Die aktuelle Lage. Saab ist alternativlos für Trollhättan.

Der Blick zurück: Bloggers Rückspiegel
Der Blick zurück: Bloggers Rückspiegel

Wenn Paul Akerlund, Bürgermeister der Kommune Trollhättan, von der aktuellen Lage spricht, dann bemüht er gerne große Worte. Von nationaler Anstrengung ist die Rede, und er verweist gerne auf die mittlerweile 100 Unternehmen, die sich unter dem Schutzschild des Innovatums entwickeln. Trollhättan ist für ihn ein Zukunftsstandort, und nicht nur Mobilitätslösungen sollen zukünftig aus der kleinen Stadt im Västragötland kommen.

Er ist kämpferisch, er ist umtriebig. Aber es klingt wie das Pfeifen im Walde. Denn die aktuelle Lage in der Saab-Stadt ist grau in grau. Sie ist hoffnungslos. Die Arbeitslosigkeit erreicht den höchsten Stand im ganzen schwedischen Königreich. Im Dezember lag die Quote bei 19.9 %, im Januar bei 20.4 %. Tendenz steigend!

Spanische Verhältnisse in Schweden

Das sind spanische Verhältnisse. Auf der iberischen Halbinsel kämpft man mit einer Quote von über 23 %. Eine Lösung der schnellen Art ist nicht in Sicht. Die gut ausgebildeten Ingenieure flüchten sich in Neugründungen, denn auch die europäische Autoindustrie ist vorsichtig mit Neueinstellungen. Was bleibt aber für einen Facharbeiter, der 20 oder 30 Jahre im Automobilwerk tätig war?  Er kann nur eines:  Autos bauen. Genau dort sieht es schlecht aus.

Trollhättan und die Nachbarkommunen stecken in der Autofalle. Das Saab-Werk ist geschlossen, das Pininfarina/Volvo Werk in Uddevalla schließt. In der Konsequenz sperren jetzt viele Kleinstunternehmen in der Region die Türen für immer zu. Oft sind es unbekannte Dienstleister mit 4, 5 oder 10 Arbeitsplätzen, deren Ende niemand zur Kenntnis nimmt. Gestern verkündete wieder solch ein kleiner Unternehmer das Ende seiner Firma an. Die 4 Mitarbeiter waren für Volvo und Saab in der Nachbesserung tätig. Kein Saab mehr, bald kein Volvo mehr.

Die schlechten Nachrichten reißen nicht ab. Auch aus der benachbarten Region kommen schlechte Nachrichten für die Arbeitssuchenden. SCA Hygiene Products – das Unternehmen produziert auch die bekannten Papiertaschentücher in Mölndal, einem Vorort von Göteborg – entlässt mehr als 90 Mitarbeiter. Die Keksfabrik in Göteborg 70 Angestellte. So geht es täglich weiter, der Wirtschaftsabschwung hinterlässt tiefe Bremsspuren im Västragötland.

Was soll aus der Region werden ohne Saab? Eine ganze Generation, die der jetzt 40- bis 50- jährigen Automobilfacharbeiter, wäre schon in guten Jahren schwer zu vermitteln. In der Krise sind die Perspektiven trostlos.

Saab muss wieder produzieren, damit die kleinen Betriebe rund um Trollhättan eine Chance zum Überleben haben. Da hilft es nicht, ein paar 100 Arbeitsplätze zur Produktion von einigen Elektroautos zu schaffen. Viele Arbeitsplätze, Paul Akerlund sprach im ersten Schritt von 1.500, gibt es nur von einem Vollsortimenter.

Ein weißer Ritter?

Ein Investor, der die Marke nahtlos fortführt, wäre der weiße Ritter für das Västragötland. Er würde mit Applaus begrüßt werden. Die Loyalität und Liebe der Einwohner wären ihm sicher. Saab hat das BioPower Concept, welches interessanter denn je ist. Autos mit Bio-Ethanolantrieb sind bei den aktuellen Benzinpreisen die schicke Alternative. Saab kann auch Diesel und Saab könnte auch elektrisch. Ein Fahrzeug mit Range Extender war zum Patent angemeldet. Damit Trollhättan und die Region aus der Krise kommen, gibt es nur eine Entscheidung!

Das Werk muss an einen seriösen Investor gehen, der nicht nur elektrische Träume hat. E-Mobilität ist gut, keine Frage. Aber nur E-Mobilität ist ein Standbein, auf dem niemand stehen kann. Gefragt ist der kühle Sachverstand von Administratoren und von Politikern in Stockholm. Den Saab-Verwaltern traue ich diesen zu. Gute Freunde, die mittlerweile in persönlichen Kontakt mit den Administratoren stehen, vermitteln ein kompetentes und engagiertes Bild.

Bei den Politikern bin ich weniger zuversichtlich. Aber ich hoffe auf eine weise Entscheidung!  Denn für die Region und die Marke Saab gibt es nur noch diese einzige Chance. Die allerletzte. Gehen bei Saab endgültig die Lichter aus, dann hat auch Trollhättan keine Chance. Das wäre extrem schade. Denn die kleine, charmante Stadt im Västragötaland hätte es verdient.

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Aero 9-3
Aero 9-3
11 Jahre zuvor

Drücken wir die Daumen für eine weitsichtige weise Entscheidung!

Vorösterliche Grüße aus der Hansestadt Lüneburg

Joachim
Joachim
11 Jahre zuvor

Sollten Politiker in die falsche Richtung abdriften, helfen nur Argumente, Argumente und noch mal Argumente – und zwar gegen eine ausschließliche Ansiedlung von Produzenten bzw. Investoren für Elektroautomobile.

Weltweit gibt der Markt nachweislich nicht genügend her für derartige Fahrzeuge. Man kann diese zusätzlich mit anbieten und die Produktion ggf. auch später bei höherem Bedarf ausbauen – dies könnte sowohl Mahindra & Mahindra als auch Youngman-Lotus bewerkstelligen (oder auch ein anderer Automobilproduzent).

Ein Investor der seinen Fokus nur auf E.-Mobilität richtet, wäre für Trollhättan aber mit Sicherheit keine Lösung!

Viele Grüße aus der Hansestadt Hamburg

Peter
Peter
11 Jahre zuvor
Reply to  Joachim

da gebe ich Joachim vollkommen Recht . Ein Saab kann für den der das will auch einen Elektromotor haben . Für mich und ich denke auch für viele andere Saabfahren steht Saab für Turbopower satt wie sich das gehört. Solange noch Autos mit Motoren wie bisher bei Saab gebaut werden ( gerne auch mit Biopower ) werde ich mir sicher kein E-Auto kaufen. Auch wenn es sich dann im Notfall um einen BMW handelt wenns halt keine anderen Saabs mehr gibt.

Thomas aus BS mit 3 SAAB
Thomas aus BS mit 3 SAAB
11 Jahre zuvor

Wäre schade um die wunderschöne Stadt Trollhatan,,