Rückspiegel. Turbo Festung Saab Werk.
Die Zufahrt zum Haupttor wurde neu geteert, die Grünanlagen teilweise neu angelegt. Wer das Saab Werk aus der Vergangenheit kennt, der sieht die Veränderungen in Trollhättan auf den ersten Blick. Wurde in den letzten Jahren unter GM nur noch das investiert, was nötig war, um den Betrieb am Laufen zu halten und dann unter Spyker gar nichts mehr, sind die aktuellen Aktivitäten spür- und sichtbar.

Kann man manche Dinge noch als kosmetische Operation einordnen, so sind andere Verbesserungen im Bereich Sicherheit zu suchen. Neue Zäune, Sichtschutz in den Blickachsen und – zum ersten Mal seit vielen, vielen Jahren – ein komplett blickdichter Platz für die Test- und Prüffahrzeuge. Die Zufahrt zur Teststrecke und zum Nordtor kann jetzt durch zwei Schranken komplett gesperrt werden. Saab 2.0 macht dicht, das ist klar. Bisher wurde das Thema Sicherheit mehr ” liberal ” gehandhabt. Diese Zeiten sind vorbei !

In den vergangenen Jahren konnte man sich, wenn man es darauf angelegt hatte, relativ einfach in manchen Betriebsteilen umschauen. Ein neues Zugangssystem, das wohl den neuen Sicherheitsanforderungen entspricht, macht damit Schluss. NEVS investiert viel Geld, und das tut nur jemand, der sich für eine lange Zeit am Standort Schweden einrichten will. Aktuell entstehen 150 neue Arbeitsplätze direkt bei Saab 2.0 und, da kann man sicher sein, weitere bei den Firmen, die im Dunstkreis des Werks ihr Zuhause haben.
Die Niederlassung der Saab Parts AB ist vor Monaten vom Nordtor in den Technikbereich umgezogen und beschäftigt dort 50 Spezialisten im Distributions- und Technikbereich, welche wiederum zum Teil NEVS zuarbeiten. Im Kernbereich des Werks ist NEVS alleine, denn auch Vicura und Semcon sind in angrenzenden Technikkomplexen zu Hause. Das garantiert kurze Wege und eine enge Anbindung, quasi quer über den Parkplatz hinweg, an Saab 2.0. Wer sich fragt, ob der alte Saab Geist immer noch lebendig ist, der bekommt eine positive Antwort. Mehr als 70 % der früheren Saab-Ingenieure arbeiten nach wie vor im Einzugsbereich des Werks und meist direkt oder indirekt für Saab 2.0.
Die Neuauflage der Marke geht ihren Weg und arbeitet an nichts Spannenderen als der Wiedergeburt einer Legende. Dass man mit der Produktion des klassischen 9-3 weder Rekorde aufstellen wird noch Vergleichtests gewinnen kann, das ist klar. Darum geht es auch nicht. Die Marke soll belebt werden, soll Präsenz zeigen. Das Händlernetz soll vor der drohenden Erosion geschützt und gesichert werden. Was sich hinter den Festungsmauern tut, macht daher Sinn. Der Neustart mit dem Saab 9-3 als Klassiker ist keine romantische, sondern eine logische Sache. Denn nichts ist schlimmer als ein kaltes, totes Autowerk. Die Produktion des 9-3 in realistisch niedrigen Stückzahlen im Einschichtbetrieb ist der erste Schritt. Eine Fingerübung, um sich warm zu laufen, bevor es richtig ernst wird. Mit einem erprobten Produktionsteam wird die Einführung des Nachfolgers, basierend auf der Phönix Plattform, der darauf folgende Paukenschlag.
Im Herbst soll es soweit sein. Die Bänder sollen laufen, die ersten Autos auf die Märkte rollen. Elektroautos aus Trollhättan gehen dann überwiegend nach China. Geringere Stückzahlen bleiben bei uns, was dem Image der schwedischen Marke als innovativer, kleiner Hersteller sicher gut tun wird. Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb bleiben vermutlich in Europa und in den USA. Welche Motoren unter der Haube sein werden, ist ein großes Geheimnis.Vor einigen Wochen erschien man in Trollhättan plötzlich und nur für einen kurzen Moment ungewohnt gesprächig. Aber nur sehr kurz, dann wurde die Zugbrücke erneut hochgezogen, bevor essentielle Dinge nach außen kamen.
Nichts dringt aktuell durch die dicken Mauern, und entsprechend blühten in den letzten Tagen auf dem Festival die Spekulationen. Ein paar Beispiele: Die alten Saab Motoren kommen zurück. Unwahrscheinlich, weil damit die geltenden Abgaswerte nicht erreicht werden. Motoren aus Japan? Vermutlich nicht, da ist die nächste Vermutung realistischer. Die Motoren, so das glaubwürdigste Gerücht, kommen für den klassischen 9-3 von einem europäischen Hersteller. Wirklich wichtig ist die Herkunft im Moment nicht. Entscheidend ist, dass die neuen Eigentümer zur Saab DNA stehen, was sie mehrfach versichert haben. Saab hat eine lange Tradition mit Fremdmotoren, und wenn der Turbo unter der Haube Fahrspaß macht und zur Marke passt – warum nicht?
Wer ganz genau hinhört, dem fällt auf, dass sich die Sprachregelung leicht geändert hat. Vor Monaten sprach man von einem Turbomotor. Jetzt spricht man von Motoren, und man kann davon ausgehen, dass die Fraktion der Dieselpiloten ebenso bedient wird wie die der Benzinerfraktion.
Bisher hat man hinter den Zäunen des Saab Werks alles richtig gemacht. Auch wenn weniger – als von uns, den Fans, gehofft – nach außen dringt. Saab 2.0 investiert viel Geld in die Fabrik und in die Zukunft der Marke. Langfristig, wie es scheint. Am 22. September ist kalendarischer Herbstbeginn. Die schwedischen Sommerferien sind dann bereits seit einem Monat Geschichte, vielleicht auch die lange Zeit der Geduld. Der Neustart der Kultmarke könnte eine einzigartige, spannende Geschichte werden !
Text: tom@saabblog.net
Bilder: saabblog.net
Bei den Dieseln liegen bei Fiat noch 8-9000 rum, wie ich neulich gelesen habe. Ich vermute mal, dass die auch verwendet werden. Und auch bei Benzinern könnte Fiat einspringen. Es wird nicht unbedingt BMW werden. Obwohl das bei den Vorplanungen schon Sinn machen würde.
Das würde die Teilelogistik erstmal vereinfachen solage noch die jetzige Grundkarrosserie verwendet wird. Ich bin mit meinem “Italiener” Bj 2011 bisher auch recht zufrieden, aber schafft man damit die aktuellen Abgasgrenzwerte?
Start im Herbst 2013? Saab wird nur in Produktion gehen, wenn Aufträge da sind. Aufträge kommen von Kunden. Kunden wollen wissen, was sie bestellen und wann sie das Produkt bekommen. Bisher habe ich nirgendwo gelesen, dass auf irgendwelchen Märkten Prospekte von in absehbarer Zeit zu kaufenden/ bestellenden Saab-Neufahrzeugen aufgetaucht wären (Tom, ist da was in Erfahrung zu bringen?). Von Lieferfristen ganz zu schweigen. Ich denke, dass deshalb frühestens 2014 ernsthafte Bewegung in eine Produktion kommt (vorher vielleicht 0-Serie zu Test- und Propagandazwecken).
Ich bin aber auch gespannt …
In erster Linie muss man einen Grundbestand für die Märkte die man beliefern will produzieren. Schon das “Grundlager” war in früheren Zeiten etliche 1000 Fahrzeuge. Preise/Prospekte/Händlerverträge (!) sind ab Herbst 2013 denkbar, eine Auslieferung in Kundenhand ab Anfang 2014. Es gibt viele offene Fragen und der Herbst wird sehr spannend. Das mal so als Einschätzung der Lage.
Super Beitrag ! Ich denke solche positiven Meldungen braucht die “geschundene” SAAB – Seele. Danke Tom !!Die nächsten Wochen und Monate bleiben spannend. Alles wird gut !?!?
DANKE für den wieder einmal guten (sachlichen) optimistischen Artikel! Zwar steht der Sommer z. Zt. vor der Tür/Fenster…doch die Vorfreude auf den Herbst ist eben auch da!!!
DURCHstarten geht sowieso NUR mit einem Turbo!!! Also, warten wir auf den Spätsommer/Herbst….
Zitat: Bisher wurde das Thema Sicherheit mehr ”liberal” gehandhabt. Diese Zeiten sind vorbei!
Das macht Mut. Eine (positive) Überraschung wäre keine Überraschung, wenn bei der Vorbereitung jeder über die Schulter gucken würde …
… wenngleich Überraschung zunächst auch “nur” Wiedergeburt des 9-3 (auch mir leider zu klein) heißen mag.
Immerhin ein Anfang!
Zitat: Wer ganz genau hinhört, (…)
Na ja, inzwischen ist es doch viel erwähnenswerter, wenn irgendwo ein klassischer Saugmotor verbaut ist. Wer sagt heute schon noch Turbo (egal ob Diesel oder Benziner), wenn er nicht auch noch Bi- oder Tri- gleich dazu sagen kann?
In das Wort Motor ohne Zusätze würde ich mal nicht zuviel hineininterpretieren. Wie auch immer, ich tippe auf BMW und diese Verbindung würde mich freuen.
ich danke Tom für diesen Beitrag – sachlich und soweit wie möglich fundiert und außerdem noch optimistisch. Es geht dabei um die Zukunft. Weiter so! Das finde ich spannender als Berichte über die Reparatur älterer Autos.
Spannender ist es sicher, aber “alte” Autos gehören eben dazu!
Und das Reparieren älterer Modelle kann auch Spaß machen – wenn schon nicht während der Reparatur, dann doch zumindest danach, wenn eine Reparatur erfolgreich abgeschlossen ist.
Danke für den Artikel! Für mich unterstreicht er die Ernsthaftikeit von NEVS bei dem Unternehmen SAAB! Die Zuversicht wächst 🙂
Das mit den “Investitionen in den Standpunkt” macht mich langsam immer zuversichtlicher! Sehr schön! 🙂
Leider ist ein 9-3 (so schön ich den {bis auf die Rückleuchten} auch eigentlich finde) kein Auto für mich bzw. eigentlich “Teile der Familie” (aus Platzgründen in “2. Reihe”).
Hmmm, hoffentlich wird der “Relaunch” aber so erfolgreich, dass dann schon bald wirklich ein ganz neuer Wagen (mit etwas mehr Platz im Innenraum) nachfolgt.
Auf der Phoenix Plattform ist dann alles möglich, auch ein Saab mit mehr Platz im Innenraum!
Stimmt. Und Mattias Bergman hat es in dem NEVS Vortrag auch gesagt : “We’ve bought the PhoeniX plaftorm and consider it as an important part”.
Hi Tom!
Lebst du noch?
Ich schaue jeden Tag nach einem Lebenszeichen……aber nix!? 😉