Saab 9-4x Aero

In einem GM-Werk in Mexiko gebaut, dennoch ein Saab. Kann das funktionieren? Es kann, denn der Saab 9-4x ist weniger ein GM als in erster Linie ein Carl Peter Forster Produkt. Forster war so etwas wie der Geburtshelfer von Saab 9-5 NG und Saab 9-4x. Fast wäre er auch noch für die Geburt eines kleinen Saab SUV verantwortlich gewesen.

Saab 9-4x Aero ©2014 saabblog.net
Saab 9-4x Aero ©2014 saabblog.net

Was aber jetzt nicht in die Story passt, die ich erzählen möchte. Vor drei Jahren endete, nach wenigen 100 Stück, die Produktion des Saab 9-4x. Sehr zu meinem Leidwesen, denn ich hätte mir gerne einen bestellt…wenn ich denn die Chance dazu bekomme hätte. Drei Jahre sind eine lange Zeit, mal sehen,  ob der 9-4x heute noch so fasziniert wie damals.

Große SUV haben es schwer!  Sie gelten als protzig und wenig sozialkompatibel. Und der Saab? Der 9-4x ist immerhin etwas länger als 4,80 Meter, was man ihm nicht ansieht. Und während meiner Tour durch das Kieler Umland ( zuvor musste ich ein Mitglied der Familie Lafrentz temporär enteignen ) sehe ich nur interessierte Gesichter und ernte positive Reaktionen. Irgendwie, warum auch immer, ist das Design sozialverträglich. Der Schwede mit mexikanischer Geburtsstätte schaut freundlich aus seinen eisblauen Augen, jeder mag ihn. Wie Saab das hinbekommen hat, ein Rätsel. Aber es ist so.

Ich fahre mit einem Saab 9-4x Aero durch die Gegend, 300 Turbo PS beschleunigen 2 Tonnen, und das recht nachdrücklich. Das SUV wird dadurch nicht zum Sportler, er ist vielmehr ein souveräner Wagen, der in jeder Verkehrssituation genügend Reserven bietet. Das macht auch den Fahrer cool, entschleunigt und nimmt die Hektik aus dem Geschehen. Die hohe Sitzposition tut ihr Übriges dazu.  Es ist eine Mischung zwischen Landlord-Gefühl, wie es ein Range Rover bietet, und der Sportlichkeit einer Riva Jacht, die den 9-4x ausmacht.

Ein ganz eigener, besonderer Charakter ist da entstanden, und jeder Zoll davon ein Saab. Die Armaturen und Komponenten des Innenraums kennen wir aus dem 9-5 NG. Entert man den Innenraum,  fühlt man sich automatisch zu Hause in einer vertrauten Umgebung. Die Bedienung gibt keine Rätsel auf, Einiges ist noch ein bisschen eleganter gelöst als im 9-5. Die beleuchteten Einstiegsleisten, natürlich eisblau, hätte es irgendwann auch in der 9-5er Reihe gegeben. Kamen aber nie ! Einige Designmerkmale, wie das Spiel mit dem Hockeystick in C-Säule und Heckspoiler, sind nur dem 9-4x vorbehalten.

Der 9-4x Aero ist eine US-Version, wie die meisten Fahrzeuge,  die vom Band liefen. Ich hatte bisher nicht den Spaß, den macht der Saab wirklich, eine Europaversion zu pilotieren. Die soll etwas fahraktiver abgestimmt sein, allerdings gefällt mir das Nordamerika-Fahrwerk schon recht gut. Wirklichen Änderungsbedarf sehe ich nicht. Auch der Innenraum wäre für die Europäer etwas wertiger ausgefallen, aber auch da existiert kein wirkliches Problem. Gut, das Leder der Sitze ist leicht amerikanisch angehaucht, ohne jedoch das berüchtigte Plastikgefühl mancher US-Fahrzeuge auszustrahlen. Der komplette Innenraum ist im grünen Bereich, nach 36 Monaten gibt es keine offensichtliche Abnutzung . Ein Highlight ist das große Glasschiebedach, das wirklich riesig ist. Im Gegensatz zum 9-5 NG geht es fast über die komplette Fahrzeuglänge. Fondpassagiere, die im 9-4x leicht erhöht sitzen, genießen einen Panoramablick in jeder Hinsicht.

Wie der Saab geht, wie er handlich ist, wie er am Gaspedal hängt, das macht Vergnügen. Der nicht gerade zierliche Wagen fühlt sich sportlich an, der Allradantrieb vermittelt das gute Gefühl, bei jeder Witterung sicher unterwegs zu sein. Das ganze Fahrzeug fühlt sich sehr solide und ausgereift an, was irgendwie fast nicht nachvollziehbar ist, da nur sehr wenige 9-4x vom Band liefen. Klappergeräusche sind auch auf Landstrassen dritter Ordnung nicht zu vernehmen. Hochwertige Fahrzeuge hätte Saab also überall auf der Welt bauen können, wenn die Ausgangslage stimmt.

Beim Saab 9-4x passt es. Es ist auch nach 3 Jahren immer noch eine Freude,  mit ihm unterwegs zu sein. Fahrer aus der uniformen ML, X, oder Q Fraktion schielen verstohlen auf das, was da vorbeizieht. Nach dem Fahrfreudetest ist damit auch das Thema optischer Attraktivität erfolgreich abgearbeitet und bestätigt. Zurück bleiben trotzdem gespaltene Gefühle. Der 9-4x ist faszinierend, er macht Spaß, er ist kaum gealtert. Das ist schön zu wissen. Aber was ist nur bei der Marke Saab so total schief gelaufen, dass sie trotz solcher Fahrzeuge im Anrollen verschwinden musste?

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Gigi
Gigi
9 Jahre zuvor

Lieber Tom, verzeih mir, aber mir erschliesst sich die Faszination für dieses Saab-Ungetüm auch nicht. Und Mischung mit einer Riva Jacht? Vielleicht 1 (ein) Prozent Riva. Höchstens! Und 49 Prozent Range Rover. Die restlichen 50 Prozent sind GM! Oder sehe ich das nicht richtig?

Gigi
Gigi
9 Jahre zuvor
Reply to  Tom

Was würde eigentlich OVE zum 9-4x sagen? Ich glaube fast, irgend etwas wie … Q 5, … Q 6 oder … Q 8. Oder nicht? Aber immerhin steht Saab drauf 😉

Gigi
Gigi
9 Jahre zuvor
Reply to  Tom

Stimmt, du hast natürlich Recht, aber das Herz würde Ove dabei weh tun! Der einzige Trost für ihn wäre wohl, dass auch Volvo solche fahrende Ungeheuer herstellt.

BjoernR
BjoernR
9 Jahre zuvor

Schöner Wagen! Da habe ich bei der “Vorstellungstournee” in Deutschland mal drin gesessen. Leider mit Energieefiizienz E und einem 3.0l Motor hierzulande nahezu unverkäuflich, wenn andere SUV mittlerweile mit Dieseln unter 6 Litern und Klasse B bleiben … Aber ohne die Krise 2009 wäre dieses Auto evtl heute in den Showrooms – who knows!?

saab_owl
saab_owl
9 Jahre zuvor

Mich wundern immer die Lobpreisungen über den 9-4X, ich höre und lese immer wieder (Händler, Kunden, Presse), dass der 9-4X das beste Auto gewesen sei, welches Saab je produziert habe. Gut, ich bin das Modell nie gefahren, habe aber schon in einigen gesessen. Dieses Gefühl, im besten Saab aller Zeiten zu sitzen, hat sich bei mir nie eingestellt. Diese Faszination hat sich mir nie erschlossen. Vielleicht habe ich immer in der falschen, US Version gesessen. Interessant zu lesen, dass es zwei Qualitätsstandards für unterschiedliche Märkte gab. Habe ich vorher so auch noch nie gelesen. Der rote 9-4X vom Chef sieht übrigens m.E. viel interessanter aus… 😉

saab_owl
saab_owl
9 Jahre zuvor
Reply to  Tom

Im direkten Vergleich 9-4X und 9-5NG finde ich den 9-5NG interessanter. Der 9-5NG hat(te) einfach eine Formensprache, die sich weit aus der Masse hervorhob. Ich kann mich noch gut an meinen ersten Eindruck erinnern, ein Testwagen mit schwedischen Kennzeichen unterwegs in Norddeutschland, viele Monate vor der offiziellen Präsentation. Schon von weitem konnte man erkennen, da kommt einem etwas bisher Ungesehenes entgegen… 😉 Und mittlerweile gibt es ja schöne Dekore zum Nachrüsten…

Bergziege
Bergziege
9 Jahre zuvor

Wirklich schade um diese klare saabige Linienführung…. 🙁 .
Der 9-4 hätte die SUV sehr positiv bereichert! (Doch würde ich mir nie ein SUV ins Carport stellen)

GP362
GP362
9 Jahre zuvor
Reply to  Bergziege

Das würde ich auch nicht. Ich finde auch, diese 2-Tonnen-Klötze passen nicht wirklich zum SAAB-Gedankengut, aber der Markt und ein großer Teil der Kundschaft verlangt das heutzutage leider.
Außer als Zugmaschine erschließt sich mir kein Vorteil gegenüber einem guten Normalauto.

SaabFan
9 Jahre zuvor

Die Front des 9-5 II Aero als Limousine ist für mich schon ein richtiger Augenschmaus. Über das Heck kann man sich streiten.
Für mich (!) spielt der 9-4 designtechnisch in einer ganz anderen Liga. Gefallen mag er mir nicht.
Ich hatte immer auf einen neuen 9-3 aus der Feder von Castriota gewartet. Hier stelle ich mir “was-wäre-wenn-Fragen”. Ich, für mich, kann ganz klar ausmachen, dass Castriota mit seinem Design für mich den Mythos-Saab verschärft hat.
Der 9-4 hatte ja einen anderen Designer?

thylmuc
9 Jahre zuvor
Reply to  SaabFan

Castriota stand aber nie für ein skandinavisches Design. Eher für den derzeitigen Falzen- und Kantentrend. Jedes seiner Autos hatte auf der Motorhaube einen Buckel, der amerikanischen Muscle cars entlehnt war. Ziemlich albern ohne darunter sitzenden Registervergaser und längs eingebaute Motoren. Und diese merkwürdigen Kotflügelausstellungen, auch oben beim 9-4x, als wolle man die Entwicklung de Ponton-Bauprinzips revertieren.

Wenn ich etwas positives über Castriota sagen kann, dann, dass die Grundformen des 9-3 Phoenix, im Castriota-Design gar nicht schlecht waren. Man hätte nur alle Falzen entfernen müssen.

Das sind sicher persönliche Präferenzen. Ich bin aber mit keinem der Designs von ihm zurecht gekommen, laut, aggressiv, angeberisch, ja, wie Du sagst, “verschärft”, kamen sie mir vor.

SaabFan
9 Jahre zuvor
Reply to  thylmuc

Das kann man so oder so sehen. Meiner Meinung nach ist Castriota schon ein recht großer Sprung gelungen, denn er hat viel mehr aus dem Design rausgeholt. Ob das jetzt nun angeberisch ist oder sonst was.. Sein Rendering des neuen 9-3 hätte glaube ich bei allen Saabianern Emotionen in uns erweckt. Er hat der Marke viel mehr wieder versucht ein Gesicht zu geben. Das ist ihm meiner Meinung nach auch gelungen und für ein über 5 Jahre altes Auto (designtechnisch wohl noch einige Jahre älter) steht der 9-5 NG komischerweise immernoch recht “jung” da. (Wesentlich frischer in meinen Augen als der 9-4) Und zu modernem Design gehören hier und da auch mal ein paar Falten.

SaabFan
9 Jahre zuvor
Reply to  SaabFan

P.S. Das Castriota nicht für “skandinavisches” Design im engeren Sinne stand ist ja klar. Ich finde ihm ist der Spagat gut gelungen zwischen alten Formen und neuem Design, zwischen nordischem Design und Massendesign.
Und genau das war auch seine Aufgabe.

Anddeu
Anddeu
9 Jahre zuvor

Beim 9-4 stelle ich mir gelegentlich immer noch die Frage “was wäre gewesen, wenn…” (mehr noch als bei der Kombivariante des 9-5). Wirklich schade, dass er keine Chance mehr hatte.

Peter
Peter
9 Jahre zuvor

Carl Peter Forster war doch anschließend CEO bei Tata und ist glaube ich immer noch dort im Verwaltungsrat . Wär doch toll Tata kauft NEVS endlich auf und in Europa gibt’s ne neue JSLR-Gruppe und Forster wird Chef der ganzen Sache . Man träumt halt manchmal noch .

Tom
Tom
9 Jahre zuvor
Reply to  Peter

Carl Peter Forster ist heute als Berater bei Geely (Volvo).

bergsaab
bergsaab
9 Jahre zuvor

…schief gelaufen? naja GM mit dem Rücken an der Wand und die Manager mussten Aktion ziegen, da war wohl das Werk und die Marke im Hochpreisland Schweden das Bauernopfer…

bergsaab
bergsaab
9 Jahre zuvor
Reply to  bergsaab

..also Aktion zeigen..

Detlef Rudolf
Detlef Rudolf
9 Jahre zuvor
Reply to  bergsaab

SAAB-Automobile wurde ja im Gegensatz zu PONTIAC wenigstens noch verkauft – leider aber an die falsche Firma.

Hätte Muller nicht krampfhaft versucht einen Fuß auf den chinesischen Markt zu bekommen, hätte es womöglich sogar mit den Lizenzen noch geklappt – Konkurrenz durch SAAB 9-4 und 9-5 auf dem (auch für GM) florierenden China-Markt ging ja überhaupt nicht!

GM war und ist ein vergleichsweise schlecht geführtes Unternehmen!

Steve
Steve
9 Jahre zuvor
Reply to  bergsaab

Es gibt leider keiner zu, aber SAAB platt zu machen hat GM Milliarden gekostet, denn alle Investitionen waren danach wertlos. Zudem war SAAB auf einem guten Weg. Es war wie du schon sagst ein Bauernopfer, allerdings ein sinnloses. Ein Placebo für die Banken ….