Millionen für die Saab Automobile Insolvenzverwalter
Das Saab Automobile Insolvenzverfahren kommt zum Abschluss und verschwindet damit nach 10 Jahren aus den Medien. Die Insolvenzverwalter haben in Vänersborg dem Gericht ihre Abschlussrechnung präsentiert. Die gefällt nicht jedem, und aus der Ecke der früheren Saab Lieferanten kommt etwas Kritik. Verständlich, denn sie mussten massiv Federn lassen, während die Anwälte Millionen verdienten. Auch die Arbeitslosenquote in Trollhättan ist immer noch jenseits von rosig, obwohl viel Zeit vergangen ist.
35.6 Millionen für die Insolvenzverwalter
10 Jahre Arbeit, 35,6 Millionen € (367 Millionen Kronen) an Gebühren. Das ist das Ergebnis der Schlussrechnung, die dem Gericht in Vänersborg jetzt vorliegt. Rund 437 € (4.500 Kronen) berechneten die Anwälte pro Stunde, während sie den Konkurs der Saab Automobile AB aufarbeiteten. Es sei ein ungewöhnlich langes und arbeitsintensives Verfahren gewesen, sagen Anne-Marie Pouteaux und Hans L Bergqvist. Und sie seien froh, dass es dieses Jahr noch abgeschlossen werde.
Nicht glücklich sind die Lieferanten, denn die Millionen der Anwälte wurden der Konkursmasse entnommen. Fredrik Sidahl vom Verband der schwedischen Autoindustrie (FKG) bringt es dann auch auf den Punkt. Es sei Geld, das eigentlich an die Lieferanten hätte zurückfließen sollen, meint er. Er urteile nicht darüber, ob die Vergütung gerechtfertigt sei. Verstehe aber die Verärgerung seiner Verbandsmitglieder.
Arbeitslosigkeit in Trollhättan
Nach 10 Jahren endet das Insolvenzverfahren und auch die Arbeitslosenquote in Trollhättan hat sich fast normalisiert. Mit dem Ende von Saab schnellte sie auf 21 % hoch. Im Laufe der Jahre sank sie kontinuierlich ab, neue Arbeitsplätze entstanden, Trollhättan blieb mit vielen kleineren Firmen der Autoindustrie erhalten. Auch NEVS hatte zeitweise einen Anteil und speziell die IT Industrie sorgte für einen zusätzlichen Aufschwung. Aber viele frühere Saab Mitarbeiter pendeln immer noch täglich in Richtung Göteborg. Die kleine Stadt am Göta Älv hat den Verlust der Arbeitsplätze auch in 10 Jahren nicht wett machen können und wurde zum Vorort der schwedischen Metropole und zur Schlafstadt.
Heute liegt die Quote bei rund 10,4 %, sie hat sich seit Januar 2012 halbiert. Trollhättan rangiert aber immer noch über dem Landesdurchschnitt von rund 8,8 %. Es fehlt die Initialzündung und ein (neuer) großer Arbeitgeber in der Stallbacka.
81.465 Stunden sind das übrigens. Knapp 679 pro Monat über den enormen Zeitraum von 10 Jahren.
Man kann sich völlig frei entscheiden, ob man nun den Stundensatz oder den Mangel an Leistung und Effizienz für den jeweils größeren Aufreger hält.
Interessant wäre noch, wie hoch der Wert der verbliebenen Insolvenzmasse überhaupt noch war, nachdem NEVS und Orio sie frühzeitig größtenteils übernommen hatten?
In welchem Verhältnis stehen Honorar und Insolvenzmasse ab diesem (Zeit-) Punkt?
Es ist ein Skandal, was da an Kanzleien fließt. Als Gläubiger von Saab kann man das gar nicht anders werten, als eine Veruntreuung. Sie haben mein Mitgefühl. Für redliche und ehrliche Zulieferer muss das unerträglich sein – bis hin zu Zweifeln am System und einer Rechtsstaatlichkeit.
Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr regt mich es auf.
Warum gibt es ueberal eine Vereinbahrung das eine Arbeit auf eine bestimmte datum abgeliefert werden muss. Aber beim Konkurs lasst Mann die “Fachleuten” arbeiten so lange Sie denken das es notwendig ist.
Wen man soviel Geld pro Stunde verdienen kann und es gibt kein Enddatum, warum dan nicht weiter Geld einhohlen? Ethik kommt hier ueberhaupt nicht im Frage. Leider ist dies bei viele Konkursverfahren taegliche Realitaet.
Gut gesagt und erkannt.
Wenn Stunden (auch von Praktikanten) zum Satz der Kanzlei abgerechnet werden, gibt es keinerlei Anreize für ein kurzes und effizientes Verfahren.
Und umgekehrt haben Kanzleien aber auch keinen Anreiz, bei einem pauschalen Verdienst Zeit und Arbeit zu investieren.
Es braucht dringend Regelungen, die Juristen nach Leistung vergüten. Keines beider existierenden Modelle wird dem aktuell gerecht. Entweder ist Geld pauschal verdient, ganz egal wie wenig man tut, oder man schreibt Stunden ohne Ende.
So oder so, Zeit ist Geld und so mache Kanzlei lacht sich nachts in den Schlaf, wie leicht es verdient ist.
Das sind paradisische Verhältnisse in einem
sehr zentralen gesellschaftlichen Bereich. Es leiden viele und der Nutzen ist auf wenige Personen beschränkt. Das ist – um es so neutral wie möglich zu sagen – schlicht und einfach nicht mehr zeitgemäß …
Ca. 440 € Std.-Lohn, ich sehe es als Skandal an. Selbstbedienungsmentalität. Kann den Frust der Lieferanten verstehen.
Allerdings: auch in D sind die Std.-Sätze einiger Juristen ähnlich. Auch empfinde ich es als unverschämt.
Reformbedarf
Das Insolvenzrecht aber auch Vertragsrecht und die Juristerei sind insgesamt und weltweit sehr mittelalterlich …
Und der Bock ist der Gärtner, der Anteil der Juristen an den Berufspolitikern sehr, sehr weit über dem in der Bevölkerung.
Allein der Umstand, dass Geld schon mit der Unterschrift einer Prozessvollmacht zur Gänze verdient ist – unabhängig davon, ob man anschließend auch gut vertreten wird …
Oder das Notariat. Warum kann ich 2021 nicht einfach eine Schrottimmobilie kaufen und die Bürokratie selbst erledigen?
Einsicht ins Grundbuch, ob dem Verkäufer die Immobilie auch wirklich gehört? Das würden ein Amt und ein Käufer ja hoffentlich auch ohne Notar (und dessen horrenden Gebühren) über die Bühne bringen …
Der Bock ist der Gärtner und juristisch leben wir im Mittelalter – mitten in Europa. Ohne grundlegende Reformen wird sich das auch nicht ändern. Sie werden aber nichtmal laut gedacht. Keine einzige Stimme von Gewicht fordert sie ein und vor 1980 Geborene werden sie in diesem Leben mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht mehr erleben …