Komm ein bisschen mit nach Italien… (eine Saab Reise)
Es war einmal wieder an der Zeit, in die Ferne zu schweifen. Nach Süden sollte es gehen. Ich wollte Freunde in der Schweiz besuchen. Und so habe ich, weil es eine weite Reise ist, ein bisschen Programm drum herum gebaut. Vorne dran setzte ich die Anreise durchs Elsass mit der Möglichkeit, direkt hinter der deutsch-französischen Grenze in Scheibenhard E85 in meinen 9-3 1.8t BioPower zu füllen. Und hintendran……setzte ich einen Besuch in Italien, um mir einen SAAB 9000 CS anzusehen, den Tom vor einiger Zeit im Blog gezeigt hatte. Also: lasst uns einen Gang einlegen.

Die Fahrt ging am 1. April früh morgens ab Lüneburg los. Bei trockenem Wetter. Das aber änderte sich schon nach knapp 80 Kilometern grundlegend. Nördlich von Hannover schneite es, südlich von Hannover fuhr ich durch dichten Schneefall; oder besser: schlich. Geräumt war nichts und offenbar gab es schon Autofahrer, die auf Sommerreifen umgestellt hatten. Ein Stau aufgrund eines Glatteisunfalls. Erst südlich von Göttingen normalisierte sich die Lage und es konnte gemütlich weitergehen bis Scheibenhard.
Ich hatte mir selbst auferlegt, etwa 120 Km/h zu fahren, um a) zu sehen, wie ich durchkomme und b) um Kraftstoff zu sparen. Ich konnte schon nach der ersten Etappe sagen: Es war merklich entspannter und nicht langsamer als wäre ich 140 bis 160 gefahren.
In Scheibenhard an der Carrefour-Tankstelle standen zwei lange Autoschlangen, die meisten Wagen mit deutschem Kennzeichen. Alle standen tankdeckelseitenrichtig zur Zapfsäule. Da ich aber nicht 20 Minuten warten wollte, bin ich „falsch“ an die Säule herangefahren und war in zwei Minuten durch. An der Zapfsäule sah ich auch den Grund für die langen Schlangen.
Ab 1. April hat der französische Staat 15 Cent Abgaben auf alle Kraftstoffsorten erlassen; zuzüglich Mehrwertsteuer dann 18 Cent. Und so konnte ich für 71 Cent den Liter E85 in den Tank plätschern lassen. Was die Laune nochmal deutlich hob. Ich beneide die Franzosen, deren Regierung E85 stets als alternativen Kraftstoff angesehen und entsprechend behandelt hat. Aber wir sollen das halt nicht dürfen.

Nach einer schönen Fahrt durchs schöne Elsass und mit ab Colmar einsetzendem Regen komme ich nach knapp zehn Stunden an meinem Domizil in Kloten an. Der SAAB bleibt hier erst einmal abgestellt für die nächsten Tage. Ein Freund besitzt ein „GA“, ein Generalabonnement für den öffentlichen Verkehr in der Schweiz und kann mich im Rahmen einer Aktion zu einem sehr günstigen Pauschalpreis mitnehmen.
Am ersten Abend war es nicht so furchtbar weit, wir waren auf der Expovina, einer Weinmesse in Zürich. Schweizer Weine sind in Deutschland kaum zu bekommen, es gibt aber einige wirklich schöne solche aus dem Wallis. Dieses Mal jedoch hatten es mir israelische Weine angetan. Zwei Minuten vor dem Sabbat habe ich noch sehr schnell einen Bestellschein ausgefüllt. Danach wurde der Stand geschlossen.
Die Reise mit dem Zug führte an den nächsten zwei Tagen unter anderem nach Andermatt. Eine beschauliche Reise erst nach Chur und von dort mit der Rhätischen Bahn RhB und der Matterhorn-Gotthard-Bahn – beides moderne Schmalspurbahnen – über den Berg und wieder ins Tal.

Das Wetter war herrlich, der Blick grandios. Auch das Zugpersonal erfreute sich daran. Hier wie in meinem früheren Beruf als Zugbegleiter arbeiten wäre für mich wie Urlaub; jeden Tag. Ob ich mich beruflich nochmal verändern sollte?

Am 4. April verlasse ich die Schweiz und fahre via Luzern und Mailand nach Rovigo. In Stans, südlich von Luzern, tanke ich bei der Agrola-Tankstelle noch einmal E85 auf. Es ist die letzte Tankstelle mit E85 im Angebot vor der italienischen Grenze.
Der Verkehr auf den italienischen Autobahnen ist anders. Soweit ich das von der Fahrt Mailand – Venedig beurteilen kann. Es scheinen deutlich mehr Lkw als in Deutschland unterwegs zu sein. Und Geschwindigkeitsbegrenzungen sind eher eine Empfehlung, zumindest für die Einheimischen. Auf den Landstraßen geht es. Kurz vor meinem Ziel taucht hinter mir ein 9-3 Cabrio von etwa 2005 auf. Der Fahrer macht auf sich aufmerksam, wir fahren von einem Ort zum anderen hintereinander; was uns beiden Spaß macht.

Und dann bin ich in Rovigo. Der Verkäufer des SAAB 9000 vom April 1993 ist ein großer SAAB-Fan, genau wie sein Vater. Er besitzt mehrere 900 Cabrio und Coupé. Den zum Verkauf stehenden 9000 hat er sieben Jahre lang gefahren vom Kilometerstand 70.000 bis 111.000. Er wurde laut seinen Angaben regelmäßig nach Vorschrift gewartet. Und bei der Fahrt macht der Wagen wirklich den Eindruck, dass das Fahrwerk in Ordnung ist, ebenso Motor und Getriebe. Die Klimaautomatik bläst warme Luft ins Innere, sie kühlt nicht.
Ein Blick unter den Wagen zeigt: Der Zustand ist gut. Hier und da gibt es ein paar kleine Roststellen, jedoch zeigt sich der Unterboden von einer guten Seite.

Weitere Einblicke offenbaren, dass hier und da Rost zu finden ist, jedoch nichts, was nicht behebbar wäre.
Innen zeigt sich die Zegna-Polsterung in gutem Zustand. Hinten müsste sie auf der rechten Seite saubergemacht werden. Ansonsten: sehr schöner Zustand.
Das Lederlenkrad ist etwas klebrig und an einer Stelle beschädigt, auch der Schaltknauf klebt etwas. Hier wären eine Reinigung und etwas Farbe angebracht. Ansonsten aber ist der Eindruck gut. Es sind halt nach knapp 30 Jahren ein paar Dinge zu tun. Schaut selbst:

3.800,- Euro ruft der Verkäufer auf. Eigentlich nicht viel, man muss nur berücksichtigen, dass noch ein paar Dinge zu richten sind und der Wagen zu überführen ist. Ich stelle gern den Kontakt her! Denn ich habe den 9000 nicht gekauft. Es gab etwas noch Schöneres. Dazu in einem anderen Beitrag mehr.

Nach einem Abend in Padua bei Pizza mit Stäbchen – am Montagabend hatten fast alle Pizzerien geschlossen – ging es am Dienstag via Mailand und Zürich wieder zurück. In Zürich lud ich bei einem Weinhändler noch israelischen Wein ein, den ich am 1. April auf der Weinmesse bestellt hatte. Der Versandleiter war hocherfreut, als er den 9-3 sah. Ein Freund von ihm habe eines der letzten Cabrios in genau der gleichen Farbe. SAAB verbindet. Siehe auch die Fahrt in Italien.
Mit Auftanken erneut in Scheibenhard – mit exakt der gleichen Szene wie am 1. April. Und der Erkenntnis, dass man mit rund 120 Km/h mit einer Tankfüllung E85 problemlos die 630 Kilometer bis Lüneburg kommt. Und: dass der 9-3 SportCombi ein richtig angenehmes Auto ist auf solchen Langstrecken. Ich freue mich schon auf die nächste Reise. Und die wird dann nach Trollhättan führen.
Wie immer ein Vergnügen mit Christian auf Reisen zu gehen….
Danke. Macht Lust auf die verschobene „Grand Tour“ durch die Schweiz.
Saabige Grüße
Der Lizi
….während ich hier zeitgleich “Carnage à trois” aus der Serie “The Grand Tour” sehe 😉
In diesem Jahr soll es noch ein Special mit einer Tour Norwegen/Schweden/Finnland geben. Eigentlich htäten sie doch nach Trollhättan kommen müssen im Juni…..
Noch ist es nicht zu spät, sie einzuladen….
Sehr netter Bericht! Ich weine noch immer dem E85 hier in Österreich nach. Mit meinen Saab 9-3 SC BioPower war die merkliche Mehrleistung ein Traum, und dazu noch billiger und Nachhaltiger. Was wollte man mehr. Leider wurde E85 in Österreich sang und klanglos abgedreht. Der Finanzminister weiß sicherlich warum…
Danke für diesen spannenden Bericht aus diesem Teil Europas. Auch wenn man es vielleicht gerne zugibt, aber ja mit 120 kommt auch ans Ziel. Der Rest der Welt fährt auch so, und schaut trotzdem neidisch nach Deutschland wo auch 220 möglich sind.
Ich tue mir mit E85 etwas schwer, gibt es in Österreich eh nicht mehr, und meine Saabbetreuer hier und in der Slowakei und Tschechien rieten mir von E85 eher ab, sie vertraten die Meinung, dass die E85 qualität nicht gut sei. Einmal hatte ich noch die Gelegenheit etwas E85 zu tanken, konnte aber keine Unterschiede feststellen.
Hier in D hat mir niemand von Saab von E85 abgeraten. Habe fast nie etwas anderes getankt, so lange es noch ging.
Ob man einen Unterschied merkt, hängt von Modell, Motor und Software ab. Die erste Generation der Saab BioPower hatte ab Werk mit E85 ein sattes Plus an Leistung und vor allem Drehmoment. Hat man sie gehirscht, waren diese Daten auf höherem Niveau aber fast identisch und man hat nix mehr gemerkt …
Die zweite und letzte Motorengeneration der BioPower hat keinen Unterschied mehr zwischen E85 und Super gemacht.
Ach wie schön. Das liest sich prima. Schöne Bilder. Vielen Dank für das Vergnügen!
Einzig das thematisierte E85 versetzt mir einen Stich. Habe es nie verwunden, dass es in D ganz einfach abgesägt wurde …
Und das berührte Thema ist ja viel größer, trifft die Energieerzeugung und unsere Abhängigkeiten insgesamt. Wir sollten so viel Kohlenwasserstoffe wie möglich CO2-neutral und von Importen unabhängig aus Abfällen generieren – auch Gas.
Die Branche behauptet, sie könne kurz- bis mittelfristig 50% der dt. Gasimporte aus Russland ersetzen. Dass sie das nicht längst macht, weil es politisch in D nicht gewollt war, tut echt weh …
Dass sie es auch künftig nicht tun wird, weil man lieber auf LNG aus Fracking setzt, schmerzt auch. Wir haben (fast) nix gelernt. Erdgas vom NATO-Partner USA ist für die Umwelt auch nicht besser. Und auch über diese Abhängigkeit kann man sich in kommenden Jahren noch viel ärgern.
Ein toller Reisebericht – so macht die Mittagspause doppelt so viel Spaß!
Danke für den tollen Bericht! Wir (aus HH) wollen Ende August mit dem BioPower Cabrio in die Schweiz, mit einem kleinen Abstecher ins Elsass und – natürlich – mit erstem Tankstopp in Scheibenhard! Ich überprüfe schon regelmäßig (mit einer Mischung aus Vorfreude und Ärger über die deutsche Energiepolitik) die Spritpreise in Frankreich. Derzeit in Scheibenhard 69 Cent, noch billiger übrigens in Gambsheim bei Straßburg mit 64 Cent!!
In der Schweiz gibt es E85 ja wohl auch noch bei ein paar Agrola-Landi-Tankstellen, aber doch sicherlich deutlich teurer? Weiß das jemand? Oder kennt jemand eine Spritpreis-App für CH? Habe ich bisher noch nicht gefunden.
Für Frankreich (und andere Länder) sehr genial finde ich die App Benzinpreis-Blitz.
Saabige Grüße aus dem sonnenverwöhnten Norden (herrliches Cabriowetter seit Wochen)! 🙂
In der Schweiz gibt es bei einigen Agrola-/Landi-Tankstellen E85. Agrola hat eine Webseite für die Suche:
https://www.agrola.ch/de/mobilitaet/tankstellen/standorte/tankstellen.html
Bei vier ENI-Tankstellen bekommt man auch noch E85:
https://www.eni.com/de_CH/produkte-dienstleistungen/treibstoffe/ethanol-85/ethanol-85.shtml
Dort ist eine ständig aktuell gehaltene Liste abrufbar.
Wenn ich mich richtig erinnere, lag der Preis für E85 zwischen 1,85 und 1,92 Franken pro Liter. Damit ist E85 dort merklich günstiger als Super 95 oder gar 98.
Aber es ist kein Vergleich zur letzten Reise im vergangenen Spätsommer, als E85 rund 1,35 Franken kostete.
Hallo Christian,
danke für die Tipps, insbesondere die ENI-Liste freut mich, weil wir nach Montreux fahren werden und es laut Liste in Lausanne noch eine Tankstelle mit E85 geben soll. Sonst in der frz. Schweiz ja wohl nicht zu finden.
Die Agrola-Seite kannte ich schon. Schade, dass es in CH offenbar aber keine aktuelle App mit Preisen gibt, umso hilfreicher aber Deine Infos über die jetzigen Preise dort. DANKE! Vielleicht tanken wir auch nur in Frankreich – von Montreux aus ja auch ein Katzensprung.
Damals haette ich den Agrola App weil mein Saab 9-5 NG war auch ein Biopower.
In diese Jahren gab es noch E85 in Deutschland, Frankreich, Oestenreich und natuerlich Schweden.
Aber ich habe diese Agrola app geloesst wen ich meine 9-5 verkauft habe. Ich wuerde Agrola mal anschreiben.