Ein Saab sorgt für Gelassenheit

Die Geschichte beginnt an einem leicht verregneten, grauen Tag im Spätherbst. Ich mache mich auf den Weg einen Saab 900 8V aus Mitte der achtziger Jahre zu besichtigen. Auf der Fahrt gehe ich nochmals alle Schwachstellen durch und vergewissere mich, auf was ich alles zu achten habe.

Saab Trip nach Trollhättan
Saab Trip nach Trollhättan

Es ist mein erster Saab den ich besichtige. Hier wird mir bewusst, dass sich die Zahl der zu beachtenden “Wehwechen” in Grenzen hält, vergleicht man mit anderen Fahrzeugen. Am Ziel angekommen folgt eine ausführliche Begutachtung innen und außen.

Nur leichte Schwachstellen – ich bin beruhigt und schon jetzt ein bisschen verliebt. Eine Probefahrt verläuft zunächst gut. Auf einem Supermarkt-Parkplatz noch einmal eine ausführlichere optische Inspektion. Auch hier offenbaren sich keine gravierenden Mängel. Doch dann ein kleiner Schock: der Wagen startet nicht mehr.

Beim Dreh des Schlüssels nur ein langes leiern, aber kein Starten des Motors. Meine Gedanken rasen und ich gehe im Kopf alle für mich in diesem Moment präsenten Störfaktoren durch: Batterie? Diese scheint geladen, da die Beleuchtung funktioniert und es auch ein Geräusch beim Starten gibt. Anlasser? Scheint ebenfalls ok. Nach einigen Minuten dann der nächste Startversuch. Es klappt. Der Saab läuft und ich bin erleichtert. Beim Verkäufer angekommen folgt eine ausdauernde Preisverhandlung, die ich am Ende entscheiden kann.

Der Saab begleitet mich mit nach Hause. Ich bin überglücklich. Die Fahrt in heimische Gefilde genieße ich in vollen Zügen. Über die Autobahn geht es mit gemächlichen 100 km/h – ein Gefühl von automobiler Freiheit stellt sich ein.

Am Abend stehe ich lange am Fenster und blicke mit Stolz auf den Neuerwerb – endlich ein eigener Saab, denke ich. Bis dato hatte ich gelegentlich den Saab 9000 meines Vaters bewegt. Schon bei diesen Fahrten wurde ich von Saab geprägt und positiv infiziert. Der 9000 überzeugte mich vollends von der Marke Saab, durch die gehobenen Austattung und das einmalige Fahrgefühl – Eine Mischung zwischen dezenter Sportlichkeit und laufruhiger Eleganz.

Wieso dann der Kauf eines 900, wird sich jetzt der ein oder andere Fragen? Zum einen aufgrund des Oldtimer-Status und zum anderen aufgrund der Formgebung und des Designs. So kam ich auf den Saab 900.

Nach dem Kauf ging es ohne große Umwege in die Werkstatt zum Saab-Spezialisten. Seitdem ist die Startproblematik Geschichte. Es folgten einige kleinere Reparaturen aus eigener Hand mit Unterstützung eines befreundeten Automechanikers. Achja. Für die sich jetzt nach der oben genannten Startproblematik fragen: Hier war letztendlich die Einstellung der Zündung zu korrigieren. Die Leerlaufdrehzahl wurde auch angepasst, das Kühlwasser erneuert und der Kühler getauscht. Es gab eine neue Ventildeckeldichtung. Als nächstes folgen noch eine Neu-Abdichtung des Getriebes und der Tausch des Mitteltopfes des Auspuffs, sowie weitere kleinere Instandhaltungsarbeiten.

Seit dem Kauf habe ich mit dem Saab viele schöne Momente erleben dürfen. Den Trip nach Schweden hat er ein halbes Jahr nach dem Kauf wunderbar mitgemacht und zog auf heimischen, schwedischen Straßen die Blicke auf sich. Ein schöner Urlaub der voraussichtlich zum Saab-Treffen am Saab Automuseum in Trollhättan eine Wiederbelebung erfährt.

Mit dem Saab unterwegs zu sein gibt mir jedes Mal ein Gefühl von Freiheit und absoluter Gelassenheit. Mir wird jedes Mal auf deutschen Straßen im 900 bewusst, mit welch immenser Hektik sich die Menschen im Straßenverkehr bewegen. Beispielsweise auf der deutschen Autobahn: Da wird gedrängelt, geschnitten, gerast und es herrscht eine enorme Aufregung. Ein Erlebnis was ich z.B. auf schwedischen Straßen mit Tempolimit äußerst selten erlebe. Ich plädiere für mehr Gelassenheit – Nicht nur auf der Straße. Ein Saab kann dabei helfen 😉

Saab lebt weiter. In unseren Gedanken und jeden Tag auf der Straße!


Danke an Tim Wagelöhner für diese Saab Geschichte! Wie fährt es sich im Alltag mit einem älteren Saab? Was erlebt man, wie reagieren Freunde, Kollegen und die Familie? Mit Nachsicht, Begeisterung oder Mitleid? Wie hält man den Saab am Leben, was erlebt man mit Ersatzteilen und Werkstätten, wie optimiert oder restauriert man den alten Schweden?

Ein weites Themenfeld für die “Saab Geschichten 2019!”. Herausfordernd, aber auch interessant. Wie sieht es bei den Fans aus, wie stark schlägt das Saab-Herz im Alltag? Schreibt es uns, es lohnt sich!

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troll 90
troll 90
5 Jahre zuvor

Hallo,

danke für den schönen Bericht! Kann mich dem Verfasser nur anschließen.

Ich besitze beinahe das identische Auto. Nur als 2.1-16V Schrägschnauzer, außerdem ohne jede Sonderausstattung.
Selbst an diesem Auto vermisse ich absolut nichts. Und es funktioniert einfach. Ich fahre damit genauso gern wie mit dem Cabrio oder dem 9000CC Turbo.

troll 90

Eric Raehmisch
Eric Raehmisch
5 Jahre zuvor

Einfach SAAB, Einfach Schön, einfach unerreicht!

Jan_HH
5 Jahre zuvor

Gerade der letzte Absatz spricht mir aus der Seele. Ich sehe das genauso, grade wenn man mal nicht solche verbastelten Neuwagen fährt sondern einen “alten” SAAB und dementsprechend fährt stellt man erst so richtig fest was auf deutschen Straßen so abgeht. Tolle Story und sehr schön geschossene Bilder !

Herbert Hürsch
Herbert Hürsch
5 Jahre zuvor

WUNDERSCHÖN

Ein in sich stimmiges Auto und ein in sich ruhender Fahrer. Perfekt. Schöne und zeitlich passende Felgen. Schlanke A- und B-Säulen und ein viertes (!) Seitenfenster in der zweigeteilten C-Säule. Dazu noch eine große Heckscheibe. Ein analoges Auto, welches im doppelten Sinne noch für rücksichtsvolle Fahrt und analoge Parkmanöver konzipiert wurde.

Bei jüngeren Autos vermisse ich den guten Rundumblick, der für die meisten Fahrzeuge der 1970er und 1980er so selbstverständlich war. Heute sind immer mehr rollende Trutzburgen mit Schießscharten auf dem Markt. Deren Fahrer schießen tatsächlich. Nämlich wild durch die Gegend. In Ermangelung einer eigenen analogen Sicht werden sie zunehmend von Kameras, Radar, Navigations- und Einparkhilfen gelenkt. Einem US-Soldaten, der von seiner Heimatbasis aus eine Drohne am Monitor durch Afghanistan steuert, immer ähnlicher. Digital Warfare on the Streets als vermeintlich bessere Zukunft? Das kann und darf es nicht sein. Es ist jedenfalls absolut nicht mein Ding …

Schön, dass es auch und noch immer anders geht (siehe oben). Vielen Dank an Tim Wagelöhner für die gute Story.