Saab Lektüre: Saab Krise in Trollhättan – politisch angehaucht

Saab Werk Trollhättan
Saab Werk Trollhättan

Kennen Sie die Wochenzeitung “Jungle World”. Nein ? Hmm, wir bislang auch nicht, ist auch arg politisch und, je nach Standpunkt etwas sehr einseitig, die Lektüre. “Jungle World” bezeichnet sich als linke Wochenzeitung und schreibt über Saab und die aktuelle Situation in Trollhättan. Zugegeben, Ausdrücke wie “bourgeoise Karossen” liest man sehr selten wenn es um Automobilkonzerne geht, es erinnert ein wenig an die wilden 60er Jahre. Aber die Betrachtung der Situation aus der linken Ecke heraus hat etwas neues, erfrischendes. Vielleicht bringt es uns neue Aspekte.

Von der politischen Einstellung des Autors nehmen wir dezenten Abstand, unser Blog ist unpolitisch und soll es bleiben, als Saab Lektüre für den Samstag ist es aber tauglich. Und morgen bringen wir nur unpolitisches. Versprochen.

Krise in Trollhättan

von Anton Landgraf

Jahrzehntelang war die schwedische Marke Saab in der Autobranche erfolgreich. Heute kämpft sie um ihre Existenz. Als der Mutterkonzern General Motors vor der Pleite stand, schien auch das Ende für Saab besiegelt. Mehrmals wurde in den vergangenen Wochen das Aus für das Unternehmen verkündet, doch jedes Mal gelang eine Rettung in letzter Minute, zuletzt mit Hilfe eines chinesischen Autohändlers.

Die meisten Branchenexperten sahen für die Marke Saab nur noch eine Zukunft im Museum. Die guten Zeiten liegen für die schwedischen Autobauer schließlich schon lange zurück. In den sechziger und siebziger Jahren galt Saab als das ideale Modell für Intellektuelle mit gehobenem Anspruch. Während Mercedes oder BMW ihren Ruf als bourgeoise Karossen kultivierten, pflegten Saab-Fahrer ein elitäres Understatement. Sie gehörten zwar als Ärzte, Architekten oder Journalisten ebenfalls zur arrivierten Mittelschicht, legten aber Wert auf einen individuellen Lebensstil. Schwedische Produkte passten gut zum damaligen sozialdemokratischen Zeitgeist. Das Land galt als friedliebend, sozial gerecht, quasi sozialistisch. Marken wie Saab und Volvo lieferten das ideale Gegenbild zu den martialischen deutschen Autokonzernen mit finsterer Nazi-Vergangenheit.

Nachsichtig wurde dabei ignoriert, dass die Geschichte der Firma nicht zum coolen Image passte. Die Svenska Aeorplan Aktie Bolaget wurde 1937 zum Bau von Militärmaschinen gegründet und stellte in den ersten Jahren vor allem Lizenzprodukte der NS-Luftwaffe her. Eine der ersten eigenen Erzeugnisse der Firma in Trollhättan, einer Kleinstadt nördlich von Göteborg, war der Sturzkampfbomber Saab 17, weitere Kampfflugzeuge folgten. Rund zehn Jahre nach der Gründung begann das Unternehmen, auch PKW zu produzieren. Erst 1990 wurde der Automobil- von dem Flugzeugbereich getrennt. Die Nähe zum Flugzeugbau prägte die ersten Modelle, die durch eigenwillige aerodynamische Formen und Cockpit-ähnliche Armaturenbretter auffielen. Weitere Innovationen folgten. So führte Saab den Seitenaufprallschutz ein, angeblich, um die auf den einsamen schwedischen Landstraßen so häufigen Zusammenstöße mit Elchen abzumildern.

In den achtziger Jahren änderte sich nicht nur der politische Zeitgeist, sondern auch die Arbeitsmethoden in der Autoindustrie. Die fordistische Produktionsweise hatte bis dahin zwar für Massenabsatz gesorgt, ohne allerdings dabei allzu viel Abwechslung zu bieten. Lange Produktionszyklen und überschaubare Modellreihen bildeten ideale Bedingungen für Nischenproduzenten.

Mit dem Erfolg der japanischen Automobilkonzerne änderten sich diese Konditionen. In immer kürzeren Abständen wurden immer mehr Modelle entwickelt und auf den Markt geworfen. Die japanischen Marken revolutionierten den Markt, indem sie die Produktion diversifizierten, rationalisierten und zugleich mit einem gigantischen Vertriebsnetz kombinierten. Für die Marke Saab, die gerademal über eine Modellreihe verfügte, begann die Krise.

Mit der Übernahme durch General Motors (GM), den damals größten Autokonzern der Welt, verschaffte sich Saab ein wenig Aufschub. Die Schweden profitierten zwar von den Großhandelsstrukturen, verloren aber das elitäre Image und vor allem an Qualität. In den neunziger Jahren erzielte Saab negative Spitzenwerte in der Pannenstatistik, bei den Absatzzahlen belegte die Marke dafür die hinteren Ränge.

2009 verkaufte Saab gerade mal 32 000 Autos, während beispielsweise der VW-Konzern im selben Jahr 1,7 Millionen Fahrzeuge vertreiben konnte. Als GM, mittlerweile selbst in einer existentiellen Krise, versuchte, den defizitären Exoten wieder loszuwerden, schien das Ende nur eine Frage der Zeit zu sein. Während gleichzeitig Zehntausende von Kollegen bei der deutschen GM-Tochter Opel um ihre Jobs bangten, stand für die Belegschaft von Saab so gut wie fest, dass ihr Unternehmen wohl als erster renommierter europäischer Autohersteller die Produktion würde einstellen müssen. Die deutsche und die französische Regierung unterstützten mit protektionistischen Maßnahmen und enormen Summen ihre nationale Autoindustrie. In Schweden wählte man hingegen den wirtschaftsliberalen Weg. »Wenn der Markt nicht an die Marke Saab glaubt, warum sollte es dann die Regierung tun?« sagte kühl der damalige Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Jöran Hägglund. Es sei billiger, »wenn alle betroffenen Arbeitnehmer vier bis fünf Jahre arbeitslos wären«, als den Betrieb mit Staatsgeldern am Leben zu erhalten.

Tatsächlich hatte der freie Markt mehr zu bieten, als die schwedischen Journalisten zu glauben wagten. Zunächst tauchte Ende 2009 der russische Milliardär Wladimir Antonow auf, der in den neunziger Jahren bei der Privatisierung des russischen Bankenwesens mitgemischt hatte. Woher sein Vermögen letztlich stammt, ist indes unklar. Die schwedische Sicherheitspolizei Säpo warf ihm Verbindungen zur Mafia vor und beschuldigte ihn der Geldwäsche. Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch die CIA, die, wohl einmalig in der jüngeren Geschichte der Automobilindustrie, GM den Verkauf von Saab an Antonow untersagte. Als der Konzern Ende 2009 die Insolvenz der Tochterfirma verkündete, wendete sich das Schicksal von Saab erneut. Der niederländische Sportwagenhersteller Spyker, einer der kleinsten Autohersteller der Welt, erwarb überraschend die Mehrheit der Anteile.

Die neuen Besitzer veröffentlichten ehrgeizige Verkaufsprognosen, steckten aber bereits nach einem Jahr in Schwierigkeiten. Wegen unbezahlter Rechnungen schickten Zulieferer Anfang April dieses Jahres keine Bauteile mehr, wenig später standen die Bänder in Trollhättan still.

Nach wochenlangen hektischen Verhandlungen präsentierte Saab dann den nächsten Plan. Wiederum tauchte der dubiose Antonow als Retter auf. Diesmal sperrte sich die schwedische Regierung zwar nicht mehr gegen den Verkauf. Dafür ließ sich die Europäische Investitionsbank, bei der Saab Kredite in Höhe von 217 Millionen Euro aufgenommen hatte und die dem Handel zustimmen musste, nicht überzeugen.

Kaum waren die Nachrichten über die vermeintliche Rettung durch Antonow dementiert, stellte Saab bereits den nächsten Investor vor: den chinesischen Autobauer Hawtai, der im Rahmen einer strategischen Partnerschaft 150 Millionen Euro bereitstellen wollte. Wieder schien ein Ausweg in letzter Sekunde möglich. Warum allerdings ein Unternehmen wie Hawtai, das vorwiegend in Bergbau, Telekommunikation und Immobilien tätig ist, für eine langfristige Perspektive bei einer maroden schwedischen Autofirma sorgen sollte, blieb rätselhaft. Das sahen einige Anteilseigner von Hawtai offenbar ähnlich und stimmten dem Deal nicht zu.

Nur wenige Tage nach der erneuten Pleite zauberte die Geschäftsleitung von Saab mit Pang Da Automobile einen weiteren Übernahme-Kandidaten aus dem Hut. Der größte Autohändler Chinas soll zunächst im großen Stil Saab-Fahrzeuge kaufen und später eine langfristige Kooperation bei Vertrieb und Herstellung eingehen. Geplant ist unter anderem, eine neue Automarke für den chinesischen Markt zu gründen. Anfang vergangener Woche gab Spyker bekannt, dass mit dem Konzern Zhejiang Youngman Lotus Automobile ein zweites chinesisches Unternehmen bei Saab einsteigen und 29,9 Prozent der Anteile übernehmen wird.

Quelle: Jungle World

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Saabfan
Saabfan
12 Jahre zuvor

Ob es uns gefällt oder nicht, das ist die bittere Realität. Mal sehen wie es weitergeht ( oder auch nicht …. ). Was wir aber nicht hoffen. Ob die Zauberkünste eines VM ausreichen wird sich in den nächsten Tagen zeigen.

SaabRedJ
SaabRedJ
12 Jahre zuvor

Eigentlich ein ganz schlechter Artikel. Falsche Fakten, kein Hintergrund, und mir ist immer noch unklar worum es in dem Artikel geht.

Trotzdem lustige Lektüre, ich hoffe nur dass der Herr Landgraff kein VW fährt.

Ist das typisch links, keine Möglichkeit der Debatte, dafür ein Bezahl-Knopf hinstellen??