniger als das Überleben des Unternehmens hing. Gelebter Wahnsinn, denn noch nie zuvor hatte irgendwer ein fast fertiggestelltes Projekt auf eine fremde, unbekannte Plattform gesetzt. Das Wagnis gelang und der Saab 900 II kam für damalige Verhältnisse schnell auf den Markt.

Saab verdiente wieder Geld
Das war im Jahr 1993, die Veränderungen in der Autoindustrie in den Jahren darauf waren enorm. Die deutschen Premium Marken drängten auf den Markt der Kompakten. Allen voran BMW mit E36 Compact, der ab Frühjahr 1994 zu den Kunden rollte. Audi arbeitete am A3, der auf Basis des VW Golf zwei Jahre später, als “neue Extravaganz” beworben, erscheinen sollte.
Die Invasion der Kompaktklasse galt als Risiko. Premium musste damals groß sein, kleinere Fahrzeuge galten als margenschwach. Würden die Kunden bereit sein, dafür zu zahlen?
Und Saab? In Trollhättan sah man sowohl die Herausforderung, als auch die Möglichkeiten. Ein kompakter Saab wurde projektiert. Zuerst auf Basis des Opel Astra F, was man rasch wieder verwarf. Dann erdachte man, in Anlehnung an die Konzeption von BMW, einen Kompakten auf Basis des noch jungen 900. Die Überhänge der Karosserie wurden dazu radikal gekappt.
Heraus kam ein Entwurf, der es mit dem Audi A3 durchaus hätte aufnehmen können. Außerdem wäre der Kompakte auf den ersten Blick als ein Saab durchgegangen.
Saab 900 Kompakt
Der Saab 900 Kompakt wäre kostengünstig zu realisieren gewesen. Gemeinsam mit dem “normalen” 900 hätte er in Trollhättan vom Band laufen können. Gleiche Technik, höhere Stückzahlen. Die Idee war bestechend gut. Die dritte Baureihe bei Saab, sie rückte in greifbare Nähe. Das war im Jahr 1995. Mit dem Start rechnete man bis zum Ende des Jahrzehnts.

Doch wieder einmal kam alles anders. Keith Butler Wheelhouse wurde 1996 abgelöst. Sein Nachfolger Robert Hendry hatte völlig andere Ambitionen. Wheelhouse, der über Ford zu Saab gekommen war, war niemals ein kompletter GM Mann. Die Marke Saab und Trollhättan waren ihm stets näher als Detroit.
Anders bei Hendry, der nur kurz am Göta Älv blieb und der bei GM noch hoch steigen sollte. Die Pläne für den Saab 900 Kompakt verschwanden im Reißwolf. Vorerst. Mittlerweile hatte Audi den A3 auf dem Markt geschoben. Der wilderte, zum Entsetzen von GM, so erfolgreich im Segment des Opel Astra, dass nur zwei Jahre später das Thema erneut auf dem Tisch lag. Diesmal unter ganz anderen Vorzeichen. Mit der ersten Idee eines kompakten Saab hatte der nächste Versuch nichts mehr am Hut.
Mit Bildern der BMW AG und Audi AG (1/1)
Ach ja so ein Kompakter Saab wäre was. Da könnte in vielen Saabhaushalten noch ein weiterer Saab vor dem Haus stehen.
Saab hatte so viele gute Antworten, auf den sich verändernden Markt. Ich schätze das GM aus Eifersucht oder Angst vor Kannibalisierung fast alles unterdrückt hat. Die einzige Genugtuung heute ist, zu sehen welche Rolle GM in Europa heute noch spielt, keine!
Das hätte Potential gehabt! Schade, dass Saab zum Spielball und Opfer von GM Interessen und vermutlich auch Intrigen wurde. Da war so viel an Möglichkeiten vorhanden.
Klingt nach Fortsetzung?
Freue mich drauf. Guter Einstieg. Die Kompakten sind ein branchenweit spannendes Thema.
Es gab in den letzten 2 bis 3 Dekaden kaum ein Konzern, dessen Management sich nicht auch am Umgang mit dieser Frage messen lassen musste.
Es war eine der spannendsten und dominierenden Fragen überhaupt, wo genau in welchem Konzern bei welcher seiner Marken der Sweet Spot in der Modellpolitik liegt.
Es kam am oberen und unteren Ende der Modellpaletten reihenweise zu Erfolgsstorys und Fehleinschätzungen, je nach Ambition und Bauchgefühl der jeweiligen Manager.
Legendär ist die interne Konkurrenz zwischen VW und Audi, als der Audichef den A2 nicht anders zu begreifen wusste, als einen Akt der Sabotage am gehobenen Image (Fehleinschätzung).
Während VW meinte, mit dem Phaeton den A8 angreifen (Fehleinschätzung) und mit dem Touareg (Erfolgsstory) das Thema Oberklasse-SUV noch vor Audi besetzen zu müssen.
Im Nachhinein ist man schlauer. Aber spannend ist und bleibt es trotzdem, was damals so alles abging, wer wann warum mit Bezug auf welche Marke was getan oder unterlassen hat.
Schade, dass es im Bezug auf Saab einzig um Unterlassungen geht …
@Volvaab Richtig. Fortsetzung folgt.