Saab Elektroauto (Part 2)

Die letzten Zeugen des Saab e-Power Concepts sind immer noch unter uns. Auch an Orten, wo wir die Fahrzeuge auf den ersten Blick nicht vermuten würden. Ein Saab Elektroauto aus der Testflotte, ein e-Power Sportkombi fährt immer noch in Schweden und ist 2012 in Privatbesitz gewechselt.

BAIC SAAB EV in Peking. © Christian Buttkereit
BAIC SAAB EV in Peking. © Christian Buttkereit

Mehr Saab e-Power findet man in China. Ausgerechnet in Peking, in einigen Bereichen der verbotenen Stadt, sind Elektrosaabs zu finden. Sie sind nicht auf den ersten Blick zu identifizieren, denn sie tragen das BAIC Logo, sind aber echte Schweden. Wie kam es dazu? Eine Spurensuche !

Getarnte Schweden in der verbotenen Stadt.

BAIC hatte von Saab nicht nur die alten Saab Motoren, Getriebe und den Saab 9-5 OG gekauft, im Paket waren auch 50% der Pre-Facelift Saab 9-3 Limousine verpackt. Die Rechte lagen damit jeweils zur Hälfte in Trollhättan und in Peking. Die aktuelle Limousine hingegen gehörte 2010 zu 100 % GM, mit einer Lizenz an Saab und dem Recht, Unterlizenzen zu vergeben. Diese undurchschaubare Konstruktion führte dazu, dass sowohl GM als auch BAIC Rechte an Teilen der Phoenix Plattform hielten. Ein Umstand, der später bei den Insolvenzverwaltern und heute bei NEVS für einige Probleme sorgt. Aber das war damals noch nicht zu erahnen.

Trollhättan plante “Entwicklungshilfe” für BAIC – die Weiterentwicklung der Plattformen und der Aufbau einer Modellpalette waren angedacht, die erwarteten Erträge bereits im Geschäftsplan 2011 eingeplant.

BAIC und Saab waren damit eng miteinander verflochten, und auch das e-Power Konzept fand das Interesse und die Aufmerksamkeit der Chinesen. Irgendwann im Winter 2010 oder Frühjahr 2011, die Fakten sind nicht ganz klar, gingen erste Fahrzeuge von Schweden nach China. Es sind die Elektroautos, die wir sowohl als Polizei- als auch als Behördenfahrzeuge eines Energieversorgers in Peking sehen können.

Eine falsche Entscheidung macht Geschichte.

Die Beziehung zwischen BAIC und Saab, oder besser gesagt zwischen Victor Muller und Xu Heyi erkaltete allerdings schnell. BAIC, damals noch Partner von GM, plante Saab komplett zu übernehmen. GM fand das gut, Muller war nicht abgeneigt. Die Verträge waren bereits ausgehandelt, Muller hätte in kurzer Zeit einige Millionen verdient, die Saab Automobile AB würde es heute noch geben.

In der sprichwörtlich letzten Minute stieg Muller aus, BAIC war zutiefst verärgert, das Ende von Saab war besiegelt. Muller hatte, was er nicht ahnte, von diesem Augenblick an keine Chance mehr in China. Er galt fortan bei der Administration als unzuverlässig. BAIC ist ein Staatskonzern, dem man besser keinen Wunsch abschlägt, wenn man weiter in China Geschäfte machen will.

Alles, was dann folgte, war ein Kampf gegen Windmühlen, ohne jede Chance. Warum er den Verkauf und einen ordentlichen Profit ausschlug, ist spekulativ. Die schwedische Regierung gab ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als die Transaktion besiegelt werden sollte, grünes Licht für den Einstieg von Muller Freund Antonov. Ehemalige Saab Mitarbeiter sehen das als Grund. Muller hatte damals, so sagen sie, Dollarzeichen in den Augen. Gemeinsam mit seinem russischen Freund sah er die Option auf noch mehr Gewinn.

Muller hat das Spiel verloren, eine einzige Fehlentscheidung kann Geschichte nachhaltig verändern. Die Saab Automobile AB ist Vergangenheit, auch das e-Power Konzept. Die damaligen Kooperationspartner von Saab sind heute mit anderen Partnern aktiv, NEVS muss viele Dinge von Grund auf neu entwickeln und tut sich schwer damit.

Die Saab Elektroautos,  unter dem BAIC Label in Peking unterwegs, sind die letzten Zeugen einer möglichen Erfolgsgeschichte. Leser, die in China unterwegs waren, senden immer wieder Bilder dieser Fahrzeuge, heute sind sie auf dem Blog zu sehen.

Text: tom@saabblog.net

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Dave
Dave
9 Jahre zuvor

Danke Tom! Dein Artikel ist turbo-spitze

Zsolt
Zsolt
9 Jahre zuvor

Ich habe mich schon etwas über die so unberechenbaren, unseriösen und unzuverlässigen Chinesen gewundert… Man muss ja alle Fakten kennen und Dank Tom ist das ja jetzt der Fall!

Rainer
Rainer
9 Jahre zuvor
Reply to  Zsolt

Ich finde es unpassend das chinesische Volk als unzuverlässing zu bezeichnen. Es hat etwas mit Toleranz zu tun. Wenn Tom’s Informationen stimmen ist das eine gute Recherche. Verhandlungen mit China sind anders zu führen siehe hier:
http://www.chinaseite.de/china-wirtschaft/china-verhandlungen.html
Das gehört zum 1×1 der erfolgreichen Verhandlungsführung. Was Investoren zu den Entscheidungen führen ist Spekulation.

Zsolt
Zsolt
9 Jahre zuvor
Reply to  Rainer

Es scheint, dass meine Worte fehlinterpretiert wurden. Ich hätte da Anführungsstriche verwenden sollen, da ich mich auf hier veröffentlichte Meinungen bezogen habe. Toleranz habe ich übrigens gaaaanz viel!

X900
X900
9 Jahre zuvor

Noch mal zum Thema NEVS und Dongfeng. Die Chinesen haben nochmals bestätigt kein Interesse zu haben.

http://www.carnewschina.com/2014/08/25/dongfeng-motor-corporation-is-not-interested-in-nevs-saab/

Aero 9-3
Aero 9-3
9 Jahre zuvor

Wichtige Info, die Du, Tom, geliefert hast! DANKE.
Wenn BIAC am EL.-Motor dran ist, warum sollte dann eine chin. Stadt sich zusätzlich an einem Unternehmen wie NEVS beteiligen???? Zumal NEVS alt SAAB mitbringt…..Das manche Kader da “not amused” sind, ist beinahe verständlich….Die Geschichte nimmt an Spannung zu….dramatisch!

Peter
Peter
9 Jahre zuvor

So würde ein Schuh daraus. Der 2. asiatische Hersteller der die Phönix Plattform mit fertig entwickeln und nutzen will ist Baic . Wenn die am Anfang schon mal daran beteiligt waren wissen die was sie daran haben und möchten die Sache zu Ende bringen. Vielleicht kommt ja dann im Gegenzug etwas von dem alten E-Auto Know How wieder nach Schweden zurück.

Steve
Steve
9 Jahre zuvor

Danke für die Info – das mit Victor habe ich nicht gewusst ! Da liegt der Hund begraben … Warum Kai jetzt aber das Elektrofahrzeug ein zweites Mal entwickelte wissen wir immer noch nicht – das wird sicher spannend zu erfahren …

Detlef Rudolf
Detlef Rudolf
9 Jahre zuvor
Reply to  Steve

Elektrofahrzeuge werden natürlich von NEVS entwickelt, damit neben den herkömmlichen Fahrzeugen auch ein SAAB EV für den Verkauf zur Verfügung steht – es werden schließlich nicht nur in China Elektrofahrzeuge gefahren.

An der PHOENIX-Plattform hatte BAIC, nach damaligen Berichten, nur einen sehr kleinen Anteil (Anfangsstadium) – damit wäre es durchaus möglich, dass BAIC an der nunmehr fortgeschrittenen PHOENIX-Entwicklung interessiert ist und es sich damit um den zweiten Verhandlungspartner neben Mahindra handelt.