SAAB News: Das Leben der Anderen

In Schweden ist es seit dem Verkauf der Saab Automobile AB ruhig geworden. Für die Saab Administratoren ist ein Teil der Arbeit getan, und was zwischen dem Käufer und möglichen weiteren Partnern läuft, kommt nicht an die Öffentlichkeit. Zeit für einen kleinen Rundblick. Was machen die Anderen ?  Was macht Mahindra, lange Zeit als möglicher Käufer gehandelt ? Was ist mit Qoros, wo viele Saab-Mitarbeiter eine neue Heimat gefunden haben, und was gibt es von Victor Muller und Spyker zu erzählen?

Qoros Design von Gert Hildebrand

Mahindra & Mahindra

Bis in den September herein galt es für viele Kreise in Schweden als ausgemacht, dass Mahindra in irgendeiner Form bei Saab investieren würde. Dann versiegten die Nachrichten, und seitdem herrscht absolute Stille. Öffentliche Statements gibt es nicht, und ob der chinesische Investor mit den Indern verhandelt und es wie angekündigt zu einer Zusammenarbeit kommt, das wissen nur diejenigen, die es betrifft.

Während wir rätseln, was sein könnte, marschiert Mahindra unbeirrt weiter in Richtung Westen. In Spanien wird noch in diesem Jahr das erste SUV der Inder, der XUV 500, eingeführt. Dann wird es Schlag auf Schlag gehen. Ein kleines SUV, der Mahindra Quanto, steht in den Startlöchern und wird auf den XUV 500 folgen. Der Quanto greift, in einem europäisierten Trim, den Dacia Duster frontal an. Die Inder meinen es ernst. Ähnlich im Preis bietet Mahindras kleines SUV modernste Technik statt abgelegter und neu aufgewärmter Renault Komponenten. Im Quanto arbeitet der erste sequentiell aufgeladene Dreizylinder Turbodiesel der Welt. Renault kann sich schon mal warm anziehen.

Mahindra Quanto

Mahindra legt eine beeindruckende Performance an den Tag und viel Selbstbewusstsein. Mit Recht. Während wir im alten Westen dazu neigen, uns als im Fahrzeugbau führend anzusehen, hat Mahindra bereits andere Hersteller als Kunden im Visier. Die Inder spielen dabei die eigenen Stärken aus. Mahindra-Saytam entwickelt ein Multimedia- und Konnektivitätssystem für den automobilen Einsatz, welches nicht nur in eigenen Fahrzeugen zum Einsatz kommen soll. Wer die Qualitätsschübe indischer Softwareentwickler in den letzten Jahren verfolgt hat, der kann ahnen, was Mahindra da auf den Weg bringen könnte.

Der Konzern aus Indien wäre der Partner für Saab gewesen. Schweden und Indien hätten in gleicher Weise profitiert. Saab wäre an einen Eigentümer gekommen, der mit Weitblick und ausreichenden Ressourcen die Marke zu neuem Glanz hätte führen können. Und Mahindra hätte eine europäische Traditionsmarke als neues Juwel im Konzern gehabt. Eine schöne Vorstellung, nur scheinbar ohne Realitätsbezug.

Noch ist Deutschland ein weisser Fleck auf der Landkarte von Mahindra Europe. Noch ! Und Mahindra ist nicht die einzigste neue Automarke, die an unsere Tür klopft.

Qoros

Erinnern wir uns an Eric Geers? Der ehemalige Saab Pressechef hatte in Trollhättan zuletzt einen undankbaren Job. Denn schlechte Nachrichten sickerten durch gezielte Indiskretion und Illoyalität zur Presse durch, und Geers hatte für Monate die Aufgabe eines Feuerwehrmanns, der Brände löschen musste. Sein neuer Arbeitgeber, Qoros Auto in Shanghai, hat auch Probleme. Aber Probleme der anderen Art, und als Leid gewohnte Saab-Fans können wir sagen:  es sind Luxusprobleme.

Es wird ernst. Qoros startet 2013

Bei Qoros arbeiten momentan, neben 20 ehemaligen Saab Managern, 550 Menschen. Bis zum Jahresende sollten es 1.200 sein und laut Geers ist es schwierig, das benötigte Personal zu bekommen. “Unser Problem ist nicht finanzieller Natur” sagte Geers letzte Woche in Paris gegenüber der Presse, “unser Problem sind fehlende personelle Ressourcen”.

Für Qoros wird es ernst. Das Werk in China ist fast fertig, ab Januar soll es bereit sein, bis zu 150.000 Wagen pro Jahr zu produzieren. Auf dem Genfer Autosalon wird Qoros sein erstes Produkt präsentieren, ein Auto, das in vielem anders sein soll.  Man kann gespannt sein, denn Qoros Chefdesigner Gert Hildebrand ist einer der Väter hinter der Erfolgsgeschichte des Mini von BMW und zeichnete 10 Jahre für dessen Design verantwortlich. Qualitätsdesign und Luxus aus China. Qoros könnte den Benchmark setzen, denn die Vorbereitungsphase war lang und nichts wird dem Zufall überlassen.

Qoros Logo

Ein internationales Vertriebsnetz ist im Aufbau, und Bewerbungen sind dem Newcomer aus Shanghai willkommen. Nach der Limousine sollen schnell ein Schrägheck (?) und ein SUV folgen. Auch eine elektrische Lösung ist in Vorbereitung. Ob in einem Qoros Saab-DNA steckt, wie Geers gerne erzählt, sehen wir 2013 in Genf. Wir werden vor Ort sein.

Spyker

Da wäre noch die Victor Muller Geschichte und seine Klage gegen General Motors. Muller möchte 3 Milliarden US $ vom ehemaligen Saab Eigentümer, weil seiner Meinung nach GM am finalen Scheitern die Schuld trägt. GM hatte auf die Klage überraschend um Fristverlängerung gebeten, und am Wochenende kam dann die Antwort.

Saab PhoeniX Concept, mit eXWD
Saab PhoeniX Concept, die Zukunft für Muller und Youngman?

Natürlich, alles andere wäre die Überraschung des Jahres gewesen, weist GM die Klage zurück und sieht sich dabei im Recht. Jetzt kann das Gericht entscheiden, und wenn Muller auf einen außergerichtlichen Vergleich gehofft hatte, dann lag er daneben. Willkommen auf dem Boden der Realität !  Die Chancen gegen GM gehen gegen Null, die Buchhalter in Detroit werden keinen einzigen Cent freiwillig herausgeben. Wer derartige Hoffnungen oder Visionen hegt, der träumt. Ob Mullers Geldgeber wirklich einen Mammutprozess unter diesen Vorzeichen finanzieren wollen, werden wir sehen.

Muller möchte, wie bekannt, zusammen mit Investor Youngman die Phoenix Plattform zur Serienreife bringen. Dann Autos für das gehobene Marktsegment bauen. Ein mutiger Plan, der Milliarden Investitionen erfordert.

Die Autobranche – fragil und im Umbruch

Fiat, Opel und Ford werden in diesem Jahr in Europa Milliardenverluste produzieren. Der PSA Konzern ist in Not. Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Überkapazitäten sind seit Jahren das Problem in einem gesättigten, europäischen Markt. Nur wer rechtzeitig auf Fernost gesetzt hat oder über eine starke Markenidentität hat, macht gute Geschäfte. Gleichzeitig klopfen neue Hersteller an die europäische Tür.

Newcomer wie Qoros und Mahindra haben die nötigen Milliarden, um langfristig erfolgreich zu sein. Sie haben auch die Mitarbeiter, zumindest zum Teil, und an den Qoros “Luxusproblemen” sehen wir, dass Geld alleine nicht alle Probleme löst. Eine Marke muss begehrenswert sein, einen attraktiven Standort haben, um dort anzuheuern. Qoros hat auf der Attraktivitätsskala die 100 % noch lange nicht erreicht. Die Marke arbeitet dran.

Stellt sich die Frage, was Muller und Youngman zu bieten haben, um im Konzert der Großen mit zuspielen.

Text: tom@saabblog.net

Bilder: Qoros (3), Mahindra (1), Saab Automobile (1)

 

 

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Fritz
Fritz
11 Jahre zuvor

Qoros könnte mit diesem Designchef einiges auf die Beine stellen. Was geht sieht man ja an Kia/Hyundai wo europaisches oder soll ich sagen Frankfurter Design alles verändert hat. Bin mal gespannt was kommt.

Yves
Yves
11 Jahre zuvor

Hi Tom

Spannend, wie kann Müller mit Spyker die Phoenix Plattform fertigstellen wenn er Sie doch gar nicht hat? Denn diese ist ja noch immer im Eigentum von SAAB oder NEVS, auch wenn diese eine relativ unsymphtischen touch haben. Diese Verschwiegenheit ist nun wie soll ich es ausdrücken, eher unbefriedigend…

Ein frohen Montag wünsche ich

Yves