SAAB Tag: Gemischte Nachrichten aus Schweden
Schlechte Nachrichten verbreiten sich schneller als gute Meldungen. Woran liegt es? Ist es der Drang nach Sensation? In Schweden gibt es für den anderen Autohersteller aus Göteborg gute Nachrichten. Und auch für die ehemaligen Lieferanten von Saab ist noch nicht alles verloren. Und wir lernen mal wieder: Saab ist nicht Volvo. Beginnen wir mit den Göteborgern.

Eine kleine gute Nachricht für Volvo
Volvo geht recht offen mit der Krise um. Vermutlich hat man sich intern zum Angriff entschlossen und es ist besser zur Presse zu gehen als zu warten bis die Medien über das Unternehmen herfallen. Gestern war der Volvo Vertriebschef am Zug, der zugab in China grobe Fehler gemacht zu haben. Ja, das Vertriebsnetz wurde zu schnell aufgebaut und im Gegensatz zum Mitbewerb hat man es versäumt in die mittleren Städte zu gehen und ist nur in den Metropolen vertreten. Damit ist das desaströse China Ergebnis medial abgehakt.
Heute war dann Volvo CEO Håkan Samuelsson in den Medien der einräumte dass Göteborg im aktuellen Jahr 25.000 Autos weniger gebaut hat als geplant. Und der gleich ankündigte dass bei weiter schrumpfenden Umsätzen, wovon er ausgeht, im nächsten Jahr fest angestellte Mitarbeiter gehen müssen. Was dann vermutlich viele ehemalige Saab Mitarbeiter treffen wird. Dass Volvo aktuell einen negativen Cash Flow hat und dass sich was ändern muss – keine Frage. Die Probleme sind in Arbeit und die Medien voller Verständnis.
Am Vergleich Volvo vs Saab kann man sehen, wie ungleich die Presse beide Autohersteller behandelt. Während der Saab-Krise gab es jeden Tag Meldungen bei Dagens Industri. Die Medien tragen eine gewisse Mitschuld am Ende der Kult Marke, die ab einem gewissen Zeitpunkt auch medial keine Chance mehr hatte. Einen Anteil dabei hatten natürlich illoyale Mitarbeiter, die sofort zum Telefon griffen, wenn sich in der Stallbacka etwas ereignete.
Wäre Volvo Saab, dann hätte es in der letzten Woche etwa folgende Schlagzeile gegeben: “Kann Volvo den EIB Kredit zurückzahlen?“. Aber Volvo ist Volvo, und der Loyalitätsgrad ist höher, als er es bei manchen Ex-Saab Mitarbeitern war. Die Presse schrieb dazu kein Wort, obwohl die Lage leicht kritisch hätte werden können. Aus China, von der China Development Bank, kam die gute Vorweihnachts-Meldung, dass ein Teilkredit für Göteborg genehmigt ist. 922 Millionen € oder 8 Milliarden Kronen fließen auf die Konten, und der EIB-Kredit kann rechtzeitig abgelöst werden. Das sind rund 10 % der erhofften Summe, über die Göteborg mit der Bank verhandelt.
Gleichzeitig signalisieren die Chinesen die Bereitschaft zu weiteren Krediten, und Volvo könnte damit die Umstrukturierungen und Investitionen in Angriff nehmen. Die nächsten kritischen Jahre bis zur völligen Lösung von den Ford-Lizenzen wären gesichert. Wenigstens in dieser Hinsicht gute Nachrichten für die Zukunft der Autobranche in Schweden !
Etwas Hoffnung für die Saab Lieferanten
Die Saab Administratoren stehen bei den Medien und Lieferanten, und nicht nur dort, in harter Kritik. 129 Millionen Kronen möchte man sich für die bisherige Arbeit zahlen. Gleichzeitig sollen einige Lieferanten Gelder zurück überweisen, die sie unrechtmäßig als Gläubiger-Begünstigung erhalten haben sollen. 290 Millionen Kronen sollen es sein, General Motors trägt den Hauptteil mit 23,6 Millionen US Dollar. Opel, Magna und Delphi sind auch mit an Bord. Klar, dass diese Dinge nicht auf Begeisterung treffen.
Spannend die Frage ob GM, Opel oder Magna Geld überweisen werden oder das Schreiben der Anwälte gleich der eigenen Rechtsabteilung weiter reichen. Ob die Forderungen wirklich zugestellt werden liegt beim Gericht welches das letzte Wort in dieser Angelegenheit hat.
Schweden ist ein ungewöhnlich transparentes Land für viele Dinge. Aber nicht, wenn es das Insolvenzverfahren rund um Saab angeht. Da fallen dann plötzlich alle Schranken, die man dort niemals vermutet hätte. Um die Wogen zu glätten, gab Administrator Hans Bergqvist vor einigen Tagen auf Radio PV 4 Väst ein Kurzinterview. Die Saab Gläubiger dürfen mit einer Quote rechnen, so die Ansage. Im Topf der Administratoren befinden sich 1.5 Milliarden Kronen, was gut 170 Millionen € sind.
Natürlich abzüglich der Kosten, welche sich die Anwälte genehmigen wollen. Das letzte Wort dazu hat das Gericht, welches am 11. Januar entscheidet.
Wer von den Gläubigern wann und was bekommen wird, ist unklar. Denn das Verfahren zieht sich weiter, und ein Abschluss ist nicht sichtbar. Bei nur 170 Millionen € im Administratoren-Topf stellt man sich unwillkürlich die Frage, für wieviel – oder wie wenig Geld – das Werk und Saab Powertrain an die Chinesen verkauft wurden. Einschließlich der Rechte am 9-3 und der Phoenix Plattform.
Das Verfahren ist leider nicht transparent, aber der Abschlussbericht und die Antwort auf unsere Fragen wird kommen. Irgendwann…
Text: tom@saabblog.net
Bild: saabblog.net
Wie kann das denn eigentlich alles angehen?
Youngman hätte doch für das SAAB-Werk und SAAB-Powertrain deutlich mehr auf den Tisch des Hauses gelegt als dies NEVS aller Wahrscheinlichkeit nach gemacht hat – wieso pennt die schwedische Presse und Öffentlichkeit in Sachen SAAB dermaßen, dass einem langsam die Galle hochkommt!?
Da NEVS nun bisher nicht mal richtig was auf die Reihe kriegt, läßt den Blutdruck auch nicht gerade auf Normalwerte zurückkommen – welche Spielchen werden hier eigentlich auf Kosten der ehemaligen SAAB-Angestellten und Zulieferer gespielt? Gibt es denn in Schweden nicht eine namhafte Persönlichkeit, die hier mal Tacheles redet?
hallo!
ich werd das dumme gefühl nicht los,das die einzige halbwegs
seriöse person,in diesem provinztheater ,v. muller war.der war
zwar auch nicht hasenrein,aber er hatte zumindest herzblut bei
der sache und hat gekämpft wie ein grosser.
für den rest wünsche ich ein frohes fest.
gruss greger
(saab fahrer seit sept.1982)
Es ist wirklich enttäuschend, das für so eine undurchsichtige Arbeit und Vergabe der Kultmarke solche Summen fließen sollen.
Daran sieht man- “in eigener Sache ist jeder ein milder Richter”.
Traurig für Schweden und das Image.
Und was die Presse betrifft, so ist es ja nix neues, das dort oft mit zweierlei Maß gemessen wird- je nachdem was mehr Schlagzeilen bringt oder wo die Lobby größer ist. Egal in welchen Land.
Jeder Handwerker der seine Arbeit nicht richtig ausführt, muss hier in Deutschland damit rechnen, das
er mängelfrei nachbessern muss oder in Absprache mit den Kunden prozentual Nachlass gibt.
Ansonsten wird solange nachgebessert oder eventuell neu produziert bis die Qualität stimmt.
Das sollte man solchen Herren in “Anzügen” wohl mal vor Augen führen, das es viele gibt die mit ihren Händen arbeiten und dies mit Leidenschaft tun- und dann auch dafür geradestehen wenn etwas schief geht. Daran sieht man – absoluter Realitätsverlust.
Im Fall von Saab würde das bedeuten: Mit eigenen Mittel dafür haften oder so lange arbeiten bis ein vernünftiges durchsichtiges Konzept – vor allem finanzierbar- auf den Tisch liegt.
Aber dann würde der Stundenlohn nicht mehr 15.000 bis 20.000 Euro betragen, sondern maximal 7, 50- wie für eine Reinigungskraft!
Traurig, traurig.