Saab 9000 in Schweden zum Rekordpreis versteigert

Auktionen von altem Blech sind in Schweden besonders spannend. Das Land propagiert die Elektromobilität, verbannt alte Autos aus den Ballungszentren. Die Schweden und die Liebe zum alten Blech? Sie könnte wackeln. Tut es aber nicht, wie die gestern zu Ende gegangene Versteigerung beweist.

Ein Saab 9000 CSE zum Rekordpreis versteigert
Ein Saab 9000 CSE zum Rekordpreis versteigert

Saab 9000 zum Rekordpreis versteigert

Die Überraschung kam von Saab. Eigentlich sogar in doppelter Hinsicht. Denn zwei Fahrzeuge dieser verblichenen Marke räumten kräftig ab. Während rundum Angebote von Porsche, Volkswagen oder Volvo Mühe hatten ihren Schätz- oder Mindestpreis zu erreichen. Der heimliche Star der Auktion war ein Saab 9000 CSE.

Ein Lotteriegewinn, mit nur 19.600 Kilometern auf dem Tacho. Schwedische Medien witterten erst sehr spät die mögliche Sensation und sprangen in letzter Minute auf den medialen Zug auf. Auch ich war mehr skeptisch als zuversichtlich bei meiner Vorstellung des Fahrzeugs auf dem Blog.

Denn der Saab 9000 CSE war, bis auf den Zustand und seine geringe Laufleistung, nichts Besonderes. Keine extrem gute Ausstattung, kein letztes Baujahr. Natürlich auch kein Aero oder eines der gesuchten Jubiläumsmodelle. Selbst die Historie war nicht spektakulär. Kein prominenter Vorbesitz, kein Vorserien Modell.

Dazu kam eine Farbkombination, die nicht jedem gefällt

Das alles zählte nicht. Der 9000 CSE erlöste souveräne 124.000 Kronen. Mit dem Aufgeld des Auktionators legte der Käufer 130.000 Kronen, umgerechnet fast genau 12.500 € auf den Tisch. Damit übertraf der große Saab den Schätzpreis von 70 bis 80.000 schwedische Kronen bei weitem. Eine Überraschung, und ein gutes Zeichen für die erste große Baureihe vom Göta Älv.

Das Preisniveau für den Saab 9000 ist in Schweden auf den Vormarsch, wobei man diese Aussage relativieren muss. Denn sie gilt alleine für gute Fahrzeuge, von denen es mittlerweile nur noch sehr wenige gibt. Sie sind gesucht, wechseln in der Szene den Besitzer. Nicht gefragt sind Ersatzteilträger und Fahrzeuge mit einer Liste an Problemen, wie sie Großbritannien mit dem Brexit bekommen wird.

Der optimale schwedische Klassiker

Der 9000 vereint alles, was man heute von einem Klassiker erwartet. Platz, Komfort, Flexibilität und Fahreigenschaften die ihn tauglich für den Alltag machen. Kein Auto, das Probleme bereitet, sondern eines das sie löst. Mit großer Ladefläche oder einem Platzangebot im Oberklasse Maßstab für 5 Freunde, die zusammen verreisen.

Die Technik ist robust und überdimensioniert, die Elektronik auf Haltbarkeit konzipiert und reparabel, wenn mal was kaputt gehen sollte. Perfekte Voraussetzungen für eine lange Partnerschaft und mehr als eine kurze Affäre. Die Frage ist lediglich wie man ein gutes Exemplar erwischt?

Saab 9-3 Aero 2004 über Schätzpreis verkauft
Saab 9-3 Aero 2004 über Schätzpreis verkauft

Ein weiterer Saab übertraf seinen Schätzpreis während der Auktion. Noch kein Klassiker, mit Wohlwollen ein Youngtimer. Ein Saab 9-3 Aero Cabriolet aus dem Jahr 2004. Eines mit dem Bussystem, das man bei Saab entwickelte, und das dann viel Ärger machte.

Wenn man so will, dann ist dieses Auto der letzte Saab, der wirklich einer ist

Die Baureihe wurde, im Guten wie im Schlechten, in der Stallbacka konzipiert. Mit dem ersten Facelift separierte GM das, was Probleme machte, und transplantierte problemlose Konzerntechnik. Der Saab wurde besser, zuverlässiger.

Aber, na ja, Sie wissen schon….

Im Normalfall sind die Vor-Facelift-Autos nicht so gefragt. Obwohl sie einige positiv-spezifischen Eigenarten haben, die man bei den späteren Modellen nicht mehr findet. Das Cabriolet wurde mit 100 bis 130.000 Kronen geschätzt. Erreicht wurden, vor dem Aufgeld des Auktionators, 175.000 Kronen. Umgerechnet sind das etwas mehr als 16.800 € für ein 16 Jahre altes rotes Cabriolet mit 100.000 Kilometern.

Ein Trend, oder nur ein Ausreißer? Oder die analoge Antwort auf den Druck von Digitalisierung und Elektrifizierung, den man markenübergreifend beobachten kann?

Bilder: Bilweb 2/2

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Roland
Roland
3 Jahre zuvor

@Andeu: Ein Auto ist ein Gebrauchsgegenstand, der genutzt wird und werden soll. Ein gewisser “Verbrauch” ist da immer, egal wie gut die Pflege ist. Irgendwann will man evtl. auch etwas neueres fahren und das alte muss dann weg. Nicht jeder möchte sein Auto 50 Jahre fahren, auch keinen Saab. Modernere Auto können (fast) alles besser…das will nur niemand mit einem “älteren” Auto zugeben. Das heißt aber nicht, dass sie auch mehr Spaß machen.

Volvaab Driver
Volvaab Driver
3 Jahre zuvor

Anddeu bringt es salopp und knapp auf den Punkt.

Die Saab-Welt ist gleich doppelt zweigeteilt. Es gibt wertstabile Modelle, sogar Wertzuwachs und noch immer solche, die kaum Wertschätzung erfahren.

Und es gibt zwei Fahrertypen. Vereinzelt sieht man Saabs sogar mit Saisonkennzeichen – explizit nur für den Winterbetrieb.

Solche 900 II / 9-3 I sind mir schon mehrfach begegnet. Die werden von passionierten Motorradfahrern mit einem Faible für den Norden im winterlich dt. Stadtverkehr auf Kurzstrecken gnadenlos runtergerockt.

Auch die Brot & Butter 9-5 vor dem NG mit Lücken in der Ausstattung (etwa Stoff- statt Ledersitzen) werden häufig als Verschleiß- und Wegwerfobjekte bewegt, behandelt und auch so gehandelt. Die Preise sind im Keller.

Reparaturen lohnen sich nach Lesart der Runter-Rocker nicht. Ein neuer Turbo? Eine neue Kupplung? Viele Saabs sind froh, dass sie überhaupt noch Benzin bekommen und wenn jährlich der Ölstand kontrolliert wird.

Und dann gibt es umgekehrt Saab-Fahrer, die immer alles machen oder machen lassen, dabei nicht auf den aktuellen Marktwert schielen, weil dieser kein gültiges Kriterium für sie ist, weil eine neue Kupplung in ihrem Saab den gleichen Nutzwert hat, wie in einem anderen Auto und deshalb auch das gleiche kosten darf. Ebenso wie ein Ölwechsel oder was auch immer notwendig ist.

Ich fürchte, dass uns erst noch die Mehrheit aller aktuell zugelassenen Saabs verlassen wird, bevor sich eine Marktsituation ergibt, in der dann nahezu alle Saabs nur noch in wertschätzenden Händen sind. Und ich fürchte, dass das weitere Einschnitte in der Ersatzteilversorgung mit sich bringt.

Aber insgeheim wissen wir das doch alle schon ewig und drei Tage. Als ich 2009 eine Chrombrille kaufte und im Kreise von Freunden und Familie wie bei Autos üblich, meine Entscheidung begründen sollte, lag das Ende der Marke längst greifbar in der Luft.

Ich habe im vollen Bewusstsein nicht nur trotzdem, sondern genau deshalb (wieder) einen Saab gekauft. Es war die vielleicht letzte Chance – und um es positiv zu wenden, wo sonst konnte man zwischen 2009 und 2011 seltene und alltagstaugliche Neuwagen erwerben, die mit allem Für (Exklusivität) und Wider (Ersatzteilversorgung) mit hoher Wahrscheinlichkeit im Zeitraffer zu einem Klassiker und einer Art Oldtimer mutieren würden?

Eine hohe Wertstabilität oder gar frühe Wertsteigerung hatte ich dabei nicht im Sinn. Von Enttäuschung keine Spur. Exklusiver und besser hätte ich die letzten 11 Jahre für so schmales Geld gar nicht unterwegs sein können. Passt schon alles. Nur schade, wenn trotzdem viele Saabs unter die Räder geraten.

Ich halte es für falsch, den Zeitwert, Reparatur- und Servicekosten gegeneinander aufzurechnen. Der Nutzwert sollte der entscheidende Faktor sein. Alles andere ist Wegwerfgesellschaft.

Ebasli
Ebasli
3 Jahre zuvor

Der Lizi – begrenzte Stadtfahrten nur gegen Bezahlung?

Das ist ja unglaublich und total bekloppt! Welche Kriterien muss man denn erfüllen, um in diesen erlauchten Kreis zu gehören? 🙁 Unter Euro xy? Oder geht das nach Alter oder CO2-Ausstoß oder wonach??? Und gilt das in allen spanischen Städten ab einer bestimmten Größe? Würde mich schon interessieren, für den Fall, dass ich vielleicht doch mal eine Tour mit dem Cabrio nach Spanien unternehme. Vielen Dank im Voraus für eine kurze Info!

Schönes Wochenende mit sonnigen Saab-Ausfahrten in der schönen spanischen Land(!)-schaft wünsche ich! 🙂

Alter Schwede
Alter Schwede
3 Jahre zuvor


Das finde ich jetzt ziemlich hart formuliert (Verbrauchsfängen). Ich denke auch bei den täglichen Nutzern gibt es viele die mit Herz und Leidenschaft dabei sind. Bin aber ganz bei Ihnen wenn es darum geht die mit ach und krach fahrtüchtig gehaltenen Fahrzeuge aus den Fängen der “Verbraucher” zu befreien.

Der Lizi
Der Lizi
3 Jahre zuvor

Glückwunsch an die neuen Besitzer. Gerade ein 9000 in diesem Zustand ist kaum noch zu finden. Und es scheint, als würde das großartige Fahrzeug allmählich die Anerkennung bekommen, die es verdient…. Auch ich hatte vor einiger Zeit das Glück einen 9k in einem unglaublichen Zustand und 90 Tausend Kilometern zu finden. Es wäre nur zu wünschen, dass wir unsere Schätze noch lange fahren dürfen…. die Regulierungswahn greift um sich. Ich werde mich wohl von einem meiner Sääbe in Spanien trennen müssen, da ich demnächst – Corona bedingt etwas später als ursprünglich geplant – nur 10 Mal in Jahr in die Stadt darf. Vorangemeldet und gegen Bezahlung…. Darüber nachdenken zu müssen welches der Schätze ich abgeben soll, bereitet mir manchmal schlaflose Nächte….. Aber nur manchmal. Glücklich die, die in der heutigen Zeit solche „Probleme“ haben.

Gruß an die Gemeinde

Der Lizi

Anddeu
Anddeu
3 Jahre zuvor

Das ist schön zu lesen. Wenn jetzt noch die (meist) jüngeren Saab aus den reinen “Verbrauchsfängen” kämen, wäre das ein guter Schritt für den Erhalt.

Alter Schwede
Alter Schwede
3 Jahre zuvor

Schon erstaunlich. ich finde das aber gut. So langsam scheint die Zeit zu kommen wo gute Autos ihren Wert finden. Wenn ich allerdings sehe zu weichen Preisen das 9-3 I Cabrio gehandelt wird, muss ich schon schlucken, bei dem Wissen was ich in meinem investiert habe. Bin mal gespannt wann die Preise dort einen vernünftigen Weg finden.

Robert
Robert
3 Jahre zuvor

….und wieder bemerkenswerte Preise für 2 Saab Modelle. Nach dem 96 final edition in 2018.
So ein Saab 9000 CSE ist die analoge Antwort auf die in jeder Beziehung überfrachteten PKW‘s von heute: er ist praktisch, unkompliziert und sogar übersichtlich, das alles für entspanntes Fahren.
Digital akzeptiere ich nur, notgedrungen, bei E-Autos.
Meinen schöne alte Burg, einen Volvo XC 70, auch so ein analoges Teil, werde ich wohl nie mehr hergeben….

Ebasli
Ebasli
3 Jahre zuvor

Ja, für das Cabrio, zumal aus der Vorfacelift-Reihe, wundert es mich auch – ist aber großartig! Ich finde dieses Ferrari-Tomaten-Rot für Saab-Cabrios auch nicht so toll, wie Hans zurecht schreibt. Es gab mal ein schönes Weinrot-Metallic, das war sehr hübsch! Ich denke aber auch, dass es die Kombi rot-schwarz-weiß (beige) so interessant gemacht hat. Wobei ich diese Kombi andersherum großartig fand, nämlich beim ersten 900er Cabrio: cremeweißer Lack (sonst gar nicht mein Fall, aber da sensationell), schwarzes Verdeck und weinrote Ledersitze. Das war ein Traum!

Hier waren es aber auch noch diese speziellen Sitze in der schwarz-weiß Kombi mit Mittelnaht. Das ist ganz hübsch. Noch wesentlich hübscher fand ich diese wirklich großartige Idee von Saab der Sitzgestaltung dann aber in den letzten Modellen, wie z.B. in den orangefarbenen Griffin Independence Cabrios: Ganz schwarz mit weißem Mittelstreifen und weißen Nähten (todschick) oder umgekehrt in beige mit Schwarz (nicht ganz so mein Fall, aber hübscher als die Kombi bei dem 2004er). Ist aber natürlich alles Geschmackssache und es freut mich sehr, dass dieses Schätzchen so gewürdigt wurde und es sicherlich gut haben wird! Ginge das doch bloß allen verbliebenen Saabs so!

Schönes Wochenende allen Saab-Fans und sonnige Ausfahrten! 🙂

Hans S.
Hans S.
3 Jahre zuvor

Den Zuschlag für den 9000er wundert nicht wirklich. Sind einfach tolle Autos. Und der ist ja praktisch neu.

Beim roten Cabrio, Baujahr 2004 wie bei meinem lime Cabrio, bin ich doch etwas verwundert. Rot ist jetzt nicht gerade die Farbe die einem Saab echt gut steht und 100000km sind auch nicht wenig. Allerdings, es ist ein Aero und innen mit hellen Polstern. Rot und helle Polster ist wohl eine ziemlich seltene Kombination.
Wünsche den neuen Besitzer viel Freude mit ihren Saab!