Das kriminelle Doppelleben unseres Saab 99 LE
Gestern konnte man das Abenteuer der Saab Überführung von Frankfurt in die Schweiz lesen. Unser Saab 99 LE hielt sich tapfer. Bedenken, die ich kurz nach dem Start noch hatte, verflogen mit jedem gefahrenen Kilometer. Der 99 ist ein gutes Auto, Saab hat eine beeindruckende Qualität geliefert. Doch ist der 99 begehrenswert für Menschen jenseits der Saab Welt? Ich dachte immer, so ein 99 sei eine Insidergeschichte. Ich könnte mich geirrt haben. Denn der Saab führt offensichtlich ein kriminelles Doppelleben.
Das kriminelle Doppelleben unseres Saab 99
Lizi und ich staunten nicht schlecht, als vor einigen Tagen in Spanien ein weiterer 99 LE inseriert wurde. Baujahr 1975, in einer tollen Farbe und einem sagenhaften Zustand. Als wäre das alleine nicht schon interessant genug, trug dieser Saab auch noch die Nummernschilder unseres 99. Die alte Spanische Zulassung “PO – 6938 E” – wobei das “E” wie gestern schon erwähnt nicht für ein Elektroauto steht.
Die Anzeige auf Autoscout24 ist natürlich, völlig klar, ein Fake. Der 99 hat weder einen automobilen Doppelgänger noch einen eineiigen Zwilling. Er steht außerdem wohlbehalten im Jura, nicht in Spanien. Und er ist auch nicht zu verkaufen. Versuche, die spanische Polizei zu überzeugen, dass kriminelles Handeln vorliegen könnte, liefen ins Leere. Das Inserat scheint nicht strafbar oder würdig verfolgt zu werden.
Erst die Straftat selbst, Geld zu nehmen für etwas, das man nicht liefert, weil man es nicht besitzt, würde die Ordnungskräfte auf den Plan rufen. Ein Betrug ist eben erst ein solcher, wenn er erfolgreich durchgezogen wurde. Selbst Autoscout ignoriert den Betrugsversuch. Das Inserat ist immer noch online.
Interessant ist die Tatsache, dass der 99 LE für kriminelle Aktivitäten interessant erscheint. Bisher war der Saab 99 für mich ein Auto jenseits des Mainstreams, ein Thema für Insider und Liebhaber schwedischer Ingenieurskunst. Scheinbar traut man dem Klassiker aus Trollhättan in gewissen Kreisen mehr zu, als ich es tue.

Steht exakte Marktbeobachtung hinter dem Betrugsversuch?
Allerdings kann hinter solchen Versuchen auch eine beeindruckend exakte Marktbeobachtung stehen. Alte Saab finden, und daran sind wir hier beim SaabBlog alles andere als unbeteiligt, immer öfter ihren Weg von Spanien in den Norden. Das Kalkül, einen Nordeuropäer auf diese Weise um sein Geld und seine automobilen Träumereien zu bringen, ist nicht von der Hand zu weisen.
Davon abgesehen, eine Lappalie ist das alles nicht. 9.100 € sind kein Taschengeld und auch kein Kavaliersdelikt. Man sollte aus dieser Angelegenheit gewisse Schlüsse ziehen. Dass ein Saab 99 weitaus attraktiver ist, als es den Anschein hat, zum Beispiel. Vor allem aber, dass man bei Autokauf misstrauisch sein muss. Vertrauenspersonen vor Ort können helfen.
Kontakte in die Saab Szene und zu nationalen Clubs sind hilfreich und unterbinden Betrugsversuche. Denn letztendlich ist die Saab Welt überschaubar und besondere Autos sind meist bekannt.
Das findet leider nicht nur mit ganzen Autos, sondern auch mit besonderen Teilen statt. Nach dem ich meinen 9000 2.0t (Joe) mit dem italienischen AERO-Steuergerät zum 2.0T umgerüstet hatte und dieser genial lief, wollte ich den zweiten 9000 ebenso umrüsten. Also nochmal auf die Suche nach der Teilenummer.
Ich fand MEIN Steuergerät – bereits verbaut – bei einem polnischen Händler!!!
Die Ignoranz seitens AutoScout ist in der Tat bemerkenswert. Noch interessanter war jedoch die Reaktion der spanischen Polizei – Spezialabteilung Internetkriminalität.
Obwohl ich mich eindeutig als – noch – Besitzer des Wagens an diese Abteilung gewendet habe, wurde mir empfohlen, einen „Kaufversuch“ zu unternehmen. Je nach Antwort, könnte ich mich dann gerne erneut melden. Gerne. Nachdem ich die Betrüger dann online „kennengelernt“, und ihnen ein paar persönliche Daten mitgeteilt habe, könnte ich sie doch glatt zu einem gemütlichen Umtrunk einladen. Bei dieser Gelegenheit könnten sie auch ein paar schöne Aufnahmen von meinen Autos machen.
Bis bis heute sprachlos.
Saabige Grüße.
Der Lizi
Tja die, nennen wir es Tücken für Betrüger der kleinen Saabwelt habe ich schon öfters erlebt. Zwar nicht so brutal und nicht bei so alten Modellen, aber schon erlebt, dass manche versucht haben, halbe Leichen nochmal zu veräußern.
Man merkt sich die Fahrzeuge, kennt die Fahrzeuge und kann sich hoffentlich immer warnen, wenn irgendwo ein Betrug auftaucht. Immer Augen offen halten.
Die Überschaubarkeit der Saab-Welt
Vielleicht hat genau diese die Kriminellen erst auf die Idee gebracht, es mit einem seltenen Saab zu versuchen?
Mal abgesehen davon, dass keine Neuwagen mehr kommen, leben wir in einer heilen Welt, sind meist freundlich und ehrlich miteinander, vertrauen uns teils blind untereinander – in der Regel, ohne deshalb böse Überraschungen zu erleben …
Da kommt es schon einer Vertreibung aus dem Paradies nahe, wenn Kriminelle darin ihre Chance wittern, Saab fahrende Evas und Adams besonders leicht und gut ausnehmen zu können. Das ist echt ekelhaft und perfide …
Es wäre unendlich schade, wenn man innerhalb der Saab-Welt ein höheres Maß an Misstrauen entwickeln müsste. Schön, dass der Blog so etwas blockt, warnt und informiert.
Aus exakt diesen Gründen ist der Beitrag öffentlich zugänglich und liegt nicht hinter einer Bezahlschranke.
Das ist ein feiner und kluger Zug.
Danke Tom.
Das ist echt scharf. Ich suche noch nach Worten. Was muss man denken, wenn man sein Auto sieht, das vor der Tür oder jedenfalls an bekanntem Ort steht und welches hier angeboten wird?
Zufällig bin ich kommende Woche in Spanien und hätte große Lust, den Verkäufer nach einem Besichtigungstermin zu fragen.
Ja, das wäre doch auch eine interessante Erfahrung! Aber Vorsicht, man weiß ja nicht, mit wem man es da zu tun bekommt.
Ich habe mir auch schon vorgestellt, wie es wäre, wenn ich – nach der gleichen Masche – meinen vor einiger Zeit erworbenen Saab, der friedlich in der Garage schlummert, dort erneut angeboten fände. Ich müsste glatt mal nachsehen, ob er nicht Reißaus genommen hat… 😉
Unfassbar finde ich übrigens das Verhalten von Autoscout. Dass die die Anzeige nicht löschen, ist mehr als unseriös. Nach deutschem Strafrecht ist die Anzeige versuchter Betrug.
Schon gehört, Du wirst erwartet. Ich wünsche eine entspannte Reise, tolle Saab & Spanien Momente, und Du wirst danach wohl was zu erzählen haben. So, oder so 😉
Was für eine wirklich unglaubliche traurige Geschichte! Hatte nicht aero 50 vor einiger Zeit mit großem Vertrauen – und großem Erfolg! – unbesehen einen himmelblauen Saab in Polen gekauft? Sowas würde man sich nach dieser Geschichte wahrscheinlich nicht mehr trauen (was im Einzelfall dann schade sein könnte).
Was ich mich frage: Wie ist der Verkäufer überhaupt an die Fotos gekommen? Auch solche vom Innenraum? Man könnte natürlich auch einmal in Spanien anrufen und herausfinden, welcher Gangster sich am anderen Ende meldet.
Übrigens: Der aktuelle Link zu Autoscout ruft jetzt sogar schon 9.375 € auf und der Saab 99 steht (angeblich) nicht mehr in Leon, sondern in Valencia. Und hinter dem Link befinden sich noch viele andere „interessante“ Angebote für Saab 99, z.B. an den deutschen (!) Orten DE-10040 Zagreb und DE-81808 SOPOT. Ganz ganz übel!
Ja, die Anzeige wurde neu geschrieben und hat den Standort gewechselt. Die Bilder stammen vom Original Inserat vor vielen Monaten. Scheinbar arbeitet man langfristig, sichert Bildmaterial, und geht erst nach einer gewissen Zeit online. Das zeigt Planung und bemerkenswerte kriminelle Energie.
@Ebasil, ja, ich habe vor einigen Jahren einen 96er Last Edition ungesehen in Polen gekauft. Hat alles wunderbar geklappt, ich musste noch rund 1300 Euro rein stecken, aber dann war es ein wirklich gutes Auto!
Habe aber auch in Italien vermeindlich ein Lancia Fulvia Coupe gekauft, via ebay, bin dort aber einem rund 7000 Euro schweren Betrug aufgesessen. Polizei und Anwalt eingeschaltet, konnten alle Beide nichts ausrichten und das Geld war futsch. Ich bin mir im klaren, dass ich da absolut selber schuld war. Da war ich offensichtlich zu leicht gläubig.
Und ich hatte mich schon gewundert, dass Ihr mit dem 99er schon in D und in der CH unterwegs seid, obwohl der Wagen immer noch zum Verkauf steht. Hattet Ihr etwa nicht bezahlt?
Spaß beiseite, den Ernst beschreibt Tom ausführlich! Wichtig, dass wir wachsam bleiben und uns gegenseitig informieren. Blog sei Dank.
Ob das so schlau ist einen so seltenen Saab als Fake Angebot zu präsentieren? Ich hätte dann einen 900 Turbo 16S im gängigen schwarz genommen, der fällt weniger auf. Aber ausgerechnet diesen einen 99 in der coolen seltenen Farbe? Nicht so schlau 😉