Ein Treffen der Saab Generationen mit persönlichen Folgen

Ich folge dem Navi und genieße die Fahrt im Gustav – dem 902 V6 Cabrio, welches manch einem Leser bereits bekannt sein dürfte. Die unglaubliche Erstbegegnung mit Gentleman kommt mir wieder in den Sinn, und obwohl Wunder schwer zu wiederholen sind, insgeheim wünsche ich, dass es an diesem Morgen wieder geschieht…

Saab 9-3 Aero 2004
Saab 9-3 Aero 2004

An der angegebenen Adresse angekommen, könnte meine Verwirrung nicht größer sein.

Ich stehe vor einem scheinbar verlassenem VW-Autohaus an der Hauptstraße eines kleinen Ortes mit dem wunderbaren Namen Molins de Rei. Auf den Fotos im Netz war jedoch eindeutig eine Halle in Industriegebiet zu sehen. Ein Umzug wird gerade vollzogen erklärt mir Alex lachend am Telefon. VW hat es zum Jahresende geschlossen. Nähe zum Kunden heisst die Devise für das Team von „DriJoy“.

Der Hauptverkaufsraum ist noch leer, und Alex führt mich in die Tiefgarage. Sofort fällt mir auf, dass sowohl die Auswahl, als auch der Zustand der Gebrauchtwagen angenehm anders ist als üblich. Wir gehen an einem tollen Volvo C30, einem ungewöhnlich gutem Megane II mit 35k, Automatik (ein spanisches „No-Go“ übrigens) und Klimaanlage vorbei, und stehen vor dem Saab.

Er sieht in seinem Aero-Outfit und der unglaublichen Farbe sehr imposant aus.

Die Meinung, dass Rot und Saab keine glückliche Kombination sind, konnte ich noch nie nachvollziehen. Es wird mir aber auch sofort klar, dass sich das Gentleman-Erlebnis an diesem morgen nicht wiederholen wird. Leicht verstaubt steht er da.

Und als Alex ihn aus der Parkbox rausholt muss ich feststellen, dass hier Begriffe wie Aufbereitung oder Motorwäsche nicht zum Programm gehören. Bei diesem Thema scheiden sich die Geister. Ich mag es aber. Es ist für mich ein klares Zeichen dafür, dass an dem Auto nach der Terminvereinbarung nicht „rumgemacht“ wurde.

Alex ist angenehm zurückhaltend, beantwortet geduldig meine Fragen und lässt mich ohne das öfter erlebte Gebrauchtwagen Verkäufer Geschwätz gewähren. Ein paar in Spanien unvermeidbare Lackmängel, ein Riss im hinteren linken Blinker, locker sitzender Lichtschalter, und ein wenig feuchte Antriebswellen – mehr kann ich nicht finden.

Auch die von Tom und Juan angesprochen kritischen Stellen eines 9-3 II Cabrio bleiben ohne Befund. Die Papiere sind in Ordnung. Das Scheckheft brauchbar. Manipulationen am Kilometerstand sind in Spanien nahezu unmöglich.

Einer Probefahrt steht also nichts im Wege. Dass der Wagen 7k Kilometer mehr auf dem Tacho hat als in der Anzeige angegeben, übergehe ich großzügig. Wie sind in Spanien, und hier sieht man die Dinge nicht so eng. Mit der 1 und 4 stimmt es doch…

Ein gutes Auto - springt der Funke über?
Ein gutes Auto – springt der Funke über?

Wir fahren und der Saab macht, was ich von ihm erwarte: normale Temperaturentwicklung, ein unglaublicher Durchzug, gute Bremsen, keine besonderen Geräusche, sehr bequeme Sitze, alle Komfortfunktionen in Ordnung. Ich fange an mit Alex über Autos und das Leben zu schwätzen und merke erst langsam, dass irgendetwas doch nicht stimmt.

Es dauert ein wenig bis ich feststelle, was es ist. Ich bin es. Ich fahre ein objektiv tolles Auto und in mir passiert absolut nichts. Es ist unmöglich zu definieren, um was für Gefühle es sich handelt, da sie persönlicher nicht sein können. Ich weiß nur, das sie mich jedes Mal überkommen, wenn ich in einer meiner Sääbe einsteige. Egal ob 901, 902 oder 9k. Auch beim Gentleman war es sofort da. Ich versuche meine Wahrnehmung zu schärfen, mich einzulassen – ohne Erfolg.

Noch bevor wir wieder in der Garage ankommen weiß ich, dass der 9-3 nicht meiner sein wird. Und das meine persönliche Saabwelt zurzeit keine Veränderung benötigt. Gleichzeitig erwacht aber mein Beschützerinstinkt. Der Wagen ist gut, und mein Respekt vor der Marke groß. Die hiesige Saabszene und ihre Spaltung kennend kann ich die Möglichkeit nicht ausschließen, dass der Wagen schnell gekauft, auf unglaubliche PS – Zahl gebracht und tot geritten wird. Bei dieser Vorstellung blutet mein Saabherz.

Gustav - mein Saab Cabriolet
Gustav – mein Saab Cabriolet

Ich verabschiede mich von Alex mit der Bitte um ein wenig Bedenkzeit….

Als ich in mein Cabrio einsteige, kommt unbemerkt dieses Glücks grinsen über mein Gesicht wieder. Dieses Mal vielleicht ein wenig breiter als sonst, da ich bemerkt habe, wie in Ordnung meine Welt ist. In Bezug auf Saab zumindest….

Was den Red&Hot angeht werde ich den Gedanken nicht los, dass er „gerettet“ werden muss.

Dass es irgendwo jemanden gibt, der ihn gerne hätte, aufgrund der Gegebenheiten nicht an ihn herankommen kann. Auf dem Weg nach Hause beschließe ich mit Tom und Juan zu konferieren.

Vielleicht wird es doch noch ein Projekt.

6 thoughts on “Ein Treffen der Saab Generationen mit persönlichen Folgen

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    Hallo Lizi,

    das ist wirklich ein schönes Auto, auch wenn der Face-Lift Innenraum vielleicht noch besser aussehen würde. Allerdings habe ich es auch schon erlebt, dass der “Funke” nicht überspringt. Manchmal ist es aber auch eine Frage der Gewöhnung.

    Nachdem mein geliebter 9-3 I einen Unfalltod gestorben ist und ich auf einen 9-3 II umgestiegen bin dachte ich, “wo ist mein Wohnzimmer”. Heute steht es in der Garage 😉

    Sehr löblich ist der Gedanke, dieses Gefährt retten zu wollen. Gäbe es denn die Möglichkeit, mit Ihnen in Kontakt zu kommen? Falls das eine offentliche Frage sein sollte – ich nutze den Blog bisher nur als Leser.

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    Sehr löblich von Lizi, diese schützenswerte Schönheit unter seine Fittiche zu nehmen! Bin gespannt auf den Fortgang des Geschehens mit einem hoffentlich guten Ausgang für die schöne Rote! 🙂

    P.S.: Welches Rot ist es eigentlich? Merlotrot (284)? Eher nicht, zu dunkel. Ich tippe auf Chilirot (294). Richtig? Von der Farbe her könnte es auch Cayennerot (256) sein, aber das gab es ja wohl beim 9-3 II nicht mehr. In jedem Fall ein richtig schönes Weinrot, sehr sehr selten – wow!

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    Hatte bisher die Farbe rot auch nicht so auf dem Radar. Ein sehr schicker 9-3 🙂 Kann die Gedanken rund um Red&Hot gut verstehen.

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    Ich finde ihn auch schön! Wobei ich eher zum (Innenraum)Facelift Modell greifen würde. Von Außen ist er aber eine top Erscheinung.

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    Ja, kann man unterschreiben. Die alten Saab hatte eben mehr Seele. Die Neuen war dennoch toll.

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    Transformer

    Offen sieht er nochmals so viel besser aus, dass ich ihn heute kaum wiedererkannt habe. Schön.

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