SAAB Lage: Saab Parts AB nicht kaufen und die Konsequenzen

Zurück im Büro. Reden wir mal wieder über Wirtschaft und reden wir über Pokerspiele der großen Jungs. Auch mir ist es mittlerweile zuviel der Pokerpartien, aber die Schweden scheinen dies zu lieben. Nachdem Bo Lundgren gestern und heute in den schwedischen Medien präsent war, sind wir auch nicht schlauer. Na ja…aber ein klein wenig schon. Denn das Spiel geht um viel Geld, und einige Spieler haben keine Konsequenzanalyse betrieben.

Die Aussage von Bo Lundgren, dazu hätte er keine Pressekonferenz geben müssen, ist Folgende.: Wir haben einen Plan A und wir haben einen Plan B. Entweder verkaufen wir die Saab Parts AB, wenn der Preis stimmt, oder wir verkaufen sie nicht. Dann behalten wir das Logistikunternehmen, investieren Geld und bauen das Geschäft aus. In sieben oder acht Jahren haben wir das Geld des Steuerzahlers erwirtschaftet und verkaufen dann unsere Logistiksparte mit einem netten Extra-Gewinn. Lundgren setzt noch einen drauf. Mit Investition und Expansion meint er den Verkauf von Ersatzteilen auch anderer Hersteller. Denn die Saab Parts AB mit 1.200 Handelspartnern weltweit ist Spezialist in diesem Geschäft.

Der Hintergrund. Die Politik steht unter Druck. Immer wieder hat man versichert, kein Steuerzahler-Geld einzusetzen, alles sei sicher. Allerdings ist der Wert eines Ersatzteilhändlers nicht so hoch anzusetzen wie gehofft, wenn die Marke nicht mehr produziert. So zumindest sehen es potentielle Käufer. Was sie nicht sehen und wo nicht konsequent zum Ende gedacht wird, das ist – das Vertriebsnetz. Seit dem Konkurs im Dezember hat die Parts AB die weltweiten Strukturen gesichert, neu aufgebaut, Mitarbeiter eingestellt. Landesgesellschaften gegründet, Verträge geschlossen, EDV Infrastruktur verbessert.

Das Funktionieren des Netzes beruht auch auf den vielen loyalen und langjährigen Mitarbeitern. Diese kennen die Händler und die Händler haben ein Vertrauensverhältnis zu den Saab Angestellten, welches über Jahre gewachsen ist. Diese Mitarbeiter stehen bei der Saab Parts AB unter Vertrag.

Das weltweite Netzwerk mit 1.200 Partnern ist das Juwel im Konzern und das bestimmt den Preis. Jeder, der in Trollhättan Autos, und selbst wenn es zum Anfang nur E-Mobilität ist, bauen will, der benötigt ein Vertriebsnetz. Der Aufbau einer neuen, weltweiten Infrastruktur würde mehr Geld verschlingen, als es die Saab Parts AB kosten würde. So gesehen gibt es in Nyköping ein Sonderangebot.

Was lernen wir aus dem heutigen Tag? Zum einen ist unsere Ersatzteilversorgung auch langfristig sicher. Keiner von uns hofft auf eine Aufspaltung des Konzerns. Sollte es dennoch dazu kommen, dann sorgt der Staat als Eigentümer für die Saab Parts AB. Einen stabileren Besitzer gibt es nicht.

Manche Käufer denken nicht konsequent. Es genügt nicht, Auto vom Band laufen zu lassen. Man muss es – Überraschung – auch verkaufen können. Mit Minimal-Investitionen bekommt man kein weltweites Vertriebsnetz. Was wir sehen ist eine Pokerpartie. Die Politik will Geld, das ein seriöser Käufer wohl zahlen muss, will er erfolgreich sein.

Der Plan von NEVS hat einige Schwachstellen. Für 1.8 Milliarden Kronen möchte man Saab Teile kaufen, ohne die Saab Parts AB. Über welches Vertriebsnetz man seine Produkte absetzen will, ist unklar. Man möchte die PhoeniX Plattform weiterentwickeln und in zwei bis drei Jahren ein neues Produkt präsentieren. Die gute Nachricht aus zuverlässiger Quelle ist, dass dieses Produkt nicht nur elektrisch sein soll. Die schlechte Nachricht, dass unsicher ist, woher die Mittel zur Weiterentwicklung kommen sollen.

Die Woche hat mehr Fragen als Antworten gebracht, und die Lage ist offen. Wird nächste Woche besser und werden wir endlich zum Finale kommen? Ich hoffe es. Durchhalten!

Text: tom@saabblog.net

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MM
MM
11 Jahre zuvor

Irgendwas muss doch jetzt passieren… Und weiß jemand nun, was mit den Indern los ist?

Kruegus
Kruegus
11 Jahre zuvor

Ebenfalls auch von mir vielen Dank für die jederzeit verständlichen und sachlichen Beiträge!!!
Bin nun erstmal wieder etwas beruhigter:-))!

Ziehmy
11 Jahre zuvor

Anfangs machte es einen guten Eindruck, dass keine Infos durchsickerten, dass man offnebar in Ruhe hinter den Kulissen Fakten schaffte!

Mittlerweile scheint es aber eher so, dass man unschlüssig hin-und-her eiert und sich nicht so ganz traut, an die Öffentlichkeit zu treten – denn dann müsse man sich ja festlegen und es gäbe kein Zurück mehr!

So aber bleibt viel Platz für mindestens ebenso viele Spekulationen und man behält sich die Möglichkeit vielleicht doch noch wieder gaaaaaanz anders zu entscheiden.

Dann bleibt die Hoffnung, dass es dann nicht einem Interessenten zu blöd wird, weil man zu hoch pokert, und der dann von sich aus hinschmeisst…..

Alles schon erlebt!

Joachim
Joachim
11 Jahre zuvor

Kann mir einer der Administratoren bitte mal erklären, was an dem Gebot von NEVS vorteilhafter ist als beim Gebot von Youngman-Lotus?

Schon der Ausgangspunkt mit mehr als dem doppelten Betrag ist bei Youngman-Lotus eindeutig vorteilhafter – hier wären genau die geforderten 2,2 Milliarden Kronen für SAAB-Parts mit enthalten. Die restlichen 1,8 Milliarden sind der gleiche Betrag, der von NEVS angeblich insgesamt kommen soll.

Leider muß ich derzeit den durchweg ablehnenden Stimmen zu einer möglichen Auswahl von NEVS beipflichten – es sei denn, hier taucht zusätzlich noch ein positiv zu wertender Partner auf.

Mein Vertrauen in die Administratoren ist momentan allerdings ziemlich erschüttert – warum kommt von dort nicht mal ein Statement?

Schöne Grüße aus der Hansestadt Hamburg

Püssel
Püssel
11 Jahre zuvor

Irgendwie wirkt das alles so, als ob Bo Lundgren die Öffentlichkeit schon mal darauf vorbereiten soll, dass SAAB doch nicht komplett verkauft werden wird.

NEVS trägt die stolzen Worte “National Swedish” im Namen und der schwedische Staat erwirtschaftet mit SAAB Parts einen satten Gewinn… Da muss doch jedem Schweden das Herz aufgehen…

Sorry, aber das ganze Verfahren schadet dem Standort Schweden. Merkwürdig ist noch das mildeste Attribut, dass ich dem Ablauf des Bieterverfahrens geben würde.

saab900
saab900
11 Jahre zuvor
Reply to  Püssel

Danke Tom für den Artikel. Hatte schon Befürchtung dass die Ersatzteilsparte dann nicht mehr sicher ist.
@Püssel: Mich erinnert “National Swedish” an “Swedish Automobile…” von VM. Ging ja auch nicht gut und ist ein schlechtes Vorzeichen 🙁