Silvester in Stockholm

Ein Sonntag Morgen im November. Ich bin mit einer guten Freundin zum Frühstück in einer benachbarten Espressobar verabredet. Da wir in den letzten Monaten sehr viel Geschäftliches um die Ohren hatten, war es eine Wohltat auch endlich mal wieder über private Dinge zu sprechen. Irgendwann kommt das Thema Urlaub auf und wir stellten fest, dass wir beide ziemlich Urlaubsreif waren. Ich für meinen Teil, hatte genau 10 Tage im Jahr wirklich frei und konnte mich in dieser Zeit dem Thema SAAB beim Festival in Trollhättan widmen. Wo Licht ist, ist aber immer auch Schatten – von den zehn freien Tagen war ich leider fünf Tage krank.

Saab 9-5 NG, Schwedenkai Kiel.
Saab 9-5 NG, Schwedenkai Kiel.

Wir beschlossen kurzerhand, dass wir über Silvester zusammen etwas unternehmen. Nun gab es dafür mehrere Optionen. Ein gemeinsamer Freund meinte, ob wir nicht Lust hätten nach Palma de Mallorca zu kommen und mit ihm zusammen Silvester zu verbringen. Nun stellte sich die Frage: Silvester auf der spanischen Insel? Mmmmh. Nicht wirklich warm, nicht wirklich kalt. Was macht man da? Dem Tourismus geschuldet wird dort vieles außerhalb der Saison geschlossen sein. Eine Option, aber nicht wirklich spannend. Option 2: Dorthin zu fliegen wo es schön warm ist. Aber für 5-6 Tage? In der Regel mit Zeitverschiebung. Das lohnt nicht. Option 3: Dahin wo es kalt ist. Schnell war klar: Ja! Stockholm. Schweden im Winter hatte ich noch nie erlebt. Da es aber von Stuttgart aus keine Direktflüge nach Stockholm gibt und die Reise per Flugzeug nicht gerade ein Schnäppchen ist, war schnell klar, dass die Reise mit dem 9-5 gemacht wird. Für mich persönlich auch die schönere, die deutlich sympathischere Variante. Zumal ich gern die Möglichkeit habe mir etwas aus dem Urlaub mitzubringen ohne am Flughafen ein Vermögen für Zusatzgepäck auszugeben.

Fähre und Hotel sind daraufhin schnell gebucht und am 27. Dezember 5 Uhr morgens geht es dann nun endlich los. Endlich weg. Die Autobahn ist, wie nicht anders zu erwarten, frei – der 9-5 in seinem Element. Schlag 12 sind wir in Hamburg und wir beschließen kurzerhand in die City zu fahren um etwas zu essen. Immerhin beginnt das Boarding in Kiel auch erst um 17 Uhr und so haben wir noch etwas Zeit.

Um Punkt 17 Uhr biegen wir dann in Kiel auf das Gelände der Stena-Line ein. Perfektes Timing. Es ist jedes Mal aufs Neue ein imposanter Anblick die Fähre von Nahem zu sehen. Ein kurzer Smalltalk auf dem Parkdeck im Bauch des Schiffes mit einem sympathischen Paar, die mit ihrem 9-3 Cabrio direkt hinter uns stehen stimmt mich schon freudig auf Schweden ein. Auf Deck gibt’s dann natürlich als Erstes das obligatorische Norrlands Guld Bier mit Blick auf Kiel ☺

Die Überfahrt nach Göteborg ist sehr ruhig und es sind nur relativ wenige Passagiere an Bord. Ungewohnt, da in den Sommermonaten immer ein reges Treiben an Bord herrscht.

Um 11:30 am nächsten Morgen legen wir in Göteborg an. Leider, denn normalerweise kommt man schon um 9:00 in Göteborg an. Der kleine Abstecher nach Trollhättan und der Besuch im SAAB-Museum muss also leider ausfallen. Dann geht es endlich los. Die E20 in Richtung Stockholm – 470 Kilometer liegen nun vor uns. Klingt erstmal nicht viel, wenn man aber maximal 120 fahren darf, zieht sich das ganz ordentlich. Das Leistungs-Plus durch Bioethanol ist somit auch nicht wirklich spürbar. Egal. Das Ehepaar in ihrem 9-3 treffen wir auf der Autobahn wieder. Lange fahren wir vor- und hintereinander her. Wir überholen uns gegenseitig mir freundlichem Winken und Lächeln. Und so fahren wir zusammen ein ganz ordentliches Stück. Wir haben schon spekuliert ob man sich in Stockholm wieder trifft. Aber leider bogen sie dann irgendwann ab. Wohin ihre Reise ging, ich weiß es leider nicht. Das sind eben Erlebnisse, die ich mit einem VW-Passat sicherlich nicht hat. Unsere Fahrt geht nun alleine weiter. Zum ersten Mal erlebe ich, dass es um 15 Uhr dunkel wird. Ein ungewohntes Gefühl. Dazu aber später mehr.

Das ein 9-5 ein sehr exklusives Auto ist, das ist in Deutschland klar. Das es das aber auch in Schweden ist, wird mir zum ersten Mal richtig bewusst. Auf der Strecke von Göteborg nach Stockholm kommt mir gerade mal ein Einziger entgegen. Das Auto ist so charakteristisch, dass er mir sofort auffällt. Selbst bei Dunkelheit.

Um 16:30 Uhr kommen wir am Hotel an. Beim suchenden Blick nach dem Hotel und einem passenden Parkplatz sehe ich den zweiten 9-5. Direkt vor dem Hotel. Mein erster Gedanke ist: Hier sind wir richtig. Beim Ausladen des Gepäcks begegnet mir der Besitzer des Autos. Er streckt den Daumen nach oben, lächelt und meint: „Bra bil!“ was soviel heißt wie „schönes Auto“. Das sollten dann aber auch die einzigen beiden 9-5 bleiben die ich zu Gesicht bekomme.

Nach dem Einchecken geht es in die Stadt. Es ist nicht sonderlich viel los und ein Spaziergang nach Gamla Stan, die Altstadt, führt uns in ein schönes Restaurant in dem wir den Abend verbringen und Pläne für die nächsten paar Tage schmieden. Was sollte man sehen? Was lohnt sich? Sicherlich macht man in Stockholm im Winter andere Sachen als im Sommer. So also stehen tagsüber der Bummel durch die Stadt und abends natürlich auch Museen auf dem Zettel. Die derzeitige Ausstellung im „Moderna Museet“ mit Installationen von Olafur Eliasson war sehr beeindruckend und ist nur zu empfehlen . Ebenso die momentane Ausstellung von Guy Bourdin im „Fotografiska“.

15:30 dunkel. Na und? Da ich bisher immer nur in den Sommermonaten in Schweden war, habe ich das mit den kurzen Tagen im Winter etwas leicht genommen. Die gefühlten Abende sind deutlich länger, man geht automatisch früher ins Bett als gewohnt. Wenn man 22 Uhr durch die Stadt spaziert, begegnen einem fast nur noch Taxis auf der Straße. Nur wenige Menschen sind jetzt noch unterwegs und man hat den Eindruck, dass im nächsten Moment die Bürgersteige hochgeklappt werden. Und das in der Hauptstadt Schwedens? Die Idee in der Silvesternacht im Café Opera, dem derzeit angesagtesten Club, tanzen zu gehen haben wir schnell verworfen. Öffnungszeiten von 22:00 – 03:00 Uhr. An Silvester (!!!). Damit hätte ich nicht gerechnet. Ich glaube ich habe selten in einem Urlaub so viel geschlafen wie in Diesem. Freiwillig.

Die Silvesternacht – das alte Jahr wird begraben, ein Neues beginnt. Das sollte man feiern. Wir haben uns dazu entschlossen das alte Jahr mit Gaumenfreuden zu beenden und reservieren einen Tisch im „Le Rouge“ in Gamla Stan. Sicherlich nicht jedermanns Geschmack aber in unserem Fall eine richtige Entscheidung. Das Essen ist vorzüglich, die begleitenden Weine passend. Das Personal ist sehr aufmerksam und sehr freundlich. Nicht aufgesetzt, ehrlich. 23:30 Uhr verlassen wir zufrieden das Restaurant und begeben uns in Richtung Stadtschloss. Von dort aus hat man einen schönen Blick in alle Richtungen. Die ersten Böller und Raketen werden vereinzelt „schon“ 23:50 Uhr gezündet. 0:00 Uhr: Ein superschönes Feuerwerk über der Insel Djurgarden. Ganz sicher ein offizielles, professionell geplantes Feuerwerk. Wunderschön.

0:30 Uhr: Alles still. Alle Menschen die sich das Feuerwerk draußen angeschaut haben, gehen nun in Strömen ihrer Wege. Sicherlich nach Hause, denn jetzt noch tanzen zu gehen lohnt ja fast nicht mehr. Die Clubs schließen ja schon um 03:00 Uhr. Das wars. Im Grunde kommt uns das aber sehr entgegen, denn wir haben die Fähre von Göteborg nach Kiel am Neujahrstag gebucht. Der Preisunterschied zum 2. Januar war bei Buchung ein schlagendes Argument.

Am nächsten Morgen nach dem Frühstück geht’s wieder zurück in Richtung Heimat. Auf Wiedersehen Stockholm. Boarding in Göteborg ist 17:00 Uhr, wir starten um 11:00 Uhr. Der Kofferraum ist brechend voll mit Gepäck und Einkäufen. Schön wenn man Platz hat und einmal mehr freue ich mich über ein großes Auto. Nichts was auf der Rückbank liegen muss weil der Kofferraum zu klein ist. Es schneit, die Autobahn ist teilweise schneebedeckt und ich bin froh, dass wir eine Stunde Puffer eingebaut haben. Diesen brauchen wir auch. Schlag 17:00 Uhr biegen wir dann aber auf das Fährgelände in Göteborg zum Check in ein.

Der nächste Tag führt uns dann von Kiel wieder zurück nach Stuttgart. Zuhause angekommen blicke ich nach dem Ausladen nochmal zufrieden und glücklich auf meinen 9-5. Selbst schmutzig von 2700 gefahrenen Kilometern, steht er stolz und elegant auf dem Parkplatz neben beliebigen 08/15-Autos. Sicherlich gibt es kein unpraktischeres Fahrzeug in der Stadt. Und ja, es ist unvernünftig: 5 Meter lang, 260 Pferdchen, 11 Liter Verbrauch. Aber es macht einfach nur Freude. Und sind es nicht die unvernünftigen Sachen im Leben die wirklich Spaß machen? Schön, dass dieses Auto gebaut wurde und ich eines der wenigen Exemplare mein Eigen nennen kann.

Im Sommer geht es dann wieder zurück nach Schweden zur IntSAAB. Dann aber mit meinem alten 99. Ich freue mich drauf. Dann sind die Tage auch wieder länger.

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Barbara
Barbara
8 Jahre zuvor

Ein sehr schöner Bericht – Daumen hoch. Wir waren 2007 im Sommer in Schweden mit unserem SAAB 9.5 Die Menschen sind tatsächlich sehr offen und ehrlich. Dieses Land kann man sehr empfehlen.

Hans S.
Hans S.
8 Jahre zuvor

Schöner Bericht, vielen Dank! Macht Lust das auch mal zu machen, von Basel aus wären es noch ein paar kms mehr…..
Als ich im 2014 mit meinem 95 NG in Schweden war machte ich die selbe Beobachtung, fast keine neuen 95er auf der Strasse oder beim Parken! Dass ich hier in der CH ein Exote bin mit meinem 95 NG, na ja, das ist ok, aber in Schweden?
Wo sind all die 95er hin gegangen?

Marcus Bergfeldt
Marcus Bergfeldt
8 Jahre zuvor

Very nice pictures! 🙂 Stena Line is fantastic during the winter time in the summer it´s so many passengers. It is the best way to come to Sweden if you have a long journey. Yes the 9-5 NG is rare in Sweden also. Some only use it during the summer and you have to be in Trollhättan area to catch a few in a short time. Only 120km 😉 It´s a good speed anything to prevent death accidents. More safe on Swedish roads 😉 It´s cold and dark here yes the winter is not easy 🙁 And yes the clubs close earlier here in Sweden we have many regulations, but one could start early to party and continue at a friends house after closing hours so no problem you get used to it. Also the beer and drinks are so much more expensive over here.

turboseize
8 Jahre zuvor

Sehr schöne Bilder!

TnT Alex
TnT Alex
8 Jahre zuvor

Sehr interessant geschrieben, tolle Bilder, tolles Auto und der erste! Schwedenurlaub bei mir rückt immer näher! 🙂
Bleibt nur noch die Frage mit was… 9-3 Cabrio, 9K Aero oder mit dem Motorrad… oh man…

mac9-5
mac9-5
8 Jahre zuvor

Schöner Bericht, sehr schöne Bilder!!!

Bergziege
Bergziege
8 Jahre zuvor

DANKE für den wunderbaren Bericht mit den emotionalen Impressionen aus Schwedens Hauptstadt! 🙂
Macht Lust auf Stockholm im Winter! Hätte allerdings gedacht, dass es NOCH früher dunkel wird!!!
Die Aussage: “Ich glaube ich habe selten in einem Urlaub so viel geschlafen wie in Diesem. Freiwillig.” lässt ja (endlich…) auch auf einen entspannten und erholsamen Urlaub schliessen 😉
Auch gut. Ein erfreuliches 2016!

Frankenstolz
Frankenstolz
8 Jahre zuvor

Tolle Bilder und toll erzählt. Nimmt mich mit nach Schweden und rettet den heutigen Start im Job…

Detlef Rudolf
Detlef Rudolf
8 Jahre zuvor

Sehr schöne Erlebnisse und auch super erzählt!

Die angenehme Zurückhaltung bezüglich des Zündens von Sylvester-Knallern vor Mitternacht gibt es in Deutschland leider sehr selten – meine Frau und ich haben dies vor einigen Jahren über Sylvester im schwedischen Ort Mora auch als sehr angenehm empfunden, dass dort bis zum eigentlichen Jahreswechsel kaum etwas zu hören war.

Übrigens sind auch die Bilder zum Text sehr gut gelungen.

Peter
Peter
8 Jahre zuvor

Der 9-5 NG ist wirklich auch in Schweden sehr selten . Ich war letzten Sommer 2 Wochen in Schweden und ca. 2500 Km kreuz und quer dort unterwegs( leider im Mietgolf) . In der ganzen Zeit und auf dem ganzen Weg ist mir leider auch nur ein 9-5NG begegnet.

9-5
9-5
8 Jahre zuvor

Wunderschön einfach… !