SAAB 9-3 Modellgeschichte
von André Braß, Unna
1998 betrat der 9-3 die große Saab- Bühne. Mit Veränderungen von über 1.100 Teilen konnte man nicht von einer kleinen Modellpflege des unglücklichen 900 der zweiten Generation sprechen, sondern eher von einem neuen Auto. Äußerlich nahmen sich die Saab- Designer um Einar Johan Hareide vor allem der Front- und Heckpartie an.

Die Frontpartie erhielt dabei den neuen Kühlergrill des im Jahr zuvor vorgestellten Saab 9-5 mit, im Vergleich zur Vorgängerversion, etwas breiteren Linien und einem Mittelsteg mit angedeuteter Flugzeugform, die sich immer wieder in irgendeiner Form über die Jahrzehnte seit Firmengründung wiederfand.
Diese Betonung der Gemeinsamkeit zwischen den Modellen folgte einer Saab- Tradition. Schon die frühen 9000 teilten sich die Vorderansicht mit dem ersten 900 (erst mit der graden, später mit der schrägen Schnauze), sowie später die 900 der zweiten Generation mit dem späteren 9000. Im Vergleich zum 900 der zweiten Generation, dessen Design noch unter Björn Envall entwickelt wurde (dem Designer z.B. des 99 Combi Coupes, dem 900 oder dem ersten Konzeptwagen EV-1), wurde vorne auch das Design der Stoßfänger geändert.
Weiterhin folgten sie der Saab Innovation, dass sie nach Stößen bis 8 km/h wieder ihre ursprüngliche Form annahmen, wie sie einst im 99 debütierte. Hinten wanderte der Platz für das Nummernschild zwischen die Leuchten, die eine neue Farbgebung erhielten (angelehnt an 9000 und 9-5).

Den 9-3 gab in den Karosserieformen Schrägheck- Limousine, Coupe und Cabrio. Das Cabrio gehörte dabei zu den wenigen Viersitzern auf dem Markt. Während die Limousine und das Coupe vor allem in Trollhättan vom Band liefen, wurde das Cabrio in Uusikaupunki, Finnland, gefertigt.
Innen übernahm der 9-3 die Tachografik mit der asymmetrisch gegliederten Geschwindigkeitsskala bis 140 km/h aus dem 9-5. Die Idee hinter dieser weiten Tachoskalierung war, dass die Ablesbarkeit in diesem Geschwindigkeitsbereich verbessert wurde. Außerdem sollte der Fahrer damit verleitet werden eher etwas langsamer unterwegs zu sein (bei der Stellung der Tachonadel auf 140 km/h wäre man bei einer „normalen“ Skalierung schneller unterwegs).
Weiterhin gab es das „Night Panel“, mit dessen Betätigung alle nicht benötigten Anzeigen mit Ausnahme des Tachos ausgeblendet werden, um den Blick des Fahrers in der Nacht nicht unnötig von der Straße abzulenken. Das stetige Sicherheitsdenken zeigte sich hier auch wieder im Detail. Die Tachobeleuchtung reicht dann auch wieder nur bis zur beschriebenen 140 km/h- Marke. Nur wenn der Fahrer den Wagen oberhalb dieser Marke beschleunigt, zeigt sich auch die übrige Skala.
Neben Airbags im Lenkrad und im Beifahrerbereich finden sich Airbags auch in den Seitenlehnen der Vordersitze, die sich bis hoch zum Kopf aufblasen. Daneben erhielt der 9-3 auch Vordersitze mit aktiver Kopfstütze (SAHR; Saab Active Head Restraints), die im Falle eines Aufpralls den zurück schleudernden Kopf frühzeitig auffangen und damit schlimme Verletzungen verhindern sollen. Seitenaufprallschutz in den Türen und eine Ausformung der Sitze, die im Unglücksfalle ein Durchrutschen unter dem Gurt verhindert (Anti- Submarining), waren bei Saab schon vorher obligatorisch und fanden auch ihren Weg in den 9-3. Daneben gab es auf allen Sitzplätzen (5 in Coupe und Limousine, 4 im Cabrio) Dreipunkt- Sicherheitsgurte.

Bei den Motoren setzte Saab wieder auf seine bewährten Zweiliter- Benziner mit 130 PS oder als Turbo mit 185 PS. Im ersten Jahr konnte auch noch der 2.3 Liter- Saugmotor mit 150 PS bestellt werden. Danach wurde dieser Motor durch einen 2.0 Liter Turbo mit 154 PS ersetzt. Nach Umstellung des Motormanagements von Trionic 5 auf Trionic 7 kam diese Variante auf 150 PS.
Premiere feierte der erste Dieselmotor in einem Saab. Der 2.2 Liter Diesel mit anfangs 115 und später 125 PS war ein rauer Geselle, aber gleichzeitig auch ein zuverlässiger Dauerläufer, der heutzutage jedoch zunehmend durch Umweltzonen ausgerottet wird (sofern der Besitzer nicht frühzeitig in eine Partikelfilter- Nachrüstlösung investiert hat, die heute nicht mehr lieferbar ist).
Das Einstiegsmodell bildete 1998 das 9-3 Coupe mit dem Zweiliter- Basis- Benziner. Es kostete in der kleinsten Ausstattung neu 37.950 DM (= 19.404 Euro). Die teuerste geschlossene Variante war 1998 der Fünftürer mit dem 185 PS- Turbomotor. Mit der höheren Ausstattungslinie SE standen 59.950 DM (= 30.652 Euro) in der Liste. Die teuerste Art 1998 einen 9-3 zu fahren war als Cabrio mit dem 185 PS- Turbomotor und der SE- Ausstattung. Dann wurden mindestens 72.250 DM (= 36.941 Euro) fällig und auch die 80.000 DM- Marke war mit ein paar Extras zusätzlich zur reichhaltigen Ausstattung zu durchbrechen.
Doch bei diesem Motoren- und Ausstattungsangebot blieb es nicht. Neben einem kurzen Gastspiel eines 200 PS- Turbomtors im Modelljahr 1999, schob Saab 1999 zum Modelljahr 2000 den Aero nach, der einen Zweiliter- Turbomotor mit 205 PS bekam. Außerdem gab es äußerlich andere Front-, Seiten- und Heckschürzen. Innen wurden Sportsitze verbaut.

1999 erschien auch ein Wagen auf der Bühne, der sich nahtlos in die große Saab- Tradition der „Krawallfahrzeuge“ 99 Turbo und 900 Turbo S einreihte, der Viggen. Er feierte seine Weltpremiere im März 1999 in New York und seine Europapremiere im April 1999 in Leipzig. Der Viggen erhielt den bekannt starken 2.3 Liter Turbomotor (aus 9000 und 9-5) mit 225 PS (später 230 PS). Äußerlich bekam der Viggen andere Stoßfänger vorne und hinten, sowie andere Seitenschweller. Dieses Paket gab dem Wagen ein sehr schickes und zeitloses Äußerers, das auch heute noch frisch wirkt. Nebenbei senkte es auch den Luftwiderstandswert des Wagens. Zum Modelljahr 2001 bekam auch der Aero die Optik des Viggen (mit Ausnahme des Heckflügels), sowie später die Last Edition des Cabrios. Innen gab es für den Viggen neue Sportsitze, die Saabs Stärke von hervorragenden Sitzen fortführten. Auch sie fanden später ihren Weg in den Aero.
Im Laufe der Jahre gab es noch mehrere Sondermodelle. Dazu gehörten die Modelle Force, Sport Edition, Anniversairy, Design Edition oder Last Edition.
Der 9-3 war wieder ein Erfolg für Saab. Nach etwa 5 Jahren endete am 08.05.2002 die Produktion des 9-3 als Limousine und Coupe in Trollhättan. Das Cabrio wurde in Finnland auch noch 2003 gebaut (sowie auch noch ein paar geschlossene Modelle für Skandinavien). Insgesamt wurden in der kurzen Zeit 433.445 Fahrzeuge hergestellt. Mit dem 9-3 der ersten Generation endete auch die Saab- Tradition der Combi- Coupe genannten, praktischen Schrägheckform, die im August 1973 mit dem 99 präsentiert wurde, über den 900 der ersten und der zweiten Generation, sowie dem 9000 formell weitergeführt und weiterentwickelt wurde. Den Nachfolger gab es nur als konventionelle Limousine oder Kombi (und natürlich Cabrio).
Die 9-3 nahmen den gleichen Weg wie die 9000, denen oftmals als reine Alltagsautos keine Beachtung geschenkt wurde. Gute und gepflegte Exemplare sind immer schwerer zu finden. Speziell gut gewartete Aero- oder Viggen- Modelle sind rar geworden und werden gesucht. Einen kritischen Blick und besondere Pflege sollten Eigner oder Interessenten eines 9-3 im zunehmenden Alter z.B. den Federbeinen widmen, die zu früh anfangen zu gammeln. Insgesamt sind die 9-3 aber zuverlässige Fahrzeuge, die -gute Pflege vorausgesetzt- im besten Saab- Sinne Kilometer für Kilometer begleiten und Vergnügen bereiten.
Bilder: Saab Automobile, saabblog.net
Was wird denn jetzt wirklich mit Saab? Ist das wirklich dann so, daß wir so tolle Autos wie 9-5 oder 9-3 mit ordentlich Spaß und Power unter Haube nicht mehr kaufen können? Werden wir also alle zu Youngtimer-Fahrern verdonnert, wenn wir unserer Marke treu bleiben wollen?
Irgendwie kann ich mir das so alles nicht vorstellen, wie es werden wird.
Und selbst wenn – es gibt schlimmeres, als Youngtimer-Fahrer zu werden.
Ich sag immer: Ein Rock’n’Roller fährt keinen Neuwagen 😉
Ich hatte eh noch nie einen Neuwagen mit meinen 40 Jahren ;-), mit dem gesparten Geld habe ich lieber etwas anderes gemacht, z.B. Immobilien gekauft. Aber für unseren guten Gebrauchten brauchen wir schon mal Neuwagennachschub 😉
Hej,
jag verstö inte …… nein – ich schreibe in deutsch
Ich versteh auch nicht warum der 900II unglücklich sein sollte. Ich habe ein 97er Cabriolet mit 170.000 KM gekauft und viele außerplanmäßige Werkstattbesuche gab es nicht (Servopumpe und Lichtmaschine wurden in 2011 getauscht). Ich habe das Auto dann im Frühjahr verkaufen müssen, weil es diesen Sommer nach Schweden geht (hoffentlich für immer) und ich dort keine 3 Autos brauche.
Jedenfalls war mir das Auto nach 65.000 KM an Herz gewachsen und ich würde mir gerne wieder einen kaufen. Naja – in Schweden habe ich ja genug Auswahl …..
🙂
Gruß aus Niederbayern.
Hejdå
…..Umweltzonen in Bundesländer, bezw. Städten in Deutschland? Da lass ich mich dann gern einmal überraschen. Wie viele Vorschriften es doch heute gibt??… ich kann da nur staunen…
Grüsse aus der Schweiz
Ja, so geht es mir auch als Österreicher. Ich war in München, dann wurde mir gesagt, daß ich das gar nicht darf ;-(, weil mein Saab zu alt, war da gerade 8 Jahre alt, 9-5 2,2 TiD, also Diesel und ganz pfui, weil der braucht den falschen Kraftstoff, wenn auch wenig, und hat keinen Partikelfilter etc. Ich fahre ihn so mit 5,8 bis 6,5 Liter auf 100 Km, aber das interessiert ja keinen.
Für mich ist das der perfekte Lobbyismus der deutschen Autoindustrie, damit die Menschen nur noch neue deutsche Autos kaufen, die ja alles mögliche mit höchsten technischen und anfälligem Aufwand erfüllen, Euro 6 und was es da alles gibt, mit Start-Stopp und Harnstoffeinspritzung etc. Sonst bräuchte diese Autos ja kein Mensch 😉
Ein hervorragendes Auto und für mich irgendwie einer der letzten richtigen Saabs, v.a. im Design. Der 9-3 II sah mir nicht mehr so nach Saab aus, jedenfalls vor dem Facelift. Ich sehe das so, Probleme gibt es grundsätzlich mit jedem Auto. Wir sollten nicht vergessen, daß die jüngsten 9-3 I 10 Jahre alt sind, da ist die Premiumkonkurrenz schon längst auf dem Schrott, 3er, A4 und C-Klassen aus der Zeit sind aus dem Straßenbild verschwunden, die Alfas schon viel länger.
Ich habe zwei 9-3 I, Basisbenziner aus 1999 als Coupé und die Limousine als 2,2 TiD mit 125 PS aus 2002, ein richtiger Dampfhammer mit guten Sound. Für mich die einzig richtigen Motoren, weil diese nicht die Öl-Sumpfproblematik haben wie die Benziner. Dort worden einige Motoren hinweggerafft, auch aus meinem erweiterten Bekanntenkreis. Dieser Vermerk fehlt mir hier. Zum Glück gibt es auch in Österreich noch keine schwachsinnigen Umweltzonen, in Deutschland bin ich trotzdem mit meinem Diesel in diese gefahren, ist gut gegangen, hat keiner gemerkt 😉
Wenn es einer gemerkt hätte wärs aber teuer geworden. Ölschlamm Probleme gibts nur bei billigem Öl, viel Kurzstrecke und nicht eingehaltenen Ölwechsel Intervallen. Alle 10.000 KM -> Mobil 0 W40 und gut ist es.
Ciao
M.
Ja, es waren Gebrauchtwagen, wahrscheinlich haben die Vorbesitzer geschlampt, und irgendwann rächt es sich dann. Ein Versäumnis, was man dann nicht mehr kurieren kann.
Würde mich mal interesieren wie das mit den Umweltzonen bei ausländischen Fahrzeugen gehandhabt wird. Wenns sowas zum Beispiel in Österreich nicht gibt , dann haben die ja am Fahrzeug auch nicht diese ampelfarbigen hübschen Kleber wie wir. Woher also sollen unsere deutschen Ordnungshüter den wissen wer da darf oder nicht ? Vieleicht weis da jemand bescheid ?
Hallo,
Umweltzonen gelten auch für ausländische Fahrer/innen, welche in die Umweltzone einfahren. Diese haben sich, bevor Sie eine Umweltzone befahren, eine Plakette an das Auto zu pappen.
Hier ist ein Link dazu:
http://www.auto-motor-und-sport.de/news/umweltzone-plaketten-auch-fuer-auslaender-715177.html
Gruß
Uwe
Genauso ging es mir, ich wußte es ja gar nicht. Ich habe das erst später mitbekommen, daß man mit einem ziemlichen aktuellen Auto, 9-5 aus 2003, das kaum Diesel braucht, nicht nach München darf ;-( Aber alle SUVs mit 30 Liter Super als Stadtverbrauch kurvten lustig herum.
Ganz so schlimm ist das deutsche Trio nun auch nicht – eine Zeitlang bin ich auch immer wieder leihweise einen 13 Jahre alten A4 (2.6-Liter-Motor) mit 300.000 km gefahren, ohne Probleme. Aber dann kam der SAAB…
Was mich viel mehr interessieren würde, und wo wir grade schon von Umweltplaketten reden: Vor einigen Tagen berichtete Tom hier über einen Saab mit Totalschaden (den von Gallix). Wie man auf diesem Bild erkennt, hat der eine grüne Umweltplakette:
http://saabblog.net/wp-content/uploads/2012/07/Saab-9-5-Horst.jpg
Ich frage mich, welches Baujahr und welche Motorisierung der hatte. Er ähnelt schon etwas meinem, dem 9-5 2.3 t SE von 1999. Ich hätte aber höchstens eine gelbe Plakette bekommen – wenn ich eine beantragt hätte. Zum Glück sind Umweltzonen im Saarland aber rar…
Also du bekommst auf jeden Fall grün mit deinem 2.3t, es bekommen ja sogar 9000er mit den Motoren grün…
Solltest evtl. mal wo anders nachfragen. Mir wollte vor 2 Jahren auch bei einem Jahreswagen jemand erzählen, er hätte keinen Dieselpartikelfilter…
Habe heute einen 9-3 I als Ersatzwagen und genieße es… 🙂
Hallo Andre,
“des unglücklichen 900 der zweiten Generation” – ein Beitrag, wieso der 900 II so unglücklich gewesen sein soll, würde mir und anderen stolzen 900II-Besitzern helfen, zu verstehen, was an diesen durch und durch zuverlässigen Fahrzeugen unglücklich gewesen sein soll. Ich hatte einen 98er 9-3 SE turbo und jetzt einen 96er 900II R turbo (250T km), und wenn ich ganz ehrlich bin, hatte ich mit dem 9-3 deutlich mehr Ärger (v.a. Federbeine, Klimakompressor, diverse Lager, und obligatorisch die Querlenker).
Beide teilen Sie die anfälligen DI-Module, die miserablen Vorderbremsen und die ständig sich verstellende Handbremse.
Einzig vermisse ich die hydraulische Kupplung des 9-3, denn die Seilzugkupplung im 900II ersetzt jedwedes Wadentraining ……
Viele Grüße
Roberto Martinez
Wenn ich richtig informiert bin, dann war der 900-II der missratene Versuch von GM, einen SAAB aus Opel-Teilen zusammenzubauen, und das zu der Zeit, als Opel grade das Qualitätsmissmanagement erfunden hat. Wegen des “durchschlagenden Erfolges” dieses Vorgehens wurde SAAB danach auch wieder mehr Freiheit bei der Auswahl von Zulieferern und Komponenten eingeräumt.
Sicher sind solche Qualitätsmängel nicht an jedem Fahrzeug zu finden – wahrscheinlich warst du einer der Glücklichen, die ein gutes Exemplar erwischt haben.
Sollte ich mich irren, bitte ich um Korrektur.
Hallo Roberto,
das war gar nicht abwertend gemeint. Unglücklich bezieht sich mehr auf das Pech in große Fußspuren treten zu müssen und auf die großen Probleme zu Beginn der Serie, die dem Ruf des Wagens nicht gut taten. Ich denke, das wird klarer, wenn die Modellgeschichte zum 900 II erscheint.
Hallo André,
ok, das hört sich doch schon gleich ganz anders an 😉